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Das Guttenberg-Prinzip
Mach dich nicht kleiner als Du bist – das gilt sowohl für Angestellte als auch für Freiberufler. Doch wie groß darf ich mich machen? Funktioniert das zu-Guttenberg-Prinzip? Unser Freiherr, gerade anderweitig beschäftigt, schreibt in seiner Vita, dass er vor 2002 als Journalist für die Welt tätig war. Der "Journalist", Gewerkschaftspostille des Deutschen Journalisten Verbandes DJV, fand jetzt heraus, dass der freie Journalist in Wahrheit drei Wochen Praktikant gewesen sei. Immerhin gibt es Archive im Internet – und die Möglichkeit, im Zweifel bei der Personalabteilung nachzufragen. So geschehen in diesem Fall, den beispielsweise Spiegelkritik aufnimmt.
Je länger das Gedächtnis des Internets, desto risikoreicher wird das unangemesse Großmachen. Es lässt sich alles nachforschen, erst recht wird das für die jüngere Generation gelten. Mogelpackungen fliegen da schnell auf – und das ist eher kontraporduktiv. Aus einem 3-Wochen-Praktikum eine Tätigkeit als freier Journalist zu machen, ist schon gewagt.
Doch was ist erlaubt, was nicht? Die Wahrheit ist dehnbar. Darf man aus einer Teamleitung über vier Jahre langjährige Führungserfahrung machen? Bin ich als Geschäftsführer der väterlichen Ein-Mann-Hausverwaltung, die mich exakt drei Stunden Verwaltungsaufwand im Monat kostet, gleich ein Manager oder Unternehmer? Ist diese Form des Größermachens erlaubt? Hm, eher nicht. Legitim dagegen: Dinge weglassen, Erfahrungen vereinfachen, ein kleines bißchen übertreiben. Gerade Freiberufler müssen das sogar. Manche sind hier viel zu bescheiden, leider meist die Frauen (also ein wenig von unserem Theodor abschauen schadet nicht). Ihre Kunden reagieren einfach positiver, wenn Sie sagen "tätig für zahlreiche Top-Unternehmen, darunter Dax-30-Firmen", auch wenn es letztendlich nur vier waren und das zahlreich bei Licht betrachtet, nicht so richtig angemessen ist. Aber so tickt die Welt. Die Wahrheit verkauft schlecht. Siehe zu Guttenberg.
Svenja Hofert
Über Svenja Hofert

Svenja Hofert ist vielfache Bestsellerautorin, die sich im deutschsprachigen Raum über mehr als ein Vierteljahrhundert ein hohes Renommee als Vordenkerin für das Thema Zukunft von Arbeit und Führung erworben hat. Ihr Motto "Zukunft der Arbeit mit Sinn und Verstand". Dieses Blog besteht seit 2006 und wird nur noch gelegentlich gepflegt. Folgen Sie der Autorin, indem Sie Ihren kostenlosen Newsletter Weiterdenken abonnieren. Auf Linkedin können Sie der Autorin ebenso folgen und erhalten 14tätig die Weiterdenken Essentials.
Im Ansatz ein schöner Artikel der zum Nachdenken, vor allem für wie Sie sagten die neue Genration betreffend, anregt. Ein eventuell praktischer Bezug für die kommenden Genration hätte Ihren Artikel bestimmt Stichhaltiger abgerundet.
Selbst komme ich aus einer der folgenden Generationen. Und mit Bedacht achte ich und verwundere mich meist über den teils sorglosen Umgang mit der eigenen Identität. Vermutlich mag dies daran liegen dass die Fähigkeit der Selbstkritik/-lob teils nur schwach ausgeprägt ist, dass trotz der Möglichkeit des Internet sich selbst betrachten zu können dies vor “Angst” nicht geschieht?
Bei Bewerbungen seine bisherigen Erfahrungen mit den beworbenen Fähigkeiten abzustimmen, bestimmtest hervor zu heben oder unter den Tisch fallen zu lassen, ist für alle Genrationen eine schwere Aufgabe. Zumal uns im Gegensatz zu fast allen anderen Handlungen eine Art gesellschaftliche Messlatte fehlt … ein Bezugspunkt.
Schlussendlich bin ich der Meinung dass ein simples Prinzip allen weiterhelfen kann:
“Wo war ich – Wo bin ich – Wo will ich hin”
Im übertragenen Sinne sollte man alle Informationen sammeln um einen Überblick über sich selbst zu erhalten. Abzugleichen mit seinem jetzigen Standpunkt um seinen Weg nachvollziehen zu können. Und Selektieren um eben jene nötigen Facetten seiner Selbst hervorzuheben, sich seiner Selbst bewusst zu werden.
Viele Grüße
und Danke für Ihre Anregung
Mike Gutzschhahn
In der heutigen Gesellschaft ist es sehr schwierig geworden. “Wer” bin ich, “was” bin ich…
Gerade als junger Mensch muss man heute sehr viel einstecken und vor allem sind die Kriterien bei der Auswahl von neuem Personal z.b härter geworden.
Natürlich kann man an der ein oder anderen Stelle “mogeln”, oder besser gesagt etwas schöner darstellen als es eigentlich ist. Doch wie sagte meine weise Oma einst zu mir: ” Die Wahrheit währt am längsten”. So ist es und so wird es immer sein. Lügen zahlen sich ganz sicher nicht aus. So müssen wir also die Begrifflichkeit der angeblichen Wahrheit dehnen, denn ist es nicht eine Ansichtssache ?
Kurioserweise kann man sich anscheinend so seine eigene Realität schaffen, in der alles gut, vieles entschuldbar ist.
Doch um ihren Gedanken so wie ich ihn verstehe aus meiner Sicht zu definieren geht es doch eindeutig um ein gesundes Selbstvertrauen !?
Man sollte zu seinen Fehlern stehen und sie in das rechte Licht rücken, genau wie seine Begabungen und Auszeichnungen.
Das Leben ist nunmal ein Lernprozess und selbst ein Diamant muss noch geschliffen werden.
Lg, Christopher K.