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Coach-Honorare: Wer klein denkt, bekommt auch Kleingeld
10 Jahre Networking: Claudia Kimich und ich sprachen uns erstmals 2003 telefonisch und trafen uns 2004 dann live auf der Systems in München. Seitdem haben wir uns jedes Jahr einmal live gesehen und seit einiger Zeit telefonieren wir regelmäßig. Wir sind unterschiedliche Typen, aber eine Sache eint uns: Wir packen an. Wir reden nicht lange, sondern tun. Diese Woche haben wir uns am Telefon etwas eschauffiert: Über eine neue Generation von Coachs, die Wunder erwartet und nicht bereit ist, an sich selbst zu arbeiten, die sich Geldsegen erhofft und nichts dafür investieren will. Weil wir finden, dass das ein wichtiges Thema ist, legen wir einen Teil unserer Diskussion hier offen.
Svenja Hofert: Es passiert aufgrund meiner bei Karriere & Entwicklung offen gelegten Honorare sehr selten, aber ab und zu haben meine Assistentin oder ich es mit Leuten zu tun, denen meine Beratung zu teuer ist. Für diese Zielgruppe habe ich auch Kexpa gegründet. Wer über Kosten stöhnt? Es sind nie Manager und Fachkräfte, die das Gros meiner Kunden stellen: Preissensitiv sind vor allem Coachs, die Beratung suchen, weil sie nach zwei, drei, vier Jahren nebenberuflich immer nur noch einen Kunden pro Monat oder Woche haben und von mir wissen wollen, wie das denn sein kann. Ehrlich gesagt, wundere ich mich manchmal über soviel Fehleinschätzung von Märkten und Erfolgskonzepten. Jedenfalls sehe ich genau das als Kern des Problems: DASS nämlich vornehmlich weibliche Coachs und Berater nicht investieren – weder im übertragenen noch im direkten Sinn. Wie erlebst du das?
Claudia Kimich: Da kann ich auch ein Lied von singen. Neulich fragte mich eine gut situierte Dame, die ihre Preise nicht durchsetzen konnte, wie teuer ich sei. Als ich das Honorar nannte, wandte sie sich ab – das sei aber teuer. „Da nehme sie doch besser jemand für 30 EUR“, bemerkte sie. Da musste ich doch sehr lachen! Jemand mit Geldverhandlungsproblemen sucht sich ausgerechnet einen Berater, die selbst lebendiges Beispiel für schlechtes Verhandlungs-Standing ist. Jemand, der offensiv zeigt, dass er/sie nicht ökonomisch denken und handeln kann, wird als Berater gewählt! Die holen sich Rat von jemand, der als Schuster selbst mit löchrigen Sohlen rumläuft. Naja, glücklicherweise entscheidet das jeder selbst und trägt dann auch die Verantwortung!
Svenja Hofert: Das ist etwa so, wie die unternehmerische Beratung von jemand zu holen, der selbst ausschließlich von KFW-Geldern oder Aufträgen staatlicher Institutionen lebt. Man geht zu Leuten, die lebendige Beispiele für gescheitertes Unternehmertum sind. Ich habe in meinem SlowGrow-Prinzip geschrieben, dass jeder seine Form der Selbstständigkeit finden kann – aber das darf man bitte nicht missverstehen. Ich meine mit SlowGrow langsame Entwicklung, das impliziert die Bereitschaft sich Schritt für Schritt nach vorne zu bewegen. Was ich dagegen oft sehe ist kompletter Stillstand. Ehrlich gesagt, und das macht mich fast ein wenig traurig, sehe ich das sehr oft bei Frauen. Männer sind viel pragmatischer, wenn sie Coach sind. Sie verstehen eher, dass ein Selbstständiger eine komplett andere Identität – ergo ein anderes Denken, Fühlen, Handeln – annehmen muss als ein Angestellter. Viele gründen in ihrer Angestellten-Identität und wollen diese auch nicht ablegen.
Claudia Kimich: Ausgerechnet eine Frau bemerkte auf einem meiner Vorträge: „Es ist doch ok, dass die Männer mehr verdienen, weil sie die Familie ernähren müssen“. Was ist das für eine Einstellung! Und nein, das war kein Mäuschen aus der Kosmetikabteilung, sondern eine gestandene Frau, die in einem internationalen Konzern arbeitete. Auch keine vom Dorf! Unglaublich. Bei mir geht es immer erst um die Haltung, ohne die ist gar keine Verhandlung möglich. Wer sich nichts zutraut, kann auch nichts erreichen. Ich arbeite da oft mit Systemaufstellungen für die eigenen inneren Persönlichkeiten. Da steht die Taschentücherbox schon griffbereit.
Svenja Hofert: Bei Xing schrieb mir eine: „Ihr Beispiel gibt mir Hoffnung, dass ich auch so erfolgreich werden kann.“ Ich habe nichts geantwortet, aber dachte nach Klick auf die low-budget Webseite mit “systemischem Coaching”: Vom Schauspiel leben können auch nur zwei Prozent, diese Branche „Coaching“ steuert genau darauf zu, wenn Leute SO denken. Sie setzen sich am Anfang auch komplett falsche Benchmarks, das kann nur zu Frust führen.
Claudia Kimich: Es geht auch einfach nicht ohne Investition: Investition in die Zeit, in Geld, in Netzwerke. Ich war im Radio, in Frauenzeitschriften, in vielen Tageszeitungen… Es bringt nur selten unmittelbare Resonanz. Viel wichtiger ist der stete Tropfen, der den Stein höhlt. Es geht um Aufbau von Image, was viele Jahre dauert. Und gerade heute schrieb mir eine Dame, dass sie durch die Medien an mich und meinen Vortrag erinnert worden wäre und sie braucht jetzt Coaching. Es kommt also, nur liegt manchmal viel Zeit dazwischen.
Svenja Hofert: Jede Woche mache ich drei bis fünf Interviews mit Medien. Natürlich wirkt sich das aus, aber keineswegs so wie viele das denken. Die Wirkung ist so gut wie nie unmittelbar, nur sehr wenige Artikel bringen direkte Resonanz. Das verstehen viele nicht. Auch, dass man nicht so weit kommt, wenn man stromlinienförmig denkt (also altes und bekanntes Wissen reproduziert anstatt neue Gedanken zu entwickeln) und in Beamtendeutsch schreibt, sehen einige nicht. Dann nehmt doch monatlich 1500 EUR in die Hand und geht zu einer guten PR-Agentur! Aber Geld ausgeben wollen die, die am meisten jammern, eben nicht. Auch PR muss low budget sein. Und wen kriegt man low budget? Genau: Anfänger.
Claudia Kimich
Ich sage dann gern: Tun Sie mir einen Gefallen und lernen Sie leiden ohne zu jammern, vor allem nicht in meiner Gegenwart. Wer klein denkt, bekommt Kleingeld! Da ist noch viel zu tun. Packen wir´s an: Über das Portal Karriereexperten.com starte ich am 27 .4. meinen Verhandlungstango speziell für Coachs und Berater in Hamburg. Dann kommt Butter bei die Fische. Aber umsonst ist das nicht….
Mehr Infos zu Claudia Kimichs Workshop finden Sie hier.
Über Svenja Hofert

Svenja Hofert ist vielfache Bestsellerautorin, die sich im deutschsprachigen Raum über mehr als ein Vierteljahrhundert ein hohes Renommee als Vordenkerin für das Thema Zukunft von Arbeit und Führung erworben hat. Ihr Motto "Zukunft der Arbeit mit Sinn und Verstand". Dieses Blog besteht seit 2006 und wird nur noch gelegentlich gepflegt. Folgen Sie der Autorin, indem Sie Ihren kostenlosen Newsletter Weiterdenken abonnieren. Auf Linkedin können Sie der Autorin ebenso folgen und erhalten 14tätig die Weiterdenken Essentials.
Liebe Svenja, liebe Claudia,
es hat Spaß gemacht, euren Dialog zu verfolgen. Dabei habe ich mir eine Frage gestellt. “Warum scheinen sich gerade weibliche Coaches so zu verhalten?” Ich glaube, dass das zum einen daran liegt, das viele Frauen nach einer halbüberwundenen Lebenskrise Coach werden, was an sich keine schlechte Sache sein muss. Aber zum einen ist der Begriff “Coach” nicht geschützt und jeder kann sich so nennen, d. h. es gibt unterschiedliche oder gar keine Ausbildung als Hintergrund. Zum anderen hat so eine Selbständigkeit auch eine Business-Seite. Und scheinbar tun sich viele Frauen mit ihrem eigenen (Selbst)Wert schwerer als Männer, oder?
LG Simone
Hallo Frau Hofert,
Ihr Artikel beschreibt genau das, was mir – neben dem Coaching – auch in anderen Bereichen begegnet. Ich hab’ dazu mal in meinem eigenen Blog ein paar Impulsfragen gepostet.
Nachzulesen unter:
http://bit.ly/YcW1N1
Viele Grüße!
Dagmar Hampel
Beim Lesen dieses Blogs kam mir die Frage, ob es dann vielleicht doch sinnvoll ist, eine Zwang-Renten-Versicherung für Freiberufler einzuführen. Warum? Dies würde zu höheren Tagessätzen zwingen und wer es nicht schafft, muss sich eine Anstellung suchen. Man könnte ja beispielsweise die ersten drei Jahre freistellen.
Warum der Gedanke? Wie sollen die von Ihnen beschriebenen Kollegen für ihre eigenen Rente vorsorgen, wenn sie kein angemessenes Honorar realsieren können?
Ja, das finde ich auch. Es müsste eine Pflicht-Lösung à la Künstlersozialkasse geben. Weiter müsste man mal den Schwarzverdienern in diesem Job den Garaus machen. Gerade Nebenberufler und Coachs, deren Ehepartner die großen Brötchen besorgt, nehmen gern Bargeld – und dass das öfter nicht sauber beim Finanzamt deklariert wird, schafft einen ungerechten Wettbewerbsvorteil für “Krauter” und Nachteil für Profis. Schwarzarbeit ist Betrug, ich finde es unmöglich und es ärgert mich sehr, wie locker das teils gesehen wird, auch in anderen Gewerben. Klienten sollten hellhörig werden, wenn sie ohne offizielle Rechnung abkassiert werden. Und bei 30 Euro, siehe Claudias Beispiel, kann ich mir ganz schlecht vorstellen, dass da jemand eine offizielle (und auch aufwändige Buchhaltung) führt. LG Svenja Hofert
Liebe Svenja, liebe Claudia,
ich finde dieses Interview sehr unterhaltsam und informativ. Ja, der Markt der Coaches ist thematisch, qualitativ und preislich weit gestreut. Und sicherlich ist auch die anvisierte Zielgruppe mit entscheidend, welcher Preis realisiert werden kann. Macht es doch einen Unterschied, ob ich mit Privatpersonen in meinem eigenen Wohnzimmer arbeite oder mit Führungskräften und eigene Coachingräume vorhalten oder eine Reithalle (für Pferdegestützte Coachings) mieten muss.
Auch bleibt die Frage, ob sich Coaching-Weiterbildungen merklich in der Höhe des Preises wieder spiegeln.
Passt der Preis zu der abgelieferten Qualität? Oder ergibt er sich aus guter PR?
Ich glaube, dass es eine Kombination aus Know-how, guter Performance, einer Selbst-Wert-Haltung, klarer Positionierung und stetiger Außendarstellung ist. Dann klappt es auch mit den Wunsch-Kunden.
(Swanette Kuntze, Coach! Kuntze-CundC.de)
eindeutig setzen sich im Privatkundenmarkt diejenigen durch, die eine höhere Sichtbarkeit und Kundenbindung erzeugen können, was meiner Meinung ohne Substanz nicht möglich ist. Bei den Firmenkundenn ist es etwas anders. Auch da gibt es mittlerweile ein ziemliches Gefälle im Honorargefüge.
LG Svenja Hofert
…ach ja, das liebe Geld…
Ich habe gerade letzte Woche auf meiner Site einen kurzen Artikel dazu geschrieben. Es ging um Coachees, die Erfahrung mit der anderen von Ihnen beschriebenen Seite gemacht haben. Die ordentlich verlangt haben, aber unordentlich gearbeitet haben. Die im Coaching das schnelle Geld wittern und eine Ein-Mann-Show abziehen und Alleinunterhalter spielen.
Wie hier schon gesagt wurde- der Begriff ist nicht geschützt. Nach was orientiert sich also ein Laie? Wer klein denkt, bekommt auch kleine Leistung. Wer viel zahlt, bekommt aber auch keine Garantie,so lange sich jeder “ich-kenn-mich-aus” sich “Coach” nennen kann.
Für 30€ ein Coaching? Wie soll das gehen? Selbst wenn man es nur “aus Zeitvertreib” nebenbei macht ?
Mein Professor hat immer gesagt: wer nicht bereit ist für gute Leistung gut zu bezahlen, der hat keinen Druck bzw. Grund für ein Coaching.
In diesem Sinne, einen schönen Abend
Hallo Herr Jannasch, vollkommen klar: viel Geld heißt nicht viel Leistung, und wenig nicht wenig. Da spielt ganz viel rein, vor allem müssen beide eine halbwegs gleiche Sprache sprechen. Deshalb finde ich Blogs als Sortierungskriterium so gut. Nirgendwo merkt man besser wie jemand tickt und ob es einem gefällt. Blöd nur, wenn der Blog von der PR-Abteilung stammt… 😉 LG Svenja Hofert
[…] “Wer klein denkt, bekommt auch Kleingeld” Unter dieser Überschrift findet sich ein anregendes und auch erhellendes Gespräch zwischen Karriere-Coach Svenja Hofert und Verhandlungsexpertin Claudia Kimich. Das Thema lässt sich auch auf andere Bereiche übertragen: Wer seine Träume klein hält, bekommt auch nur kleine Ergebnisse. Lesens- und nachdenkenswert! […]