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Futurepreneur: Unternehmerisch Denken schon in der Schule lernen
Keine Berufsgruppe wächst so schnell wie die der Selbstständigen. Doch unternehmerisches Denken liegt von Natur aus nur Unternehmerkindern; alle anderen tun sich schwer damit.
Was liegt also näher, als Kinder und Jugendliche auf etwas vorzubereiten, das ihnen von Haus aus fernliegt? Der Verein Futurepreneur e.V. will bei Kindern und Jugendlichen Unternehmergeist zünden und Spaß am Unternehmertum vermitteln. Ich sprach mit Kerstin Heuer, die die Idee der „Mini-Unternehmer-Camps“ für Jugendliche aus Schweden nach Hamburg gebracht hat.
Was tun Sie genau?
Heuer: Wir ermöglichen Jugendlichen ab 13 Jahren Erfahrungen als Mini-Unternehmer in Kooperation mit Schulen und Jugendzentren in vier verschiedenen Programmen. Im Camp entdecken die jungen Menschen, dass auch sie unternehmerisch Denken und Handeln können, gemeinsam mit anderen. Sie realisieren immer eine kleine individuelle Geschäftsidee gemeinsam. Viele sind überrascht, wie viel Spaß sie dabei haben. In jedem Projekt n laden wir z.B. Unternehmer ein, die die Jugendlichen befragen können
Sie sind selbst Coach und kommen aus der PR. Außerdem haben Sie viele Jahre in der Beratung von kleinen und mittleren Unternehmen gearbeitet. Was hat sie auf die Idee zu Futurepreneur gebracht?
Heuer: Ich habe lange in Schweden gelebt, wo z.B. das Programm „Sommerunternehmer“ seit 10 Jahren erfolgreich ist; 16.000 Jugendliche haben schon daran teilgenommen. Dort fördern die Verantwortlichen ressourcenorientiertes Denken und trauen sich „out of the box“ nach Lösungen zu suchen.
Es geht vor allem darum, zu lernen – über sich selbst und von anderen. Selbsterfahrung und Selbstwirksamkeit beim Entwickeln und Realisieren von Geschäftsideen stehen im Vordergrund bei unseren Mini-Unternehmer-Camps.
Was soll gefördert werden?
Heuer: Stärken und Fähigkeiten – oftmals unentdeckte Ressourcen, die die jungen Leute haben, aber für sich nicht wahrnehmen. Die wissen gar nicht, was sie können. Erst recht nicht, wenn das Können sich nicht in den typischen Fächern wie Mathe und Deutsch niederschlägt, sondern zum Beispiel im Talent, Ideen zu entwickeln oder ein Team anzuleiten, etwas zu aufzubauen. Da lässt sich dann anknüpfen. Jeder kann etwas, was sich in Schulfächern so nicht abbildet. Und das ist wertvoll fürs Leben und den Beruf!
Ressourcenorientierung statt Mängelbeseitigung….
Genau! In Deutschland geht es in den Schulen tatsächlich oft um Mängelbeseitigung. Da kann jemand nicht so gut Mathe, also muss er sich verbessern. Vielleicht wäre es sinnvoller, seine Begeisterung zu wecken? Oder sein Talent bei m Verkaufen oder Organisieren zu fördern? Dafür gibt es keine Schulfächer, für den Lebenserfolg sind diese Dinge aber sehr wichtig!
Meine Erfahrung ist, dass es Jugendlichen oft schwerfällt, ihre Stärken zu benennen…
Heuer: Das sehe ich auch so. Junge Menschen haben oft ein ganz schlechtes Gefühl für eigene Stärken. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man da gesprächsbasiert – also mit Fragen – nicht weiterkommt.
Unter unseren Teilnehmern war zum Beispiel ein junger Mann, der eine wahnsinnige Begabung im Programmieren hat, das aber für sich überhaupt nicht als wertvoll erkannt hat. Durch das Projekt bekam er Feedback und jetzt ist er begeistert dabei, mehr aus seinem Können zu machen. Es ist wichtig, dass bei uns keine Pädagogen aktiv sind, sondern Praktiker. Deren Wertschätzung hat eine andere Wirkung.
Es gibt einen wissenschaftlich nachgewiesenen Zusammenhang zwischen Elternhaus und Gründungsambition. Kinder, die aus Nicht-Unternehmerfamilien stammen, haben Gründungen schlichtweg nicht auf dem Plan. Was ist Ihre Vision?
Heuer: Wir wollen ein Bewusstsein für den Beruf des Unternehmers schaffen und damit eine weitere Perspektive auf die Arbeitswelt öffnen. Wenn Jugendliche früh mit Unternehmern in Berührung kommen, erkennen Sie Unternehmertum eher berufliche Option. Bis dahin haben sie das für sich selbst oft gar nicht als Möglichkeit im Kopf.
Und wenn die Jugendlichen sich am Ende nicht selbstständig machen? Profitieren Sie dennoch von Futurepreneur?
Heuer: Aber klar. Wir hatten beispielsweise den Gründer einer Segelmacherei und des Outdoorausrüsters Globetrotter bei uns. Bei den Gesprächen mit solchen Leuten erlebten die Jugendlichen, dass einen Unternehmer auch andere Werte antreiben als Geld und dicke Autos. Das hat erst mal überrascht und zum Nachdenken angeregt. In den Gesprächen mit Unternehmern hören viele Jugendliche zum ersten Mal, dass es Erwachsene gibt, die ihrer Arbeit mit Spaß und Leidenschaft nachgehen. Von dem in den Projekten geweckten Unternehmergeist profitieren alle Teilnehmer; Unternehmergeist ist ja eine Denk – und Handlungsweise von der man später auch in Angestelltenverhältnissen profitiert . Das ist auch für diejenigen interessant, die später andere Wege gehen. Nicht zuletzt geht es in den Projekten auch um Beziehungsaufbau zur regionalen Wirtschaft. Vielleicht findet der ein oder andere Schüler so als Lehrling zu einem Unternehmen, das sonst nicht auf seinem Plan gestanden hätte.
Über Svenja Hofert

Svenja Hofert ist vielfache Bestsellerautorin, die sich im deutschsprachigen Raum über mehr als ein Vierteljahrhundert ein hohes Renommee als Vordenkerin für das Thema Zukunft von Arbeit und Führung erworben hat. Ihr Motto "Zukunft der Arbeit mit Sinn und Verstand". Dieses Blog besteht seit 2006 und wird nur noch gelegentlich gepflegt. Folgen Sie der Autorin, indem Sie Ihren kostenlosen Newsletter Weiterdenken abonnieren. Auf Linkedin können Sie der Autorin ebenso folgen und erhalten 14tätig die Weiterdenken Essentials.
Liebe Svenja,
herzlichen Dank, dass ich durch Dein Interview auf die Initiative von Kerstin Heuer aufmerksam wurde.
Durch die Projekterfahrungen nehmen die Kids/ jungen Leute einen ganz wertvollen Schatz mit nach Hause: Sie haben ihre Stärken gespürt, Talente entdeckt, viel gelernt und alles aus eigenem Antrieb.
Ich wünsche Frau Heuer ganz viel Erfolg mit futurepreneur e.V. Mich hat Sie für Ihre Idee und Engagement entzündet!