Es währte nur ein Semester. Unser Star für Oslo hat ihr Studium der Afrikanistik und Philosophie an der Uni Köln geschmissen.

Darf man das? Einfach so? Und die Zukunft? Weiß ja kein Mensch, ob der zweite Anlauf als Sängerin ein Erfolg sein wird. Siehe Blümchen. Die war zwar kein Star für Oslo, aber auch ein One-Hit-Wonder, das fortan und bis heute allerdings Zutritt zu gewissen Parties und damit Kreisen bekam und soviel ich weiß auch noch bisweilen in der Bunte zitiert wird. So kommt man immerhin an Sponsoren für seine Klamotten – wenn es wenig andere Einnahmen mehr gibt.

Nun zum ernsten Teil.

Für mich wirft dieser Studienabbruch drei Fragen von allgemeinem Karriere-Interesse auf.

1.)   Kann so etwas wie Afrikanistik und Philosophie zu irgendwas jenseits der Arbeitslosigkeit und prekären Jobs führen?

2.)   Was soll ein (potenzieller) Künstler studieren oder lernen?

3.)   Ist ein Studienabbruch legitim?

Zu 1.) Ja, es kann, aber bei den meisten, die sich für solche Orchideenfächer einschreiben, führt das Studienende zu Fragezeichen. Dann war man sich nicht klar darüber, dass man mit Interessenfächern ohne Strategie für den Berufseinstieg, Schwierigkeiten haben wird. Warum kriege ich bloß keinen Job, fragen sich viele überrascht – und ja mein Kollege Lars Hahn hat in NRW eine Lösung (durch Qualifizierung).

Sie sollten sich außerdem gut überlegen, was Sie auf Fragen wie “wie kommen Sie denn auf diese Kombination?” antworten. Mir erschließt sich die Verbindung von Philosophie und Afrikanistik hat hoc jedenfalls nicht. Gerade wer sich für bunte Studiensträuße entscheidet, sollte sich gut erklären können: gern auch auf Basis persönlichen Interessen, aber dann bitte nachvollziehbar erläutert. Ginge es Lena um die Brötchen in Notzeiten hätte ich ihr bei einer ehrlichen Leidenschaft für Afrikanistik als Kombifach etwas Wirtschaftswissenschaftliches empfohlen – aber vor allem richtig schlaue Praktika.

Zu 2.) Da Lena ja offensichtlich ein Künstlerleben anstrebt wäre eine andere, solidere Basis auch nicht schlecht gewesen. Der “Graf” der Musikgruppe Unheilig ist Hörgeräteakustiker, ein prima Exit-Job. Das wäre auch gleich eine Empfehlung: Am besten etwas mit nicht ganz so hohem Verfallsdatum, also eher keine aktuelle Technologie wählen.  In der IT darf man nicht 10 Jahre raus sein. Besser wäre was einigermaßen Haltbares: Lebensmittelchemiker, Tierärztin, Psychologie oder Pädagogik, vielleicht Agrarwissenschaften und zur Not auch BWL. Jura bei deutlichem Lernehrgeiz.  Jedenfalls etwas, in das man immer wieder einsteigen kann, wenn die Kunst nicht läuft. Auch Regie und Dramaturgie wären bei echter Leidenschaft vertretbar, um sich für ein Leben hinter der Kamera zu rüsten. Alles besser als…. nichts.

Nichts zu haben, kann zum Problem werden – siehe den traurigen Fall von unserer „Anna“ Silvia Seidel, die am Ende ihre Miete nicht mehr bezahlen konnte. Merke, wenn Du ein Künstlerleben anstrebst: Es ist quatsch, wenn dir jemand sagt, es geht im Leben nur ums Wollen und Können oder eins Davon. Es geht auch um  Glück. Und richtigen Erfolg haben nur die oberen 2-5% der Künstler. Der Rest krebst vor sich hin – und hat Schwierigkeiten mit 40 noch eine Lehrstelle zu finden.

Zu 3.) Eindeutig ja, je früher desto besser: Drei, vier kurze Studienetappen kann man im Lebenslauf super mit „verschiedene Studien zur Orientierung“ umschreiben. Aber klar: Je mehr Indifferenz diese Etappe ausstrahlt, desto verdächtiger macht man sich. Ganz wilde Kombis besser verschweigen. Ist man erst mal im vierten oder fünften Semester würde ich gut überlegen, ob ich die Sache – den Bachelor –  nicht doch durchziehe und anschließend etwas ganz anderes mache. Immerhin gibt es das Vordiplom ja nicht mehr, das früher auch noch half, wenn man es nicht ganz zuende geschafft hatte.

Als viel Erfolg Lena, bin gespannt, welche Fächer als nächstes kommen. Aber mach was.

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Über Svenja Hofert

Svenja Hofert verbindet unterschiedliche Welten und Positionen. Dabei entwickelt sie neue und eigene Blickwinkel auf Themen rund um Wirtschaft, Arbeitswelt und Psychologie. Sie ist vielfache Buchautorin und schreibt hier unregelmäßig seit 2006. In erster Linie ist sie Ausbilderin und Geschäftsführerin ihrer Teamworks GTQ GmbH. Interessieren Sie sich für Ausbildungen in Teamentwicklung, Agilem Coaching und Organisationsgestaltung besuchen Sie Teamworks. Möchten Sie Svenja Hofert als Keynote Sprecherin gewinnen, geht es hier zur Buchung.

4 Kommentare

  1. Huberta Weigl 9. August 2012 at 17:06 - Antworten

    Ein guter Artikel, vielen Dank!

    Ich habe Kunstgeschichte und BWL studiert, aber nicht als Kombination, sondern jeweils einzeln. Nach gut 12 Jahren Arbeit als Kunsthistorikerin (darunter viele Jahre an der Universität) bin ich nun als Schreibcoach tätig. Habe ich das jemals geahnt? Nein. 🙂

    Ich denke, es ist gut, einfach flexibel zu sein bzw. zu bleiben. Ich kenne Kunsthistorikerinnen bzw. Kunsthistoriker, die kennen nur eines: Die Uni! Sie spezialisieren sich immer mehr und mehr, werden dabei älter und sehen nichts als ihr Fach und ein (1) Standbein. Gleichzeitig klappt es nicht mit einer Berufung. Schwierig!

    Ich betreue sowohl in meiner “Schreibwerkstatt” als auch in Lehrveranstaltungen Studierende. Ich würde niemanden von einem “exotischen” Fach abraten, wenn dieses Fach der absolute Traum für diejenige bzw. denjenigen ist.
    Als ich meine Studien begonnen habe, hatte ich auch keine klare Vorstellung, was am Ende stehen würde. Und das finde ich gar nicht schlimm. Wer Philosophie studiert, sollte nur nicht damit rechnen, “Philosoph” zu werden. Sonst aber kann ein “Philosophie-Studium” die Basis für viele andere spannende Dinge sein.

    Ein “exotisches” Studium mit einem soliden zweiten Fach zu kombinieren, halte ich auch für sehr sinnvoll. Einerseits den Interessen nachgehen, andererseits auch an die Zukunft denken.

    Herzlichen Gruß, Huberta Weigl

  2. Lars Hahn 10. August 2012 at 11:44 - Antworten

    Danke für die Blumen, liebe Svenja. In der Tat haben wir bei uns gute Erfolge mit Absolventen der Geistes-, Sozialwissenschaften etc., die mit praxisorientierten Kurzqualifizierungen all das nachholen, was im Studium oftmals fehlt. Clou unseres Ansatzes ist allerdings ein Praxisprojekt in einem Unternehmen, das meistens die Türen öffnet.

    Ich selbst habe übrigens die sogenannten Erziehungswissenschaften studiert. Was das genau bedeutete, war mir zu Beginn meines Studiums nicht bewusst. Eigentlich wollte ich was mit Bildung studieren, aber das war grad nicht im Angebot. Nun ja: Das Studium enthielt viel Geisteswissenschaftliches, wenig Konkretes und schon gar keine Methoden der Praxis.

    Heute mache ich Bildungsmanagement – übrigens seit 15 Jahren. Das hat inhaltlich kaum etwas mit meinem Studium zu tun, jedoch glauben praktischerweise viele, dass ich das studiert hätte, was ich heute mache.

    Wichtigster Rat für Absolventen der nicht berufsqualifizierenden Studiengänge (also nicht Lehrer, Ärzte, Ingenieure): Erwerben Sie bereits im Studium wirkliche Praxiserfahrung in dem Feld, in dem Sie später hochwahrscheinlich arbeiten möchten.

    P.S.: Ich habe dann das Studium der Erziehungswissenschaften nach 14 Semestern und vielen Umwegen in die Praxis abgeschlossen, ausschließlich, damit ich einen Abschluss habe. Und das war richtig so!

  3. Jesper 23. Oktober 2013 at 15:13 - Antworten

    Geisteswissenschaftliche Studien führen – allen anderen Behauptungen zum Trotz – zu starken Problemen bei der Jobsuche. Viele Absolventen leiden darunter, nicht sagen zu können “Ich bin das und das und kann dies und jenes”. Stattdessen müssen sie sich Tätigkeitsbereiche förmlich ausdenken. In der Süddeutschen wurde neulich darauf hingewiesen, dass geisteswissenschaftliche Studien den “gender gap” manifestieren: 80% de Absolventen seien Frauen, die später nicht in einem relevanten Ausmaß zum Familieneinkommen beitragen können.
    Der Verweis auf Geisteswissenschaftler in der Wirtschaft ist zynisch: der Einstieg gelingt nur einem kleinen Teil der Absolventen. Wie schlecht es den anderen ergeht, zeigen Verbleibstudien der Universitäten. Eine Ausnahme, z.B. in den Sprachfächern und in Geschichte, bilden lediglich die Studenten mit dem Ziel “Lehramt”.
    Zwei Argumente machen besonders stutzig: 1. als Geisteswissenschaftler könne man sich in alles einarbeiten – kann man dann die meisten Berufsausbildungen in Handel, Technik, Finanzwesen etc. abschaffen, wenn doch Uni-Absolventen alles im Handumdrehen lernen? Ich glaube kaum. 2. Wirtschaftswissenschaftler sind viel zu pragmatisch und engstirnig und können nicht kommunizieren – was alles nicht stimmt – gleichzeitig aber sollen Geisteswissenschaftler gerade in der Wirtschaft arbeiten – also in den ach so verachteten Bereichen des Pragmatismus? Unlogisch. Mein Rat: Augen auf bei der Fächerwahl!

  4. Julia 22. Oktober 2016 at 22:38 - Antworten

    Hauptsache man macht das, was man am besten kann. Ich habe mit zwei Studiengängen angefangen und beide abgebrochen, im Endeffekt nur den dritten mit 35 Jahren absolviert. Ich habe lange nach meinenr Leidenschaft gesucht, obwohl alle meine Freunde schon mit 25 ihre beruflichen Karrieren machten. Ich habe eine Nische auf dem Markt gefunden und entwickele mein eigenes Geschäft 🙂 Man sollte nie aufgeben!!! sondern suchen, suchen, suchen!

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