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Big Data für die Karriere: 5 Strategien für datenbasierte Studienwahl und Berufsentscheidungen

Veröffentlicht: 15. Juni 2015Kategorien: Führung & Organisation

Was kann man damit machen? Was bringt es für die Zukunft? Womit werde ich morgen gefragt sein? Diese Fragen treiben viele Eltern, junge Leute nach dem Abitur bei der Studienwahl und auch Berufserfahrene in einer Neuorientierungsphase ihrer Karriere an. Zu viele verlassen sich dabei auf den Bauch, die Medien und was sie aus unterschiedlichen Ecken hören. Dabei lässt sich für die Berufsentscheidung und Studienwahl der gesunde Menschenverstand ideal mit „Big Data“ kombinieren. Big Data ist ein noch recht junger Bereich der Datenanalyse. Es geht darum, die großen Datenmengen auszuwerten, die zum Beispiel das Internet bereitstellt. Für berufliche Daten gibt es leider noch kaum relevante Technologien. Insofern bleibt Ihnen oft nichts übrig, als die Daten händisch auszuwerten….Aber das Ergebnis lohnt sich.

Eine Anleitung, mit Hilfe von verfügbaren Daten bessere Entscheidungen zu treffen.

1. Auf Fakten, nicht auf Vermutungen bauen

Was macht jemand, der X studiert hat? Das lässt sich mit Hilfe des Internets und speziell mit Xing leicht herausfinden. Sie können über die Detailsuche bei Xing Universitätsnamen eingeben sowie unter „ich biete“ Studienfächer einfügen. Sie finden damit heraus, wo und in welchen Bereichen Menschen arbeiten, die X studiert haben und daraus Cluster bilden. Die Suchmöglichkeiten für diese Zwecke sind noch nicht perfekt, aber ein Anfang. Schön wäre es, wenn dazu mal jemand eine Software entwickeln würde… Ich habe eine Analyse beispielhaft für die Studiengänge Sprachwissenschaften und Computerlinguistik gemacht, hier. Bei den Sprachwissenschaften zeigt sich eine deutliche Dominanz von Text, Marketing und PR. Bei genauerer Sichtung der Profile ergibt sich zudem ein beruflicher Vorteil derjenigen, die entweder zusätzlich zum Studium eine kaufmännische Lehre gemacht haben oder aber Wirtschaft mitstudiert haben. Die Computerlinguisten sind im Gegensatz zu den rein geisteswissenschaftlich ausgerichteten Kollegen oft in analytischen Jobs tätig, meist informatiknah.

Tipp: Schauen Sie sich besonders Profile jüngerer Absolventen an, da dies noch eher aussagt, wie Karriereverläufe „jetzt“ sind (und nicht wie sie früher waren). Achten Sie auch auf den Verlauf der Berufswege. Bei den Sprachwissenschaftlern ist augenfällig, dass die, die eine interessantere Karriere hingelegt haben, ihre Laufbahn oft bei größeren Agenturen angefangen haben.

2. Entwicklungen und Arbeitsmarktprognosen berücksichtigen

Sieben Mädchen in meinem Abiturjahrgang studieren Psychologie oder Wirtschaftspsychologie – sowas höre ich immer wieder. Das Muster ist oft ähnlich: Eher verbale Kompetenz, an Menschen interessiert, keine Lust auf Technik oder Mathe. Gut, dass Psychologie Statistik beinhaltet, hat sich rumgesprochen, aber auch, dass das nicht so schwer ist wie man zunächst denkt. Sieben Mädchen aus einer Schule werden alle in drei bis vier Jahren Psychologin sein. Im Unterschied zum Beispiel zu Jura ziehen in diesem Fach die Zahlen hier deutlich an, seit 1993 haben sich die Absolventenzahlen verdreifacht.

Tipp: Vorsicht bei Studiengängen, deren Absolventenzahlen explodieren. Die Frage ist, ob der Markt diese aufnehmen kann. Das gilt auch für die Ingenieure. Es gilt, sich frühzeitig durch Praktika, z.B. in den digitalen Medien, ein Profil zu schaffen. Beruflich richtungsweisend kann ein spezialisierter Master oder Wirtschaftsmaster sein.

3. Die digitale Transformation mit einkalkulieren

Kein Studiengang ist heute frei von digitalen Inhalten – oder genaugenommen: keiner sollte es sein. Fragen Sie sich immer, wie die Digitalisierung auf einen Studiengang wirkt. Was macht die Digitalisierung mit Jura, mit Medizin, mit Germanistik? Sicher ist: Routinetätigkeiten fallen weg. Man wird auf Sicht keine Rechtschreibkorrektur mehr brauchen, weil Maschinen gut genug sind. Auch einfache Gebrauchstexte können Computer schreiben. Deren Algorithmen zu verstehen oder diese zu erstellen, kann die neue Herausforderung sein. Geisteswissenschaftlich interessierte Studenten können so auf das neuere Digital Humanities kommen. Auch Mediziner sind nicht vor der Digitalisierung gefeit. Wer weiß, ob wir in 10 Jahren noch in überfüllten Wartezimmern hocken oder uns online untersuchen lassen, mit anschließender Sprechstunde? Interessant wird in diesem Zusammenhang Medizininformatik und Medizinrobotik.

Juristen halten es bisher kaum für denkbar, dass die Digitalisierung auch sie betreffen könnte, die Ausbildung bleibt deshalb bislang komplett analog. Neue Themen an Schnittstellen zur Informatik entstehen dennoch: etwa Digital Forensics oder Cybersecurity. Das Gute daran: Hier gibt es bereits nicht-konsekutive Master, für die man kein einschlägiges Studium braucht. Es könnte also eine schlaue Strategie sein, Wirtschaftsjura zu studieren, soziale Arbeit oder Informatik und sich dann über gezielt erworbene Berufserfahrungen in so eine Richtung zu entwickeln… Die durchschnittliche Digitalisierungsdauer von Branchen hat sich in den letzten Jahren übrigens erheblich verkürzt. Das sollten sich vor allem diejenigen vor Augen halten, die sich in einer analogen Branche sicher wähnen.

Tipp: Was macht die Digitalisierung mit…? Diskutieren Sie dies in ihrem Umfeld und mit Leuten, die direkt in dem Fach, das sie interessiert arbeiten. „Was macht die Digitalisierung mit…?“ können sie auch bei Google eingeben. Vorsicht aber bei Lobby-gesteuertem Fortschrittsoptimismus, wie er etwa im Ingenieurbereich verbreitet ist…

4. Neue Entwicklungen einbeziehen

In vielen Bereichen verändert die neuere Forschung auch Grundlagen. Nehmen wir noch mal Psychologie. Das Fach vermischt sich mehr und mehr mit den Neurowissenschaften. Daraus ergeben sich verschiedene Szenarien: Psychologie verändert sich, Psychologie fusioniert oder es geht in die Neurowissenschaften über. Wer sich für Psychologie interessiert, sollte sich deshalb auch Cognitive Science anschauen.

Tipp: Die nächste Frage ist also „wie entwickelt sich X“, wobei X durch den entsprechenden Studiengang ersetzbar ist. Auch hier helfen Gespräche mit Leuten, die in einem Thema drinstecken.

5. Die kurz- und mittelfristige Stellenentwicklung beobachten

Experten sind oft weit voraus mit ihren Prognosen. Und manches tritt nie ein, vielleicht auch der viel beschworene Ingenieurmangel. Derzeit werden weit mehr Jobs für Call Center-Mitarbeiter als für Ingenieure angeboten, rechnete die “Wirtschaftswoche” vor zwei Tagen vor. Gefragt dagegen ITler für agile Themen im Scrum- und Kanban-Umfeld. Datenspezialisten – Data Scientisten oder Big Data Spezialisten – sind ebenso zunehmend gesucht, die Anforderungen an diese aber hoch, ein Studium reicht dafür nicht. Diese Entwicklungen im Auge zu behalten, ist ebenso eine sinnvolle Strategie. Immer mit der Frage im Blick, was im nächsten Schritt kommt, zum Beispiel eine Spezialisierung auf Teilbereiche oder ein Aufgehen in Fachbereiche. Wenn Data Spezialisten jetzt also noch der IT-Abteilung oder dem Consulting zugeschlagen sind, könnten sie in fünf Jahren in der HR-, Marketing- oder Finanzabteilung sitzen.

Tipp: Wie entwickeln sich Stellenangebote? Schon im Studium können und sollten Sie das beobachten, erst recht, wenn Sie nicht auf einen Bereich festgelegt sind, sondern erst mal daran interessiert sind ein marktfähiges Profil zu entwickeln.

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Über Svenja Hofert

Svenja Hofert ist vielfache Bestsellerautorin, die sich im deutschsprachigen Raum über mehr als ein Vierteljahrhundert ein hohes Renommee als Vordenkerin für das Thema Zukunft von Arbeit und Führung erworben hat. Ihr Motto "Zukunft der Arbeit mit Sinn und Verstand". Dieses Blog besteht seit 2006 und wird nur noch gelegentlich gepflegt. Folgen Sie der Autorin, indem Sie Ihren kostenlosen Newsletter Weiterdenken  abonnieren. Auf  Linkedin können Sie der Autorin ebenso folgen und erhalten 14tätig die Weiterdenken Essentials.

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