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Studienorientierung mit Zukunfts-Blick: Such dir zwei Dreieck

Veröffentlicht: 1. September 2012Kategorien: Führung & Organisation
Wenn nicht Arzt, was dann? Ein Tool des Organisationspsychologen John L. Holland kann bei der Entscheidung helfen. Das Modell trägt den schönen Namen RIASEC und stammt aus dem geschichtsträchtigen Jahr 1977 (Jimmy Carter, Schleyer/RAF und Dancing Queen von Abba). Bei so betagten Tools frage ich mich immer, inwiefern sie heute noch gültig sind. Doch RIASEC ist als Entscheidungsgrundlage immer noch geeignet. Der entscheidende Unterschied: Während es früher einen Eingangsbereich gab, in dem man startete und blieb, gibt es heute oft zwei.

RIASEC unterscheidet verschiedene Typen:

  • Realistic
  • Investigative
  • Artistic
  • Social
  • Enterprising
  • Conventional

Nur sollte man nicht mehr nur an einesm sondern gleich an zwei Dreiecke für den Einstieg in die Arbeitswelt denken. Das macht möglich, was früher undenkbar war: Der Medizintechniker (realistic, praktisch-mechanisch) wird durch die Kombination mit einem Aufbaustudium  3D-Visualisierung „künstlerisch“. Einige der modernen Studiengänge verbinden von vornherein z.B. forschende mit praktischen Interessen. Zu nennen wäre die Bionik und auch Biotechnologie. Alles ist zu fast allen Seiten offen;  das Interessante ist mehr oder mehr die Kombi aus A und B und vielleicht noch C, wie etwa schon in meinem Beitrag über den Meister in Serie bzw. die Mosaikkarriere beschrieben.

Was bedeutet das für den Berufseinstieg? Definieren Sie das für Sie am meisten passende Dreieeck. Je schwächer dies in seiner berufsqualifizierenden Wirkung ist, desto eher nehmen Sie sich ein Fach, einen Master oder Weiterbildung aus einem zweiten Dreieck dazu. Beispiel: Kunst (artificial) und Kulturmanagement (Enterprising).

Modell von Holland mit Ergänzungen

Entscheiden Sie sich ein Fach, das Sie zu mehr als 75% interessiert (alles andere ist verschwendete Zeit, aber 100% kann man auch nicht erwarten), aber immer mit Blick auf die Anforderungen und Herausforderungen, die sich in diesen Bereichen in Zukunft ergeben.

  • Realistic – Praktisch: Die frühere Auffächerung in „mechanisch“ und „technisch“ gibt es kaum noch. Ein Mechaniker ist oft auch ein Techniker. Wenn Sie sich ansehen, was ein KFZ-Mechaniker heute macht, so hat das nichts mit dem zu tun, was er vor 20 Jahren lernte. Spezialisierung ist absolut notwendig. Sogar Installateure (“Ich bin Klempner von Beruf”) sind heute Spezialisten, zum Beispiel für Rohrreinigung.
  • Investigative – Forschend: Die Themen Praxistransfer und Wissensvermittlung werden immer wichtiger.  Forschung steht nicht mehr für sich da, sondern hat immer auch eine unternehmerische Komponente, will sie im Wettkampf der Unis um Anerkennung bestehen. Wer hier seinen Schwerpunkt hat, muss an eine Promotion denken, auch wenn er/sie in Unternehmen möchte (und nebenbei nicht vergessen, dass diese einen Master erfordert und damit entsprechende Noten im Bachelor). Sonst landet man (oft) unbeabsichtigt im Vertrieb,.
  • Artistic – Künstlerisch: geht kaum noch ohne Technik. Jeder Designer muss auch Softwareprogramme beherrschen und sich  immer wieder auf den aktuellen Stand bringen. Die Trennung von Design und Technik, die es teilweise noch gibt, macht langfristig keinen Sinn mehr. Spezialisierung ist notwendig, Alleskönner haben ein Problem. Selbst der Friseur (liegt zwischen realistic und artistic) kann kaum noch ohne Spezialisierung,auskommen zum Beispiel auf Föhnfrisuren.
  • Social – sozial: Auch hier ist eine Spezialisierung notwendig, um sich langfristig so zu entwickeln, dass Gehälter nicht stagnieren, z.B. auf Sprachförderung in der Elementarpädagogik. Es bleiben aber, anders als in anderen Bereichen teils Generalisten gefragt.
  • Enterprising – unternehmerisch: Diese Woche gab es eine Studie, wonach immer mehr junge Menschen gründen wollen, viele auch mit Social Business. Unternehmerisches Denken ist die Grundmotivation für die Wahl eines Faches wie BWL und Jura. Aber nicht mehr nur: Das Neue ist, dass auch aus allen anderen Bereichen, außer Conventional, Gründen kommen können.
  • Conventional – Konventionell: Das war früher der Andockbereich für alle, die nett gesprochen eine hohe „Freizeitorientierung“ haben. Das trifft auf einige Lehrer zu, die besser „social“ motiviert wären und auf viele, die den Weg in die Verwaltung suchen. Doch auch hier wird kräftig optimiert, so dass die besten Chancen auf „Ruhe“ eigentlich nur noch Spezialisten haben (und nein, ich meine keine Experten).

Beispiele wie und wo sich Bereiche von vorneherein überschneiden

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Über Svenja Hofert

Svenja Hofert ist vielfache Bestsellerautorin, die sich im deutschsprachigen Raum über mehr als ein Vierteljahrhundert ein hohes Renommee als Vordenkerin für das Thema Zukunft von Arbeit und Führung erworben hat. Ihr Motto "Zukunft der Arbeit mit Sinn und Verstand". Dieses Blog besteht seit 2006 und wird nur noch gelegentlich gepflegt. Folgen Sie der Autorin, indem Sie Ihren kostenlosen Newsletter Weiterdenken  abonnieren. Auf  Linkedin können Sie der Autorin ebenso folgen und erhalten 14tätig die Weiterdenken Essentials.

3 Kommentare

  1. jo diercks 1. September 2012 at 19:19 - Antworten

    An der HAW Hamburg ist ein RIASEC Test von CYQUEST im Einsatz. Siehe http://www.studienwahl-navigator.de. LG J. Diercks

  2. […] Wie das betagte RIASEC-Modell von Holland mit Blick auf Future of Work funktioniert.  […]

  3. Philip Ölkers 29. Dezember 2019 at 15:40 - Antworten

    Hallo,

    ich bin gerade am Lernen für meine erste Klausur in der Uni und habe mich sehr über den ausführlichen Beitrag gefreut. Ein ebenfalls sehr interessantes Video habe ich hier gefunden: http://bit.ly/2QyIYtk 🙂

    Liebe Grüße,
    Philip

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