Vor einigen Tagen meldete sich ein Schulkollege via XING bei mir, gleicher Jahrgang.  Wir tauschten uns über vorhandene und fehlende Erinnerungen aus. Beiläufig erwähnte er den gemeinsamen Französischlehrer Richenhagen – und dass der jetzt als CEO neben Klaus Kleinfeld arbeiten würde. Ich hatte diese beiden Richenhagens nie in Verbindung gebracht.

Diese Information fand ich insofern spannend, da es meiner Erfahrung nach Ex-Lehrer in der freien Wirtschaft extrem schwer haben. Ich habe ein paar beraten und auf dem normalen Bewerbungsweg ging gar nichts. Lehrer stehen nur bei Maklern auf Listen im Kopf, die es nicht geben darf, siehe AGG.

Ich googelte mich durchs Netz, um den Weg von Richenhagen zu rekonstruieren. Bei Wikipedia finde ich die Erklärung: „Nach seiner Verbeamtung entschließt er sich jedoch auf Anraten des ehemaligen BDI-Präsidenten Thumann, in die Wirtschaft zu wechseln.“

Das heißt im Klartext, er hat sich OHNE Bewerbung beworben, pures Networking: Bestätigung der Intuition. Ich erlaube mir hier den dezenten Hinweis auf mein „Bewerben ohne Bewerbung“, das in wenigen Wochen unter dem von Campus hoffentlich glücklich gewählten Titel „Guerilla-Bewerbung“ neu erscheint.

Für alle, die Lehrer sind oder aus anderer Position eine Radikalveränderung erwägen, hier meine Lektion à la Richenhagen.

  • Vergessen Sie den normalen Bewerbungsweg. Wenn sich der Französischlehrer auf seine erste Stelle bei einem Stahlunternehmen normal über die Personalabteilung vorgestellt hätte, wäre er heute noch Lehrer. Überlegen Sie vielmehr, wen Sie kennen oder kennen lernen wollen und dann trinken Sie systematisch Kaffee, wie es der Lars hier sagt.
  • Wer nach oben fallen will, braucht Kontakte in den höheren Etagen. BDI ist schon mal nicht schlecht, es könnte aber auch die BITKOM sein oder ein anderer Lobby-Verband, die Rotarier oder der Lion´s Club. Schön, wenn solche Kontakte schon da sind, ansonsten heißt es: aufbauen. Gilt auch, wenn Sie in eine bestimmte Branche wollen. Der Weg nach unten ist – Überraschung – schwieriger, dazu demnächst mehr.
  • Merke: Du bist, mit wem du isst. Man kann auch ohne eigene Reichtümer mit einem millionenschweren Unternehmer an einem Tisch sitzen, z.B. weil einen das gleiche soziale und kulturelle Engagement verbindet. Auf Stiftertagen zum Beispiel trifft man lauter Hochkaräter (setzt aber voraus, dass man sich engagiert). Ein direkter Fahrstuhl, nur darf man nicht sofort einsteigen, das mögen die Leute nicht.
  • Sei du selbst, schau nicht aufs Geld. Gerade erfolgreiche Manager mögen dumme Unterwerfung und Anbiederung so gar nicht. Außerdem präferieren viele benimmerprobte Gesprächspartner, die beim Dinner nicht mit dem Messer ins Fleisch stechen, als würden sie einen Mord begehen. Jaja, der Knigge, Leute. Echt lohnenswert, die Basics zu lernen.
  • Gib viel, nimm später. Wenn Sie es schaffen, dass jemand Wichtiges etwas gut hat bei Ihnen, ist alles andere nicht mehr wichtig. Am besten Sie denken auch gar nicht in Kategorien wie „Guthaben“, sondern sehen das als selbstverständlich.

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Über Svenja Hofert

Svenja Hofert verbindet unterschiedliche Welten und Positionen. Dabei entwickelt sie neue und eigene Blickwinkel auf Themen rund um Wirtschaft, Arbeitswelt und Psychologie. Sie ist vielfache Buchautorin und schreibt hier unregelmäßig seit 2006. In erster Linie ist sie Ausbilderin und Geschäftsführerin ihrer Teamworks GTQ GmbH. Interessieren Sie sich für Ausbildungen in Teamentwicklung, Agilem Coaching und Organisationsgestaltung besuchen Sie Teamworks. Möchten Sie Svenja Hofert als Keynote Sprecherin gewinnen, geht es hier zur Buchung.

5 Kommentare

  1. Liebezumwort 10. Juli 2012 at 9:25 - Antworten

    Liebe Frau Hofert,
    kleiner Tipp zum letzten Tipp: Die korrekte Form “Gib viel, nimm später!” macht Ihren Vorschlag auch stilistisch wertvoll.

    Vielen Dank an dieser Stelle für Ihre stets konstruktiven Texte!

    • Svenja Hofert 10. Juli 2012 at 9:56 - Antworten

      Danke, aus Liebe zum Wort werden ich das nun sofort umsetzen 🙂 Herzlichst Svenja Hofert

  2. Christoph Burger 11. Juli 2012 at 21:34 - Antworten

    “Ein direkter Fahrstuhl, nur darf man nicht sofort einsteigen, das mögen die Leute nicht.”

    Großartige Formulierung!!

    Also ehrlich, Frau Hofert, Sie hauen der Tage Sätze raus … – alle Achtung 😉

    & schöne Grüße, cb

  3. Josef 12. Juli 2012 at 10:35 - Antworten

    Hallo,

    gehört zu dem ganzen nicht auch ein wenig Glück. Sicherlich kann man daran arbeiten die richtige person zu treffen. Wenn ich mit Menschen spreche die es auf diese Weise Förderer getroffen haben, dann sprechen die alle immer von Zufall. Sie haben den mit Zufall kennengelernt und mit Zufall hat er diese Stelle.

    freundliche Grüße
    Josef

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