TeamworkerStellen Sie sich vor, Sie müssten 30 Bewerbungen sichten. Sie haben nicht viel Zeit, 30-60 Sekunden. Sie scannen die Unterlagen, hier und da bleiben Sie hängen. Da ist jemand, der schreibt sehr lebendig, dynamisch, blumig und selbstbewusst. Er strahlt Energie aus, ein echter Kundenfänger, so scheint es. Das Foto und das schicke Layout unterstreichen das Dynamische. Wow, denken Sie, den brauchen wir. Die perfekte Bewerbung. Sie ist wie ein Pfauenschwanz: Schön, bunt und breit aufgefächert.

Nun kommt der Mann und ist still, zurückhaltend, sachlich, distanziert und konservativ. Seine Rede ist normal. Sie sind enttäuscht. Zu Recht. Nun heißt das nicht, dass der Bewerber schlecht ist. Er ist bloß nicht der Typ, den sie erwartet haben. Und das war jetzt wirklich nicht Ihr Fehler.

Ich frage den Mann, wie diese Bewerbung entstehen konnte. Er selbst kann gar nicht blumig schreiben. Deshalb hat er es machen lassen. “Wird schon richtig sein, die müssen doch ihr Fach verstehen,” denkt er (weil er verträglich und nicht misstrauisch ist). Text vom Texter, Design vom Designer. Gut Ding sollen Profis machen. Das Ergebnis? Schlechte Einladungsquote, 15 Vorstellungsgespräche ohne Angebot.

Haben Sie mal in Gesichter von Menschen geschaut, die sich Ihre Nase richten ließen? Sie haben dauernd das Gefühl, da stimmt was nicht. Es sieht gut aus, aber es ist nicht stimmig. Das gehört nicht zu dem oder der. Das IST der nicht. Der Funke springt nicht über.

Liebe Leser, Sie dürfen jetzt wieder Bewerber sein und aus der Personalerperspektive schlüpfen. ich rate Ihnen: tun Sie das nicht. Lassen Sie Ihre Bewerbung nicht von jemanden texten oder designen, der sich nicht in Sie hineindenken kann. Es kann keine vernünftige inhaltliche Bewerbungsoptimierung geben ohne vorherige Beratung. Es ist teuer und kontraproduktiv einen Werbeheini zu beauftragen, der Ihnen eine Persönlichkeit aufstülpt, die nur mit ihm selbst, aber nichts mit Ihnen zu tun hat.

Die richtige Reihenfolge in einer effektiven Bewerbungsberatung ist die:

  • Was ist Ihr Ziel? (der Berater kann es eingrenzen helfen)
  • Wie kommen Sie hin? (der Berater kennt Wege)
  • Was sind Ihre persönlichen, fachlichen, Erfahrungsspezifischen und methodischen Argumente? (dazu muss der Berater vertieftes und aktuelles Arbeitsmarktwissen haben)
  • Wie setzen Sie diese so in Text und Layout um, dass man genau so jemand wie Sie auch erwartet, wenn Sie im Vorstellungsgespräch sitzen? (dazu muss der Berater NICHT texten können, aber Sprachgefühl besitzen)

Ich habe tabula rasa gemacht. Bewerbung neu, den Texter-Schmu gestrichen, radikal vereinfacht, Selbstschreiben verordnet – ich schau dann drüber.

Jetzt konzentrieren wir uns auf das Wesentliche: den authentischen Ausdruck im Vorstellungsgespräch.

Hierzu passt unser Beratungsprogramm Bewerbungs-Fit. Die Selbstlernlösung Bewerbungstraining finden Sie hier.

 

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Über Svenja Hofert

Svenja Hofert ist vielfache Bestsellerautorin, die sich im deutschsprachigen Raum über mehr als ein Vierteljahrhundert ein hohes Renommee als Vordenkerin für das Thema Zukunft von Arbeit und Führung erworben hat. Ihr Motto "Zukunft der Arbeit mit Sinn und Verstand". Dieses Blog besteht seit 2006 und wird nur noch gelegentlich gepflegt. Folgen Sie der Autorin, indem Sie Ihren kostenlosen Newsletter Weiterdenken  abonnieren. Auf  Linkedin können Sie der Autorin ebenso folgen und erhalten 14tätig die Weiterdenken Essentials.

9 Kommentare

  1. Gabriele Trachsel 7. August 2013 at 17:44 - Antworten

    Wahre Worte! Danke Frau Hofert. Es fällt vielen Menschen nicht so leicht Bewerbungsunterlagen zu erstellen. Wenn aber erst ein mal klar ist, welche Branchen überhaupt in Frage kommen und der Bewerber sich dann mit den in Frage kommenden Unternehmen auseinandersetzt, dann entstehen interessante Unterlagen, die auch zum Vorstellungsgespräch führen. Das macht Arbeit und setzt Fleiß voraus, der sich aber dann für beide Seiten, Unternehmen und Bewerber, lohnt.

  2. […] Hofert hat diese Woche über einen sehr interessanten Fall aus Ihrer Coaching-Praxis berichtet: Ein Bewerber, der eine zu schöne Bewerbung verschickte, eine bei der Personaler automatisch […]

  3. Barbara 8. August 2013 at 23:44 - Antworten

    Guten Abend,

    ich musste selber sehr lange in dem Bereich arbeiten und habe noch eine zusätzliche Erfahrung machen dürfen: Bewerber, die sehr kreativ wurden, sind aufgefallen, zeigten Motivation und Selbstbewusstsein und wollten quasi eine Art Geschäftsidee verkaufen.
    Das angesprochene Malheur bzgl. der Enttäuschung ist zumeist nur relativ. Ich durfte die Erfahrung machen, dass der eine oder andere mit Profis hantierte, aber der Wille recht groß war.
    Kleiner Tipp an alle Bewerber: Zeigt Mut und Stärke – und vor allem: Lasst euch was einfallen!
    In den USA gab es mal ein Plakatwerbung, auf der der Bewerber sich präsentierte und nach einem Job suchte. Ergo: Job bekommen, 500 US-Dollar ausgegeben – und eine wirklich klasse Idee.
    Lange Rede kurzer Sinn: Schöne Grüße aus Cuxhaven!

  4. Gustav 11. August 2013 at 18:25 - Antworten

    Sehr geehrte Frau Hofert,

    Sie beschreiben die Probleme des Personalmanagements sehr einfach und deutlich. Ich gebe Ihnen vollkommen Recht, dass ein Bewerber seine Bewerbung authentisch schreiben sollte. Die Damen und Herren aus dem Recruiting haben das Gespür dafür, wann eine Bewerbung “ehrlich” ist oder “gekünzelt” wirkt!
    Tolles Beitrag!
    Gruß
    Gustav

  5. […] Tun Sie das nicht”, schreibt Karriereberaterin und KarriereSPIEGEL-Kolumnistin Svenja Hofert in ihrem Blog. “Es ist teuer und kontraproduktiv, einen Werbeheini zu beauftragen, der Ihnen eine […]

  6. Tim Windhof 29. November 2013 at 1:45 - Antworten

    Umfasst eine derartige Beratung auch die Handhabung mit Applicant Tracking Systemen?

    Den meisten Bewerber ist meines Kenntnisstandes z.B. nicht bewusst, dass z.B. eine Tabellenformatierung in Word oder “falsche” Schriftart schon dazu führen kann, dass die Bewerbung von der filternden Software nicht gelesen werden kann und folglich gar nicht erst ein menschliches Auge erreicht.

  7. Christopher 25. Mai 2014 at 15:26 - Antworten

    Ich bin auch der Meinung, dass eine Bewerbung sowohl optisch, als auch inhaltlich authentisch sein sollte. Ich denke man kann sich gerne von einem Grafiker beraten lassen, um grobe Schnitzer im Layout zu vermeiden. Auch Layout-Vorlagen können meiner Meinung nach eine hilfreiche Basis sein. Das Endergebnis sollte aber immer eine individuelle Bewerbung sein, welche Profil und Persönlichkeit des Bewerbers authentisch wiederspiegelt.

  8. Iryna 6. Juli 2016 at 19:24 - Antworten

    Guten Tag Frau Hofert,

    man kann Ihrem Beitrag nur zustimmen. Bewerber haben es zwar schwer aber die Personalverantwortlichen haben es auch nicht sehr einfach. Einen neuen Mitarbeiter einzustellen ist für ein Unternehmen sehr kostenintensiv. Dabei stehen sie oft unter Druck und dürfen sich nur wenige Fehler erlauben. Mit Authentizität sowohl in der Bewerbung als auch im Vorstellungsgespräch helfen die Bewerber den Personalern die richtige Entscheidung zu treffen. Das ist für beide Seiten die beste Lösung. Super Beitrag !

    Beste Grüße
    Iryna

  9. Michael Schneider 10. Dezember 2016 at 10:39 - Antworten

    Hallo Frau Hofert
    ich bin ganz Ihrer Meinung, ein Bewerbungsschreiben soll so authentisch wie nur möglich sein, denn daran misst ja ein(e) PersonalberaterIn auch das Wesen eines möglichen Kandidaten und entscheidet dann über ein erstes Gespräch oder eben nicht.
    Papier nimmt natürlich alle “Schmeicheleien” und gute Verkäufer gibt es viele. Wenn dann allerdings die Eindrücke von Bewerbungsschreiben und erstem Gespräch nicht übereinstimmen, ist meist auch die Enttäuschung für den Personaler gross.

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