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Das Role Model der Zukunft der Arbeit? Eher Goethe als Düsentrieb

Veröffentlicht: 24. Oktober 2012Kategorien: Führung & Organisation

Was war Ihre Lieblingsfigur in Entenhausen? Zufällig der kreative, innovative, leicht chaotische Daniel Düsentrieb? Dann könnten Sie sich auf der richtigen Spur wähnen. Daniel Düsentrieb wird in letzter Zeit gern als Vorbild für intrinsisch motivierte Fachkräfte gehandelt. Doch ist er das wirklich? Ein Role Model für die Zukunft der Arbeit?

Schauen wir uns einmal an, wie sich das Thema berufliches Vorbild bei uns in den letzten Jahrzehnten entwickelt hat. Und lassen Sie uns dabei bitte nicht vergessen, dass Übergänge immer fließend sind und wir insofern Altes und Neues stets parallel antreffen, Fans der Spiral Dynamics wissen, was ich meine. Das ist ein Punkt, den viele übersehen, die allgemeingültige Wahrheiten verkaufen wollen.

Zurück nach Entenhausen. Dagobert Duck verkörpert den Unternehmertyp des an- und aufbrechenden Industriezeitalters: Er ist da, wo sich Geld verdienen lässt und maximaler Gewinn wartet. Seine Persönlichkeit: Eigenwillig, ehrgeizig, sparsam. Macht und Unabhängigkeit grün im Reiss Profil. Soft Skills? Nicht vorhanden, was ihn nur aus der Ferne sympathisch macht. Wer will so jemand heute noch als Chef? Aber machen wir uns nichts vor. Die Dagobert-Duck-Typen sitzen immer noch in ihren vor Jahrzehnten gegründeten Unternehmen.

Hätte Dagobert Duck an der Uni Entenhausen studiert, so wäre es BWL gewesen. Er hätte genausogut  ein Abbrecher sein können: Self Made braucht keinen Abschluss. Unternehmer vom Duck-Typ treibt hohe Selbstüberzeugung. Undenkbar ein Dagobert als kollegial moderierender Leiter eines agilen Expertenteams.

Als Vertreterin der Generation X, frage ich mich: wo ist eigentlich Douglas Coupland geblieben? Mit ihm kommt Donald ins Spiel. Looser oder Lebenskünstler – das war die Gen X. Donald ist einer mit „Macht rot“ im Reiss-Profil, jemand  mit legerer innerer Haltung, der sich in allen möglichen Jobs verdingt, in jüngster Zeit sogar als Yoga- und Pilates-Lehrer. Bei all dem bleibt er Familienmensch. Er hätte um 2000 eine Ich-AG gründen können und würde ein Teilzeitmodell der Vollzeitarbeit vorziehen.

Doch Donalds beste Zeiten sind ebenso vorbei wie die von Dagobert.

Es scheint der stille, kreative Ingenieurcharakter Daniel Düsentrieb, der im digitalen Zeitalter seine Hoch-Zeit erlebt. Vielleicht ist das der Grund, aus dem Düsentrieb, so bestätigt mir mein Sohn, in den aktuellen Ehapa-Heften kaum noch vorkommt: Zu normal ist der Tüftler geworden im digitalen Zeitalter. Einen Daniel brauche man in Zeiten der neuen Arbeit, sagen viele –  zuletzt habe ich das in der aktuellen brandeins gelesen. Daniel Düsentrieb als Role Model unserer Zeit – und wenn Dagobert die Babyboomer, Donald die Generation X vertritt, ist dann Düsentrieb Generation Y?

Wenn´s so einfach wäre.

Die meisten Autoren und Berufsfinder, angefangen bei Richard Nelson Bolles (“What color is your parachute?”) und aufgehört bei Angelika Gulder, gehen davon aus, dass Menschen in einer beruflichen Orientierung im Laufe ihres Lebens in der Kindheit verschüttete Träume wiederentdecken und darauf basierend eine Art Berufung finden.

Kindheit kann ein Ansatz sein, aber meist sehe ich das eher umgekehrt: Man entdeckt im Laufe des Lebens Dinge, die in der Kindheit gar nicht da waren. Und deshalb ist Düsentrieb auch KEIN Role Model. Es reicht nicht mehr, einer intrinsischen Motivation zu folgen. Wir müssen realistischer an die Karrierermodelle der Zukunft herangehen, denn der “Parachute” von heute (um mit dem Titel “What Color is your parachute” zu spielen) bekommt Löcher, wenn man in den alten Kategorien denkt.  Man sollte seinen Motivationen folgen, aber auch seine Existenz im Blick haben. Leidenschaften passen manchmal besser ins Privatleben. Goethes wirkliche Leidenschaft war die Farbenlehre und nicht das Schreiben. Einstein hatte musikalische Interessen. Es ist verrückt zu glauben, man brauche nur seinen Interessen zu folgen und schon wäre da Geld. Es ist manchmal sogar gefährlich.

Vor einigen Wochen hatte ich ein interessantes Gespräch mit Jürgen Salenbacher, der das wunderschön gestaltete Orientierung- und Self-Branding-Buch „Creative Personal Branding“ geschrieben hat. Wir tauschten uns darüber aus (Interview folgt), welcher Typus Role Model wohl in der nächsten Generation gefragt sein würde.

Salenbacher hat nach dem Designstudium einen MBA gemacht und sagt, dass die Zukunft in der bewussten Entwicklung (s)einer Persönlichkeitsmarke liegt. Es geht nicht mehr darum, Ingenieur-Düsentrieb zu sein oder ein Unternehmer-Dagobert oder ein Laissez-faire-Donald. Es geht immer öfter darum, alles zusammen im Laufe des Lebens zu entwickeln. Denn in unserer hochkomplexen, globalisierten Welt reicht weder ein zahlengetriebener unternehmerischer Geist ohne wirkliche inhaltliche Substanz à la Dagobert noch ein kreativer Bastelcharakter à la Düsentrieb: Es sind die Mischungen, die den Erfolg machen. Nicht dass eine oder andere, sondern alles zusammen und im besonderen Mix erfolgreich.

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Über Svenja Hofert

Svenja Hofert ist vielfache Bestsellerautorin, die sich im deutschsprachigen Raum über mehr als ein Vierteljahrhundert ein hohes Renommee als Vordenkerin für das Thema Zukunft von Arbeit und Führung erworben hat. Ihr Motto "Zukunft der Arbeit mit Sinn und Verstand". Dieses Blog besteht seit 2006 und wird nur noch gelegentlich gepflegt. Folgen Sie der Autorin, indem Sie Ihren kostenlosen Newsletter Weiterdenken  abonnieren. Auf  Linkedin können Sie der Autorin ebenso folgen und erhalten 14tätig die Weiterdenken Essentials.

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