Es wird mehr rausgeschmissen. Nicht die wirtschaftliche Lage ist schuld, nein:  mangelnde Leistung der Arbeitnehmer. Oder das, was manche Chefs für mangelnde Leistung halten.  Und das ist einigermaßen subjektiv.

Manche Unternehmen verhalten sich dabei als würde es überhaupt keine Gesetze geben. Sie sagen zum Beispiel, lange nach abgeschlossener Probezeit: „Wer als Lowperformer eingestuft ist und sich nicht verbessert, fliegt nach einem halben Jahr.“ Andere bieten geringere Gehälter an oder/und versetzen auf niedrigere Stellen. Warum sie für schlechte Leistungen am Pranger stehen, verstehen viele Mitarbeiter selbst nicht. Die Führungskräfte können es nicht kommunizieren. Wenn etwas Schriftliches verfasst oder ein Formular angekreuzt wird, so bleibt die Einschätzung vieldeutig. Man arbeitet gern mit Substantiven, z.B. fehlt „Teamfähigkeit“. Doch was ist damit gemeint? Was ist fehlende Teamfähigkeit? Es entsteht der Eindruck, dass Vieldeutigkeit gewünscht ist – ein unsichere Führungskraft muss sich da nicht committen.

Ich bin immer dafür, dass eigene Profil zu schärfen und bin selbst sehr Leistungsaffin. Aber: Leistung ist relativ, oft relativ zu unternehmens- oder abteilungspolitischen Zielen. Hinzu kommt, dass Leistung gar nicht überall gewünscht ist – ein ehrgeiziger Mitarbeiter ist nicht selten auch ein Ruhestörer. Die Argumentation mit schlechten Leistungen ist ein idealer Abfindungsschrumpfungsgrund aus Arbeitgeberseite, man kann damit prophylaktisch die Luft der Gegenwehr rauspressen. Wenn ich einem Mitarbeiter lang genug einrede, dass seine Leistungen nicht ausreichen, erziehe ich mir jemand mit null bis wenig Widerspruchsgeist. Tippt sich dieser Mitarbeiter nicht rechts an die Stirn und kündigt sofort von selbst, wird er sich bemühen besser zu werden und wenn er bis dahin nicht an sich gezweifelt hat, wird er es ab jetzt tun. Und die Regel ist simpel: Je mehr Selbstzweifel, desto billiger wird man jemand los.

Als ich selbst vor 14 Jahren selbst einmal rausgeschmissen wurde, mein Schweigen erkaufte man sich teuer, ging es noch Ruckzuck. Ab nach oben, sofortige Freistellung. „Du musst weg, damit du nicht mehr mit den anderen reden kannst.“ Ich konnte mit einer ordentlichen Wut nach Hause gehen und hatte ein solides Feindbild.  Auf die Höhe meiner Abfindung hatte das positive Auswirkungen, mein Kampfgeist war geweckt.

Heute bekomme ich öfter mit, dass es Abfindungen gar nicht mehr gibt oder diese sich in lächerlicher Höhe bewegen. Immer mehr Unternehmen wollen ihre unliebsamen Mitarbeiter low budget loswerden. Es scheint mir ein neuer Trend, völlig konträr zu dem, was bis 2005 üblich war; Rauskaufen, koste es fast was es wolle.

Unternehmen setzen dabei  offenbar bewusst auf einen weiteren subtilen Mechanismus neben der In-Frage-Stellung der “Leistung”: Sie stellen nicht mehr frei. Der Mitarbeiter, der nach einer Hiobsbotschaft jeden Tag ins Büro kommen muss, wird nur bei sehr hohem Rache/Kampf im Reiss-Profil,  dagegen angehen. Im Normalfall wird er versuchen, Ärger möglichst zu vermeiden. Könnte sich ja rumsprechen. Negativ auf die Kollegen auswirken.

Wenn Sie ein Betroffener sind: Lassen Sie sich das nicht gefallen. Wenn man Ihre Leistung bemängelt, haben Sie ein Recht auf konkrete Antworten, was Sie ändern sollen. Das macht eine gute Führung aus: Sie kann vermitteln, was sie will – und zwar konkret.  Nur selbst unsichere Manager, die sich aus Angst um den eigenen Kragen nicht klar positionieren wollen, können das nicht.

Möglich, dass Ihr Leistungsprofil wirklich nicht gut genug ist oder nicht in das Unternehmen passt. Ist es schlecht, muss man sagen können, was Sie tun können – und zwar mit mehr Sätzen als einem Substantiv und konkreten Maßnahmen zur Verbesserung. Schwammige Aussagen zeigen oft an: Hier geht es im Grunde um die hohe Politik.

Will man Sie kündigen bzw. einen Aufhebungsvertrag erwirken, suchen Sie sich einen Anwalt. Lassen Sie sich auf keine Vereinbarungen ein, die unmittelbar nach einem Feedbackgespräch getroffen werden, viele Arbeitgeber versuchen das. Erbitten Sie sich immer Bedenkzeit.  Manche Mitarbeiter suchen in so einer Situation Gespräche  mit dem Betriebsrat. Dessen Empfehlungen können hilfreich sein, aber auch im Weg stehen.

Meine Erfahrung ist, dass Betriebsräte, die nicht freigestellt sind, oft noch sehr stark selbst eingebunden sind und nicht nur im Interesse des Arbeitnehmers denken, sondern in ihrem eigenen. Der Anwalt kann Sie auch im Hintergrund beraten, wenn das erfolgsversprechender scheint als ihn in Erscheinung treten zu lassen. In jedem Fall gilt:  Nichts überstürzen, geplant vorgehen.

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Über Svenja Hofert

Svenja Hofert ist vielfache Bestsellerautorin, die sich im deutschsprachigen Raum über mehr als ein Vierteljahrhundert ein hohes Renommee als Vordenkerin für das Thema Zukunft von Arbeit und Führung erworben hat. Ihr Motto "Zukunft der Arbeit mit Sinn und Verstand". Dieses Blog besteht seit 2006 und wird nur noch gelegentlich gepflegt. Folgen Sie der Autorin, indem Sie Ihren kostenlosen Newsletter Weiterdenken  abonnieren. Auf  Linkedin können Sie der Autorin ebenso folgen und erhalten 14tätig die Weiterdenken Essentials.

9 Kommentare

  1. Thomas Hochgeschurtz 28. Oktober 2011 at 0:07 - Antworten

    Wer stets auf seine Arbeitsmarktqualifikation schaut, hat kein Problem. Wer denkt, dass er einen Anspruch auf einen bestimmten Job hat, steuert schon auf Probleme zu. Am Ende gilt: Abfindungen sind die teuerste Form von Entgelt. Denken Sie nicht über Ihre Abfindung nach, sondern, wie Sie Ihre Arbeitsmarktqualifikation erhöhen können!

  2. Management-Blog wiwo.de 28. Oktober 2011 at 1:32 - Antworten

    Und beim Anwalt sollte man auf Kampfbereitschaft achten: will der mann nur schnell mitverdienen an einer schnellen Abfindung oder erkämpft er auch Arbeitsplaetze zurueck? Kann er solche Faelle vorweisen? Fragen Sie nach, bevor Sie ihn bevollmaechtigen.

  3. Svenja Hofert 28. Oktober 2011 at 8:17 - Antworten

    seh ich anders: Beides. Mit einer hohen Abfindung kann ich in die Selbstständigkeit starten oder mir den Master leisten…. Ich meinte hier: Rausschmisse, die nicht wirklich was mit Qualifikation zu tun haben. Davon gibt´s ne Menge. LG SH

  4. Svenja Hofert 28. Oktober 2011 at 8:23 - Antworten

    @management-blog wiwo.de: Ja, richtig. Es ist z.B. besser einen ortsfremden Anwalt zu nehmen, wenn man sich in einem ländlichen Umfeld bewegt. Der Anwalt klüngelt dann ncht selten. Oder er will nur schnell DNV machen (Dienst nach Vorschrift). LG SH

  5. Christoph Burger 28. Oktober 2011 at 15:15 - Antworten

    “und nicht nur im Interesse des Arbeitnehmers denken, sondern in ihrem eigenen” … manchmal schreiben Leute so schöne Sachen – aus Versehen (ich natürlich auch mal). In diesem Fall lautet mein Kommentar: Leute machen immer Dinge in ihrem eigenen Interesse. Günstigenfalls decken sich die Eigeninteressen des anderen (teilweise) mit meinen Eigeninteressen…

  6. Wilhelm Zorem 29. Oktober 2011 at 9:16 - Antworten

    Die Qualität der Themen in Ihrem Blog wird besser. Solange solche Spinner (meine Meinung), wie Jörg Knoblauch den Unternehmern die A,B,C – Strategie verkaufen, ist der Rausschmiss wegen Minderleistung ein Thema. Oftmals kann der Manager auch nicht anders, weil ein Mitarbeiter auf der Selbstverwirklichungsstufe sein eigenen Ding macht, anstatt dem Unternehmen zu dienen. Wir wissen doch längst: Wir haben zu viele Führungskräfte und zu wenig Führungspersönlichkeiten. So lange Führungskräfte arbeiten wird einzig das Ziel von Unternehmen optimiert. Als Mitarbeiter bin ich Unternehmer. Ich verkaufe meine Arbeitsleistung und als verkaufender Unternehmer optimiere ich mein Produkt und orientiere mich am Benchmark für mein Produkt. Von einem Trend zum Rausschmiss würde ich derzeit nicht unbedingt reden.

  7. Burkhard 30. Oktober 2011 at 14:28 - Antworten

    @Burger Stimmt so nicht ganz. Es gibt sehr viele , die aus altruistischen Motiven etwas tun. Doch sollte das in den Bereich Privatleben beschränkt bleiben. Im Berufsleben,die Deutschen trennen ja gern, sollte man immer zuerst an sich denken und wenn das , was mir nützt auch”Meiner” Firma nützt umso besser. Schon alleine um Geld zu verdienen , muß man ja an sich denken. Denn sonst könnte ich ja meine Arbeitskraft für Null und umsonst anbieten. Allein da muß ich aber an mich und mein Überleben und die unbezahlten Rechnungen denken. Ergo jeder denkt irgendwo an sich selbst. Das nur zur Ergänzung zu Herrn Burgers Kommentar.

    • Svenja Hofert 31. Oktober 2011 at 0:13 - Antworten

      Hallo Herr Reddel, danke für Ihren Beitrag. Haben Sie die Mailadresse geändert? Jedenfalls schalten Sie WordPress aus unerfindlichem Grund nicht mehr automatisch frei, ich geh der Sache nach. LG Svenja Hofert

  8. Christoph Burger 31. Oktober 2011 at 19:20 - Antworten

    @Burkhard
    Die allgemeine Diskussion dazu könnte ausufern … ich will deswegen versuchen, einzugrenzen. Mir ging es darum, IMMER die (vielfältigen und heterogenen) Eigeninteressen des anderen mitzudenken. Als Karriereberater will ich beispielsweise, dass ich meinen Kunden helfe. u.a. weil sie dann wieder kommen oder mich weiter empfehlen und weil ich mich dann gut fühle und meine Arbeit als sinnvoll empfinde und mich freue, dass ich helfen konnte. Wenn das dann alles klappt, verdiene ich eben auch das zugehörige Geld.

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