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Dynamisch = Arbeitswütig, kommunikativ = Quasselstrippe. Bewerberisch für Anfänger (Rezension)

Veröffentlicht: 30. November 2013Kategorien: Führung & Organisation

Manche unserer Kunden könnten Bücher schreiben über das, was sie auf der Jobsuche, bei Bewerbungen und in Vorstellungsgespräche so erleben. So lerne ich manches beliebte Unternehmen und die ein oder andere bekannte Persönlichkeit aus einer Perspektive kennen, über die ich niemals unverschlüsselt reden darf, würde und kann. Datenschutz: Ist mir heilig. Schon wieder so ein Enthüllungsbuch dachte ich, als die Journalistin Francoise Hauser mir eine Mail schrieb und mich fragte, ob sie mir ihr Buch schicken dürfe.

Enthüllungsbuch, das hundertste – oh ne.

Ist aber kein Enthüllungsbuch. Gottseidank. Das Buch hat ein mittel witziges Cover – und „würden Sie für mich aus dem Fenster springen“ war von Herder auch  nicht die beste Titel-Wahl.

Das Buch am Boden...vor Lachen

Das Buch am Boden…vor Lachen

ABER: Was drinsteht ist lustig, nicht sehr, aber ziemlich. Es ist auch nicht platt, Frau Hauser hat sich informiert und beweist Kenntnis. Unterhaltsam trifft es auch. Ich habe nach dem unkomplizierten Konsum – im Multitasking parallel zu Voice of Germany – gleich drei davon bestellt, um sie jenen Kunden zu schenken, die so gern darüber schreiben würden, was sie so erlebt haben, aber die das nicht können, weil….

a.)    … ich davon abrate, sich in die Öffentlichkeit zu begeben, wenn man nicht ein bisschen wahnsinnig ist, wahlweise narzisstisch, psychopathisch  oder weltverbesserisch (ersteres gehört nicht eindeutig und letzteres gar nicht zu den ICD-10, das ist die international Classification of Deseases ;-))

b.)    dass Internet nie vergisst, was ärgerlich ist, wenn der Mensch morgen ein anderer ist als heute.

c.)     … man im Zweifel mächtig Ärger bekommt, wenn man Namen nennt  und erfundene Namen nicht halb so viel Interesse wecken.

d.)    …es auch reichlich schwer ist, Tatsachen so zu verpacken, dass sie nicht anklagend sind und ein Schmunzeln auslösen.

Dann doch besser ohne Enthüllungen und aus journalistischer Perspektive beschrieben – wie hier.

Eine Leseprobe? Das Kauderwelsch von Stelleninseraten im Visier schreibt Hauser:

„In einem internationalen Umfeld (heißt): Sie schlagen sich mit nordafrikanischen Vorurteilen gegen Frauen rum. Oder müssen freitags bis 22 Uhr bleiben, weil sonst der Kunde aus den USA nicht erreichbar ist.“

Erinnert mich an jemand, der einen Job im afrikanischen Kriegsgebiet angeboten bekam, aufgrund seiner „internationalen Erfahrung“ und weil sich sein Lebenslauf so las, als sei er Single, die Anwesenheit vor Ort nicht so wichtig (und sein Ableben deshalb auch weniger problematisch als das eines Familienvaters). Und dass mit den USA und den Uhrzeiten ist auch gar nicht so lustig wie es klingt: Altbekanntes interkulturelles Problem, kenne ich auch noch aus meiner Zeit: Erst ab 17 Uhr konnte man so langsam die Amerikaner erreichen. Aber auf Reden hatten die da noch keine Lust. Das macht Skype auch nicht besser.

Gut, man muss diese besondere Art des Humors teilen können ;-)

Gut, man muss diese besondere Art des Humors teilen können 😉

Witzig fand ich auch die fingierten Bewerbungsfotos (siehe Foto). Und dann: natürlich die Tests, mein Lieblingsthema diese Woche. Fein, dass Frau Hauser sogar den Rorschachtest kennt, das ist der mit den Tintenkleksen, aus Psychokrimis bekannt, aber so überholt wie der gute alte Siegmund Freud. Und ein bisschen Tschaka wie Graphologie und Astrologie. Ich weiß aus sicheren Quellen, dass selbst Geschäftsführer die Sterne zur Entscheidungsfindung heranziehen. Ich bin Waage, Aszendent Skorpion (stimmt wirklich) – und nun deutet mal! Werde ich eingestellt?

Auch der MBTI wird durch den Humor-Kakao gezogen.

Noch mal, ein Zitat:

„Nach dem Test wissen Sie nicht nur, ob Sie ISTJ, INFP oder ENFJ sind, sondern auch, wie es um das Budget der Personalabteilung bestellt ist.“ (stimmt, die Zertifizierung auf den MBTI ist eine der teuersten, der Porsche unter den Tests… oder doch der SUV?)

Fazit: Kleines Taschenbuch für schmale 8,99 EUR im christlichen Herderverlag, der hier weltlich daherkommt. Ideales Geschenk für Jobfrustrierte. Nicht tiefgründig und intellektuell wie Herrn Vaseks Work-Life-Bullshit von letzter Woche, aber muss ja auch nicht…

Bisschen Abwechslung tut gut. Diese Woche nehme ich mir den Frank Rieger vor. Das ist nicht so flockig. Denk ich mal. Bis dann.

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Über Svenja Hofert

Svenja Hofert ist vielfache Bestsellerautorin, die sich im deutschsprachigen Raum über mehr als ein Vierteljahrhundert ein hohes Renommee als Vordenkerin für das Thema Zukunft von Arbeit und Führung erworben hat. Ihr Motto "Zukunft der Arbeit mit Sinn und Verstand". Dieses Blog besteht seit 2006 und wird nur noch gelegentlich gepflegt. Folgen Sie der Autorin, indem Sie Ihren kostenlosen Newsletter Weiterdenken  abonnieren. Auf  Linkedin können Sie der Autorin ebenso folgen und erhalten 14tätig die Weiterdenken Essentials.

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