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6 Gründe, warum Sie 2016 endlich aufhören sollten vom Traumjob zu träumen

Ich will endlich meinen Traumjob! Diese Frage ist der Karrierecoaching-Anlass Nr. 1. Unzufriedenheit mit dem Job greift nicht nur bei der Generation Y – wenn hier auch ganz besonders – um sich. “Das soll das Arbeitsleben sein?” fragen sich viele nach einigen Jahren im Job? Die meisten haben sich das ganz anders vorgestellt. Doch Paradiesähnliche Zustände sind weit und breit nicht zu finden. Deshalb mein Jahres-Endplädoyer – für mehr Bodenhaftung. Und die Bereitschaft endlich loszulassen.
1. Das Leben ist viel mehr als ein Job
Wäre Arbeit an der Börse notiert, so hätte sie ein viel zu hohes KGV. Als Analystin von Arbeit würde ich sie bei vielen gern herabstufen auf „underweight“. Das bedeutet im Aktienmarkt den Anteil im Portfolio geringer zu halten. Stellen Sie sich vor, Sie haben ein Lebensportfolio. Da liegen folgende Dinge drin: Gesundheit, Familie, Freunde, Sport, Freizeit, geistige Anregung und eben Arbeit. Was macht das größte Gewicht in diesem Lebensportfolio aus? Ist es Arbeit? Warum ist es Arbeit? Wenn Sie jetzt sagen, es ist die Arbeit, weil sie das Geld brauchen, entgegne ich: das ist Selbstbetrug. Sie müssen nicht in den Elbvororten oder Köln-Lindenthal leben, das erhöht das Glück nicht, im Gegenteil, die höheren Vergleichsmaßstäbe dort machen das Leben sogar härter….(denken Sie mal an den Fischteicheffekt).
2. Ein Traumjob macht Sie auch nicht glücklicher
Glück ist relativ. Menschen, die auswandern, machen immer wieder diese Erfahrung: Das Unglück von zuhause reist mit. Menschen, die plötzlich im Lotto gewinnen oder Millionen erben, werden dadurch nicht glücklicher. Glück bleibt immer relativ zur Lebenssituation und zur Persönlichkeit. “Neurotische” und weniger extravertierte Menschen in den Big Five haben es nun mal schwerer, Fröhlichkeit und Unbeschwertheit zu empfinden… Deshalb sollten Sie lieber in sich selbst investieren, in ihre eigene Entwicklung, ihre Fähigkeit loszulassen und Glücksmomente zu empfinden zum Beispiel, als nach einem Traumjob zu suchen. Zu Weihnachten eine gute Gelegenheit.
3. Entscheiden Sie ruhig, so zu bleiben wie Sie sind, aber leben Sie mit den Konsequenzen
„Frau Hofert, ich bin wie ich bin. Ich kann da nichts ändern.“ Wir hatten das Gespräch heute, Sie wissen, dass ich Sie meine. Wer sagt „ich kann nichts ändern“, sagt damit auch „ich will das nicht“ – das ist die perfekte Entschuldigung für alles. Nehmen Sie sich selbst weiterhin als gegeben hin und geben Sie Ihrem Umfeld kräftig Schuld, dass es diesen ungeschliffenen Diamanten so dermaßen verkennt. Hinterlassen Sie auf dem Grabstein: „Hat mein Genie halt nicht erkannt.“ Ging es nicht schon Einstein so? Ja, möglich, dann können Sie ja auch gleich auf die Nachwelt warten. Ändern Sie etwas, indem Sie aufhören, auf Ihre Entdeckung zu warten.
4. Hören Sie auf, nach dem einen zu suchen
Es gibt keine höhere Berufung oder Bestimmung. Wenn Sie danach suchen, dann geben Sie die Hoheit für Ihr Leben auf. Ein selbst gestaltetes Leben ist eine Kette aus Entscheidungen, von denen jede immer anders hätte ausfallen könnte. Aber jede Entscheidung führt zu etwas – anders als KEINE Entscheidung. Viele Traumjobsucher treffen keine Entscheidungen oder delegieren diese an Coachs (oder versuchen es) – das ist der Grund, warum sie nicht weiterkommen. Erst wer akzeptiert, dass Veränderung Entscheidungen voraussetzt, kommt weiter.
5. Es gibt jenseits der Arbeit viele spannende Dinge
Entdecken Sie Dinge neu, die Ihnen mal wichtig waren – einfach so, ohne Berechnung. Ohne zu wollen, dass es sich auszahlt – dass sie dadurch beliebter, erfolgreicher, reicher werden. Nur weil es sie leitet. Diese Dinge gibt es bestimmt. Machen Sie mal den Schrank auf. Schauen Sie sich alte Fotos an, lesen Sie Briefe von früher. Da gibt es Themen, die wieder relevant werden. Denn das Leben verläuft in Kreisen, davon bin ich überzeugt. Viele Kreise spielen ineinander, doch es gibt einen großen Kreis. Das ist die Lebensgeschichte, die Sie jederzeit selbst gestalten können. Das ist Ihre Geschichte! Und Sie schreiben sie.
6. Andere erzeugen Ihre Traumjobsehnsucht
Kennen Sie diese Websites, auf denen irgendein Spätgeläuterter davon erzählt, wie er/sie den gutbezahlten Job hingeworfen hat, um nun seiner Berufung nachzugehen? Die meisten arbeiten danach als Mentor oder Coach, um ihresgleichen zu retten. Glücklich stehen sie jeden Morgen auf, umarmen ihre wunderbare Familie, gehen in ihr wunderbares Büro und sind unendlich glücklich, weil von der bösen, bösen Arbeitswelt befreit. Ich wollte von mehreren Kollegen, die alle mehr als 10 Jahre im Geschäft sind, wissen, ob ich völlig verblendet bin, weil ich diesen Schmu einfach nicht glaube… Ich bin nicht völlig verblendet. Es werden bewusst Illusionen erzeugt wie in Hollywood. Durch eine manipulative Blogsprache, die mit einem „Du“ geschickt in einen Text zieht, der auf einfachste Emotionen zielt, werden Menschen eingezingelt, eingelullt und manipuliert.
Da stehen Dinge wie: „Du kannst das auch.“ Oder „sieh her, mein Beispiel zeigt, dass es geht.“ Der Gipfel: „Melde dich nur bei mir, wenn du wirklich etwas ändern willst. Meine Zeit ist kostbar.“ Wenn sich bei solchen Leuten jemand meldet, ist er in einem emotionalen Abhängigkeitsverhältnis. Lassen Sie sich nicht veräppeln. Es ist gut, Sehnsüchte zu haben, aber die sollten aus Ihnen selbst kommen und nicht aus einem Bedürfnis, das andere in sie hinein projizieren.
In diesem Sinn: Ein wunderbares Weihnachtsfest!
PS: Wissen Sie, was passiert, wenn man loslässt? Es gehen Türen auf. Aber nur, wenn man nicht damit rechnet.
Über Svenja Hofert

Svenja Hofert ist vielfache Bestsellerautorin, die sich im deutschsprachigen Raum über mehr als ein Vierteljahrhundert ein hohes Renommee als Vordenkerin für das Thema Zukunft von Arbeit und Führung erworben hat. Ihr Motto "Zukunft der Arbeit mit Sinn und Verstand". Dieses Blog besteht seit 2006 und wird nur noch gelegentlich gepflegt. Folgen Sie der Autorin, indem Sie Ihren kostenlosen Newsletter Weiterdenken abonnieren. Auf Linkedin können Sie der Autorin ebenso folgen und erhalten 14tätig die Weiterdenken Essentials.
Hallo Frau Hofert,
ich lese ab und an bei Ihnen und muss sagen, dieser Artikel gefällt mir mit seiner Kernaussage überhaupt nicht.
Jeder einzelne Unterpunkt stimmt zwar für sich genommen, jedoch nicht, was sie daraus folgern: “Sei bescheiden, gib Dich zufrieden.”
“Das Leben ist viel mehr als ein Job” – sagt sich leicht, wenn man selbstständig ist und seinen Job zu großen Teilen mitgestalten kann. Wenn man jedoch mehrere Jahre sehr fremdbestimmt in einem unpassenden, toxischen Umfeld arbeitet und sich der Rest des Lebens darum dreht, die Arbeit bloß zu vergessen und irgendwie “wett zu machen”, dann nimmt der Job doch unweigerlich einen großen Teil des Lebens ein.
Vielleicht ist es schlicht der Begriff “Traumjob”, an dem Sie sich aufhängen? Den finde ich in der Tat auch schwierig.
Ich spreche lieber vom persönlichen “perfekten Arbeitsleben” – eines, das perfekt zu einem passt, zu den Werten, die man vertritt, zu dem Leben, das man führen möchte. Da muss nicht jeder zwanghaft seine “Berufung leben” oder seine “Bestimmung finden”. Aber jeder darf sich dafür entscheiden, das für sich zu suchen.
Jedenfalls denke ich, wir sollten Menschen lieber dazu motivieren und inspirieren, ihr Glück auch (aber nicht nur) mithilfe ihres Jobs zu suchen und nicht in Verhältnissen zu verweilen, die sie im schlimmsten Fall krank machen – und ihnen nicht sagen “konzentrier Dich doch auf das restliche Leben und ertrag diese 8 Stunden jeden Tag halt.”
Alles Gute
Suzanne Frankenfeld
Hallo,
diese Artikel ist sehr interessant. Doch ich möchte hier anführen, dass man als Jugendlicher nicht Wissen kann, welcher Job sich lohnt oder nicht. Meist kann diese Erfahrung meist erst nach 5-6 Jahren Arbeit im Job gemacht werden. Dann ist es aber meist zu spät, um sich entsprechend umzuorientieren.
Da muss ich ihnen leicht widersprechen.
Man kommt durchaus in den Traumjob, aber ja nur der Job allein macht nicht glücklich. In meiner Kindheit war Game Tester mein Traumjob, mit 20 war ich dann einer, mit 21 hatte ich es bereits wieder satt.
Traumjob hin oder her, der Job den man macht sollte einem Spaß machen, und keinesfalls frustrieren, egal wie gut die Bezahlung ist.
Momentan als Data Analyst bin ich auch nicht in meinem Traumjob, aber ich habe Spaß daran und sehe mich noch gute 2 Jahre darin, bevor ich mich ins nächste Abenteuer aufmache.
Ja, das schreibt sich so einfach! Aber wenn man sich wie in einer Mühle findet, man kommt nicht raus, weil niemand mehr einen ab einen gewissen Altern haben will und ist gezwungen Geld zu verdienen, in einem Job in dem man gemobbt wird, ist das nicht so einfach!
Das stimmt so nicht. Ich habe eine komplett andere Erfahrung gemacht!
Seit ich Hochschul-Professor bin, bin ich sehr, sehr glücklich. Der Beruf hat alles, was ich für mich benötige: Permanent spannende Themen, fast vollständige Freiheit, Prestige, Sicherheit (Verbeamtung), frei einteilbare Zeit, die Möglichkeit, jungen Menschen etwas für Ihr Leben mit zu geben und bzgl. der Bezahlung: Man muss nicht verhungern 😉
Natürlich kann nicht jeder Prof. werden, aber Ihre These stimmt so einfach nicht. Die Frage ist, glaube ich, eine andere: Wie finde ich meinen Traumjob?
Die meisten glauben, sie müssten herausfinden, was ihnen liegt. Das ist natürlich auch nicht ganz falsch, aber eine Erkenntnis, die ich im Laufe meines Lebens gewonnen habe ist, dass wir uns als Menschen nur sehr schwer vorstellen können, wie es ist, wenn wir in einer anderen Situation sind. Wir können uns schon nicht vorstellen, wie es ist, hungrig zu sein, wenn wir gerade ein großes Steak gegessen haben. Wie viel komplizierter ist es, sich in einen anderen Job hineinzuversetzen, von dem ich immer viel zu wenig weiß und wenn ich drin bin, ist es (fast) zu spät. Auch ein Praktikum hilft meistens nicht viel: Erstens kann ich nicht alle Berufe durch”praktizieren” und zweitens ist es meistens auch etwas anderes, einige Wochen irgendwo reinzuschnuppern als es jahrelang wirklich zu tun. Viele vermeintliche Traumjobs entpuppen sich dann so als Mogelpackung – aber es gibt sie trotzdem!
Deswegen habe ich mir zur Angewohnheit gemacht, andere Menschen immer zu fragen: “Wie glücklich bist mit deiner Berufswahl?” In den meisten Fällen kommt: “Ach, eigentlich ganz glücklich, ABER…” So habe ich damals auch etliche Professoren gefragt und mir war aufgefallen, dass kein “ABER” kam! Deshalb habe ich dann jahrelang auf eine Professur hingearbeitet – und tatsächlich: Ich bin glücklich ohne “ABER” 🙂
Vielleicht schreibe ich irgendwann noch einmal einen längeren Artikel, bei welchen Berufen auch kein “ABER” kommt…
Hallo, danke für das Feedback. Sie beschreiben Motive: Sicherheit, Freiheit, Prestige…. und da hat jeder andere. Die Arbeitswelt ist außerdem vielfach nicht auf die Erfüllung von Motiven eingestellt, siehe mein letzter Beitrag. Ihr Kommentar hat mich auf die Idee für einen Beitrag gebracht, den ich morgen bringen werde. Natürlich kann man glücklich im Job werden, das habe ich nicht sagen wollen….nur dass es Menschen gibt, die auch schwerer glücklich sein können und für die es psychologisch wichtig ist, an sich selbst zu arbeiten. Das erlebe ich jedenfalls in meiner Beratung. Es geht eben nicht nur um den Job. LG Svenja Hofert
“Es gibt keine höhere Berufung oder Bestimmung…. Wenn Sie danach suchen, dann geben Sie die Hoheit für Ihr Leben auf.”
Liebe Frau Hofert, ich habe in meinen Coachings die Erfahrung gemacht, dass meine Klienten erst Entscheidungen treffen konnten, wenn sie ihrem Ruf (ihrer Intuition) gefolgt sind, weil sie endlich auf ihr Bauchgefühl vertraut haben. Ich stimme Ihnen zu, dass man Entscheidungen treffen muss, um sich immer mehr den eigenen Weg zu spuren und zu wachsen, aber nicht ins Blaue hinein. Ich bin sehr wohl der Überzeugung, dass es für jeden eine Lebensaufgabe/Bestimmung gibt, die auch in einem ganz normalen Job gelebt werden kann. Wieso sollte man denn die Hoheit über sein Leben abgeben, nur weil man sich spirituell erinnert, wer man wirklich ist? Genau das Gegenteil ist der Fall! Wenn ich nicht vor noch einigen Jahren im Angestelltenverhältnis an mein Traumbusiness geglaubt hätte und tief in mir drinnen gespürt hätte, wem ich dienen möchte, könnte ich heute nicht ausschließlich von meiner Berufungsberatung leben und arbeiten wo, wann und wie ich will. Und das lebe ich gerne vor. Ich bin auf Ihren nächsten Artikel gespannt! Freundliche Grüße Andrea Randt
Meine Erfahrung mit mir und vielen, vielen Klienten aus über 19-jähriger Coaching- und Trainingspraxis heraus ist auch ganz klar die, dass kaum etwas (auf Dauer) glücklicher macht, als den maßgeschneiderten Traumberuf zu finden (geschieht eher selten) oder zu kreieren (vielleicht der Königsweg?).
Wie sollte jemand dauerhaft glücklich sein, wenn er sich beruflich mit dem “second best” zufrieden gibt? Das Einkommen stimmt dann meist nicht (und falls doch, kosten die anderen Rahmenbedingungen meist viel zu viel Kraft), der persönliche Sinn des Lebens wird meist nicht getroffen etc.
Natürlich ist es mit einer oberflächlichen Suche nicht getan. Die meisten Menschen, die ich persönlich kennen, und meine Person eingeschlossen, benötigten Jahre, und zwei meist zunächst für die innere Suche (mitsamt innerem “Aufräumen”), und dann erst wird meist das äußere Finden bzw. Erschaffen überhaupt erst möglich.
Herzliche Grüße
Matthias Schwehm