Hätte ein Michael Michalsky, Top-Designer bei Adidas, jetzt mit eigener Marke auf dem Weg der deutsche Marc Jacobs zu werden, guter Kumpel von Karl Lagerfeld; hätte ein solcher Typ in einer Großstadt aufwachsen können? Sowohl Michalsky als auch Lagerfeld kommen aus Käffern: Michalsky aus Rümpel bei Bad Oldesloe in Schleswig-Holstein, Lagerfeld aus Bad Bramfeld bei Hamburg. Beide wohl keine voll integrierten Lehrer- und Klassenlieblinge in ihrer Schule. Michalsky beschäftigte sich laut eigener Aussage bei das! stundenlang mit seiner Frisur, bevor er in die Schule ging, weshalb er dann unter Zeitdruck stand und immer zum Unterrricht trampen musste. Das deutet auf eine klare Prioritätensetzung Richtung Outfit und den zur Schau getragenen Wunsch nach Anderssein. Könnte ein Ausnahmetalent also jemals jemand sein, der Lieblingsschüler ist und ein unkomplizierter Mitschwimmer in der Klasse? Eher nicht.

Immer, wenn ich mir den Werdegang überdurchschnittlich erfolgreicher Menschen anschaue, und damit meine ich Künstler, Mediengrößen und Unternehmer, eher keine Manager, stoße ich auf dasselbe Phänomen: Da sitzt mindestens eine Macke in einem meist eigenwilligem Kopf. Ich würde sogar die Politiker in diese Gruppe zählen, denn der Narzissmuss ist bei ihnen überwiegend ausgeprägter – ein gemeinsames Merkmal von Merkel und Michalsky, so schräg es klingen mag. Beide wollen was Besonderes, was Großes sein und tun, nur auf ganz verschiedenen Ebenen.

Viele Macken, ob von Künstlern oder Politikern, entstehen in der Kindheit. Der Linken-Politiker Bodo Ramelow packte gerade im Stern aus, dass er in der Schule als Legastheniker ausgelacht wurde, was ihn innerlich und äußerlich erkalten ließ; das Muster zeigt sich heute noch immer, wenn man ihn angreift.  Fehlende elterliche Liebe, mangelnde Anerkennung zuhause kann auch in die Suche nach Bestätigung von außen leiten. Erfolgreiche Querköpfe und andere Machtmenschen sind so öfter mal frühere Außenseiter.

Die Ablehnung der anderen kann dann zur Motivation, zum entscheidenden Anschub werden, einen bestimmten Berufsweg einzuschlagen. „Erst wenn ich anders bin (denke, handle), bin ich wer“, ist manchmal nicht nur ein tief verwurzelter Glaubenssatz, sondern auch ein Erfolgskonzept. Man sucht sich Bezugsgruppen, die dieses Anderssein verkörpern. Kleine Gruppen, denn diese erhöhen das Zugehörigkeitsgefühl: Modedesigner etwa. In wenigen anderen Bezugsgruppen ist zudem homosexuelle Identität stärker verankert und anerkannt. Auch solche Dinge schwingen mit bei der Berufswahl. Und hier gibt es dann wieder einen deutlichen Unterschied zwischen Politik und Kunst. Ein anderer: Politik erfordert kein besonderes, außer dem Redetalent.

Für Talent kann man sich entscheiden. Es ist nicht mehr als das Commitment, sich mit etwas sehr intensiv und leidenschaftlich zu beschäftigen. Den ersten Impuls gibt meist ein Vorbild: Michalsky hat, als es in Richtung Berufswahl ging, einen Bericht über Karl Lagerfeld im Fernsehen gesehen, der damals noch bei Chloe war, und entschied sich, auch so etwas machen zu wollen. Von da an konzentrierte er sich auf dieses Ziel.

Und er beschäftigte sich intensiv genug damit, um die richtigen Entscheidungen zu treffen. Er studierte nicht etwa Textiltechnik in Mönchengladbach, sondern ging gleich an das London College of Fashion. Internationalität ist eindeutig von Vorteil, wenn man mal ganz groß werden will. Das hat nicht nur mit der Schule zu tun, sondern mit etwas viel Wichtigerem: Den richtigen Leuten. Wie sonst wird man Kumpel von Lagerfeld (auch wenn Rümpel und Bad Bramstedt sehr verbinden können, aber erst NACHDEM man sich anderswo kennengelernt hat)?

Es sind letztendlich vor allem vier Faktoren, die Voraussetzungen für ganz großen Erfolg sind. Wenn Sie sich jetzt gerade beruflich orientieren, prüfen Sie diese einmal für sich selbst:

  1. eine eigenwillige Persönlichkeit, die sich abgrenzt vom Mainstream,
  2. ein klares Ziel: beim Finden hilft es, sich an Vorbildern zu orientieren,
  3. die Entscheidung, sich mit etwas sehr intensiv zu beschäftigen,
  4. die richtigen Leute, die man nun mal nur in den richtigen Akademien und in den richtigen Firmen und auf den passenden Hierarchieebenen trifft.

Sicher kommt dann auch noch etwas Glück dazu, denn es gibt viele kleine Michalskys, die vielleicht sogar begabter sind, aber weniger glückliche Zusammentreffen mit entscheidenden Persönlichkeiten hatten. Die arbeiten jetzt für 2.000 Euro Bruttogehalt bei irgendeibem Ausbeuter oder in zweiter und dritter Reihe.

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Über Svenja Hofert

Svenja Hofert verbindet unterschiedliche Welten und Positionen. Dabei entwickelt sie neue und eigene Blickwinkel auf Themen rund um Wirtschaft, Arbeitswelt und Psychologie. Sie ist vielfache Buchautorin und schreibt hier unregelmäßig seit 2006. In erster Linie ist sie Ausbilderin und Geschäftsführerin ihrer Teamworks GTQ GmbH. Interessieren Sie sich für Ausbildungen in Teamentwicklung, Agilem Coaching und Organisationsgestaltung besuchen Sie Teamworks. Möchten Sie Svenja Hofert als Keynote Sprecherin gewinnen, geht es hier zur Buchung.

One Comment

  1. Lars Lorber 23. Juli 2012 at 9:33 - Antworten

    Sehr interessant. Gerade in der Kunst- und Medienwelt braucht es diese Andersartigkeit, das Herausragen aus der Masse, um aufzufallen. Deshalb sind die dort Erfolgreichen oft ungewöhnliche Menschen, man nehme nur Stefan Raab oder Thomas Gottschalk.

    Man darf aber nicht vergessen, dass dazu auch immer viel Arbeit notwendig ist, um diese Bekanntheit zu erreichen. Zufälligerweise habe ich mich gerade gestern mit den 8 Regeln des Erfolges beschäftigt: http://bit.ly/MioU5L
    . In Interviews mit 500 erfolgreichen Menschen wurde festgestellt, das unter anderem Leidenschaft, harte Arbeit und Exzellenz in dem was man tut unabdinglich für den Erfolg sind. Da würden sicher auch Michalsky und Lagerfeld zustimmen 😉

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