Neulich rief ein Personal Trainer bei meiner Assistentin an. „Wie alt ist Svenja Hofert?“ wollte er wissen.  Gerade hatte ich meine Daten bei Facebook & Co. auf Nicht-Sichtbar gestellt. Meine Mitarbeiterin erwiderte „das darf ich Ihnen nicht sagen.“ 5 Minuten später rief er triumphierend an: „Ha, ich hab´s bei Wikipedia gefunden.“  Erwischt!

Für Personal Trainer sind erfolgreiche Frauen mittleren Alters die Traumzielgruppe schlechthin; er war nicht der erste. Trotzdem kann er das Personal Training bei mir knicken – die Vorgehensweise ist ein Nogo. Die kleine Geschichte zeigt also kein Akquise-Best-Practise, sondern was Internet für mich und uns alle bedeutet: Wir sind öffentlich. Selbstständige und Experten wie ich sowieso, das haben wir uns ja auch irgendwie und irgendwann ausgesucht.

Aber nicht nur Unternehmer haben einen Freifahrtschein: Jeder ist Such-Wild. Es ist kaum mehr möglich, im Internet nicht aktiv zu sein. Selbst diejenigen, die sich bewusst zurückhalten finden sich mindestens auf Uniwebseiten, bei Stayfriends, auf Firmenpräsenzen und in Sportclubs. Und heutzutage heißen immer weniger Menschen Thomas und Müller oder Birgit und Fischer. Der ungewöhnliche Name, von den Eltern als Geschenk gemeint, wird da bisweilen zum Fluch. So war ein Bekannter namensgleich mit einem amerikanischen Bankräuber – akute Verwechslungsgefahr.

Deshalb verstehe ich die derzeitige Aufregung der Datenschützer zur Volkszählung nicht – es liegt sowieso alles offen. Eine Kundin etwa entdeckte neulich in der Personensuchmaschine Yasni unter „Beziehungen“ ihre 20 Jahre verblichene erste Liebe. Es war für sie nicht nachvollziehbar wie Yasni diese Beziehung herstellen konnte. Und auch ich muss an dieser Stelle passen. Irgendeine Website muss das wohl hergeben, irgendwelche Internetseiten und IP-Adressen  haben sich da wohl gekreuzt.

Das Internet fördert Dinge zutage, die wir nie für möglich hielten. Zu Guttenberg dachte noch in den Vor-Google-Books-Kategorieren, wenn er überhaupt dachte. De Begriffswolke bei Yasni etwa legt die Eckpunkte eines Menschen dar, und zwar überwiegend sehr treffend. Ich habe das in mehreren Vorträgen mit Unbekannten live ausprobiert. Es fand sich immer etwas, das ins Staunen versetzte.

Doch auch vieles, das gar nicht stimmt. Sind meine Facebook-Freunde meine Freunde? Überwiegend nicht. Darunter sind Fremde, die interessant genug sind, dass ich Einlass gewähre. Meist Zufallsbekanntschaften, denn ich selbst drücke eher selten auf „Kontaktanfrage“. Sind meine Facebook-Vorlieben stimmig? Nein. Ja, Dortmunds Trainer Jürgen Klopp ist mir sympathisch, aber anderes – teilweise strategisch, teilweise zufällig oder einer Nettigkeit geschuldet.  Mein Alter bei Wikipedia stimmt zwar, aber Kommunikationstrainerin, wie der unbekannte Autor dort behauptet, war ich nun wirklich noch nie. Das Bild, das so entsteht, ist deshalb nur teilweise richtig. Das ist bei mir genauso wie bei anderen.

Und das finde ich wiederum gut, denn es macht das, was ich finde, einigermaßen unberechenbar.  Großartig ist doch auch, dass das Internet Lügen und Betrug in Zukunft erheblich erschwert, ja unmöglich machen wird. Das betrifft nicht nur Doktortitel, sondern auch erschlichene Staatsexamina, Abiturnoten und Berufserfahrungen. Sogar Heiratsschwindler können mit Hilfe des Internets schneller enttarnt werden. Mogeleien beim Alter sind auch kaum noch möglich. Gleichzeitig können Backgroundchecker nie wirklich sicher sein, ob das, was Sie finden wirklich wahr ist. Was ist wahr, was falsch? Wenn das Internet uns eines lehrt, dann das: Sicher kannst du nie sein. Entscheiden Sie, ob Sie das gut finden oder nicht.

Beitrag teilen:

Über Svenja Hofert

Svenja Hofert ist vielfache Bestsellerautorin, die sich im deutschsprachigen Raum über mehr als ein Vierteljahrhundert ein hohes Renommee als Vordenkerin für das Thema Zukunft von Arbeit und Führung erworben hat. Ihr Motto "Zukunft der Arbeit mit Sinn und Verstand". Dieses Blog besteht seit 2006 und wird nur noch gelegentlich gepflegt. Folgen Sie der Autorin, indem Sie Ihren kostenlosen Newsletter Weiterdenken  abonnieren. Auf  Linkedin können Sie der Autorin ebenso folgen und erhalten 14tätig die Weiterdenken Essentials.

8 Kommentare

  1. fschuetz 9. Mai 2011 at 12:53 - Antworten

    @”Die Begriffswolke bei Yasni etwa legt die Eckpunkte eines Menschen dar, und zwar überwiegend sehr treffend. Ich habe das in mehreren Vorträgen mit Unbekannten live ausprobiert. Es fand sich immer etwas, das alle ins Staunen versetzte.”

    => Das freut uns sehr, dass Sie hier mit unserem Angebot zufrieden sind und Ihren Zuhörern auf diesem Wege etwas überraschndes bieten können!

    Mit Ihrem eigenen Yasni Exposé haben Sie ja auch schon erfolgreich dafür gesorgt, dass Sie bei einer Personensuche nach dem Begriff “Karriereberaterin Hamburg” gefunden werden:

    http://www.yasni.de/karriereberaterin+hamburg/person+suche

  2. Renate Brokelmann 10. Mai 2011 at 9:00 - Antworten

    Hallo Frau Hofert,
    ja, ich bin auch ein zumindest teilweise offenes Buch. Ich achte allerdings auch sehr darauf, welche Informationen für mich im Web zu finden sind und habe bspw. meine Sicherheitseinstellung bei Facebook und anderen Netzwerken so angepasst, dass ich Missbrauch – soweit ich das beeinflussen kann – nicht möglich mache.

    Ich glaube, Datenschutz war gestern, Eigenverantwortung ist heute: durch die rasante Entwicklung der Webtechnologien und der sozialen Medien ist es nahezu unmöglich, durch (regional beschränkte) Datenschutzregelungen Missbrauch zu verhindern. Nicht missverstehen, ich bin durchaus für Datenschutz, aber er muss zeitgemäß sein und schützt nicht davor, dass Menschen eigenverantwortlich mit persönlichen Daten umgehen.

    Jeder, der im Web aktiv ist, sollte sich regelmäßig darüber informieren, welche Daten & Bilder über ihn im Netz “rumschwirren”, um auf etwaige Nachfragen vorbereitet zu sein – oder auf Falschdarstellung ggf. zu reagieren. Das gilt für Unternehmen wie für Privatpersonen und das kann man recht gut mit Google & Co. automatisieren (das habe ich auch mal in meinem Blog erklärt: http://rebr.de/search_monitor 🙂 )

    Herzliche Grüße
    Renate Brokelmann

  3. Svenja Hofert 10. Mai 2011 at 9:14 - Antworten

    Sehe ich auch so, Datenschutz muss sich an die Gegebenheiten anpassen und da muss man sich vor allem gegen eins schützen: Missbrauch. Danke, Frau Brokelmann, prima Tipp mit Google! Wissen Sie eigentlich wie solche Dinge wie in meinem Artikel beschrieben zustande kommen – also dass man Personen zueinander in Beziehung setzt, die nirgendwo verbunden sind?
    LG SH

  4. Renate Brokelmann 10. Mai 2011 at 11:20 - Antworten

    Ich habe zumindest eine Vermutung, wie das zustande kommt: viele gehen mit Adressdaten recht fahrlässig um: wenn diese in Adressbüchern bei Google Mail und anderen Webmail-Plattformen hinterlegt werden und dann auch noch bspw. für den Facebook-Freundefinder (ähnliches gibt es ja auch bei anderen Netzwerken) freigegeben werden, nutzen diese Netzwerke das, um Beziehungen zwischen Menschen (bzw. deren E-Mail-Adressen) herzustellen. Ich habe das mal mit einem kleinen Test ausprobiert: ich habe einen Testaccount mit einer Mailadresse erstellt, die ich auch für meinen privaten Mailverkehr nutze – meinen richtigen Namen habe ich aber gar nicht angegeben. Und prompt wurden mir Leute, die diese Mailadresse von mir haben, als Freunde vorgeschlagen. Daher mein Tipp: unterschiedliche E-Mailadressen für den normalen Mailverkehr und für Netzwerke nutzen. Dann können die Netzwerke diese Beziehungen nicht so schnell “rausfinden”.

  5. Svenja Hofert 10. Mai 2011 at 11:49 - Antworten

    Super Hinweis, lieben Dank. SH

  6. […] von Yasnianerin Svenja Hofert. Frau Hofert ist Karriereberaterin und beschreibt in dem Artikel “Ich bin ein offenes Buch – Sie auch?” unter anderem die Vorzüge der Tagcloud in den Yasni-Exposés und den Suchergebnisseiten zu […]

  7. fschuetz 13. Mai 2011 at 12:02 - Antworten

    Habe ihren Beitrag eben in unserem Blog aufgegriffen:

    http://blog.yasni.de/business/personen-relevante-begriffe-und-offene-buecher/

    😉

  8. […] berichtet Wikipedia. In ihrem Karriereblog beschreibt Svenja Hofert letzte Woche in dem Post „Ich bin ein offenes Buch – Sie auch?“ die Vorzüge dieser – sagen wir einmal – Semantisierung des Menschen: „Das […]

Einen Kommentar verfassen