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5 Leistungsträger, die Firmen brauchen, aber nicht so gerne einstellen

Veröffentlicht: 27. November 2013Kategorien: Human Ressources

Sie sind drei Mal so schnell wie andere, fünf mal so still oder doppelt schlau? Lassen Sie es sich besser nicht anmerken, sonst kommen die Abteilungs-Hündchen und beißen sie weg. Das ist sogar verständlich, wenn man aus der Team- und Chef-Perspektive auf Sie sieht: Sie stören das Gefüge. Heute schaue ich mir Leistungsträger an, die die Unternehmen im Zeichen und in Zeiten der Zukunft der Arbeit wirklich weiter bringen könnten. Die aber trotzdem oft keiner haben will.

1. Der schnell-dynamische Leistungsträger

Er kommt rein, sieht und schafft weg. Hier ist die Arbeit, das ist sein Vergnügen. Leider sitzen in der Abteilung lauter Menschen, die ein wesentlich gemächlicheres Tempo haben. Und den schnell-dynamischen Typ sukzessive rausekeln, selbstverständlich ohne das selbst so zu sehen. Der Schnelle kann das alles nicht verstehen. Geht ja um die Arbeit. Hach ja: Menschen mögen lieber andere Menschen, die sie „groß“ aussehen lassen, das hebt das Selbstbewusstsein, denken Sie an meinen John-Lennon-Vergleich hier. Jemand, der schneller ist, senkt den Selbstwert. Andrerseits ist es nicht so gut für die Firmen, denn das dynamische Tempo des Schnellen steckt an. Er bringt frischen Wind und neuen Leistungsehrgeiz. Im Grunde der perfekte Wegputzer und wenn er nicht so sehr Konkurrenz wäre, dann könnte er auch Vorbild sein. Aber wenn selbst der Chef in seinem Schatten plötzlich wie eine lahme Ente wirkt… . Nur Souveräne können dazu sagen “wow, das ist ein Schneller. Macht ja nichts, dass die anderen dieses Tempo nicht haben.” Jobsuche-Tipp für Schnelle: Finger weg von alteingesessenen Branchen, die sich Jahre nicht wesentlich ändern mussten. Fragen Sie nach der durchschnittlichen Zugehörigkeit und werden Sie hellhörig, wenn Sie „langjährig“ und “niedrige Fluktuation” hören. Suchen Sie Richtung “Machtkarriere“, “Leistungskarriere” oder Expertenkarriere in meinen Karrieresystemen nach Spiral Dynamics.

2. Der kreative Leistungsträger

Die hohe Kunst der Kreativität ist konvergentes Denken, die noch höhere Entwicklungsstufe Querdenken, im Grunde nur möglich, wenn man über genügend Wissen verfügt, dass man durchwirbeln und neu ordnen kann. Theoretisch will jedes Unternehmen Querdenker. In der Praxis sind Kreative, und ich meine damit nicht notwendigerweise Designer und Texter, sondern auch Betriebswirte und alle anderen mit konvergenten Denkstrukturen, reichlich unbequem. Denn  Kreative haben maximalen Spaß bei maximaler Veränderung. Und Veränderung geht gar nicht bei Leuten, die es sich gemütlich eingerichtet haben. Warum gebraucht: Innovation funktioniert nur, wenn einige Leute das „Heute“ und “Morgen” neu denken und sich dabei nicht nur an vergangener Best Practice orientieren, denn das kann jeder. Ideen entwickeln dagegen braucht eine bestimmte Persönlichkeit, die mindestens vier Eigenschaften mitbringen muss: Know-how, Selbstbewusstsein, Widerstandskraft und eigenen Willen. Jobsuche-Tipp: Seien Sie gehörig misstrauisch, wenn Firmen Ihnen vorgaukeln, sie suchten jemand Kreatives. Befragen Sie das Unternehmen, was genau es sich vorstellt. Hören Sie heraus, wenn man Kreativität möchte, aber keinem wehtun will, denken Sie an meine Worte: Innovation braucht radikale Schnitte, und radikale Schnitte bedeuten Veränderung. Alles andere ist wie Haare schneiden ohne Schere.

3. Der intelligente Überflieger

Was macht erfolgreich? Intelligenz steht bei den Forschern hoch im Kurs. Wenn ich so um mich schaue, frage ich mich, woher die Zahlen kommen. Dann vermute ich, dass man eigentlich mal untersuchen müsste, welche Persönlichkeitseigenschaft in Unternehmen erfolgreiche Intelligente NOCH haben, denn Schlauheit allein reicht definitiv nicht. Meine Hypothese wäre: Anpassungsfähigkeit, also hohe Verträglichkeit.  Nur-Schlaue sind im Firmen-Soziogramm so unbeliebt wie die Streber damals in der Schule. Warum gebraucht: Unstrittig ist, dass eine gewisse Fähigkeit, breit, tief und vernetzt zu denken (was sich im IQ niederschlägt), wichtig ist. Etwa, um wirklich gute unternehmerische Entscheidungen zu treffen.  Die sind in einer globalen Welt mit dichtmaschiger Konkurrenz noch mal so wichtig.

Jobsuche-Tipp: Gegebenenfalls Intelligenz anderweitig nutzen, etwa zum Gründen eines Unternehmens. Und/oder warten, bis Unternehmen auf den Trichter kommen und sich so lange dümmer stellen. Überlegen Sie mal, wenn bei Nokia zum richtigen Zeitpunkt jemand anderes gesessen hätte… ! Oder wie gut es vermutlich für die Telekom war, dass Herr Obermann zu den (mutmaßlich) schlaueren Weichenstellern gehörte. Und jetzt kommt die Krux der Personalauswahl: auch ohne Uni-Diplom, der Mann ist kein Akademiker. Heute hätte man ihn nicht mehr durchgelassen…

4. Der introvertierte Leistungsträger

Introvertierte Leistungsträger haben ein Problem, vor allem, wenn sie außerdem noch mindestens mittel schlau sind: Sie strahlen nicht. Man sieht ihnen nicht an, was sie können. Sie sehen auch nicht unbedingt schlau aus, weil IQ und Schönheit rein gar nicht in Beziehung stehen, nicht mal IQ und Geschmack. Außerdem haben sie nur eine geringe Neigung über sich und ihre Errungenschaften zu reden. Jobsuche-Tipp: Für mich ist die zentrale Frage, was jemand möchte. Wenn er z.B. gern mehr und besser reden lernen möchte, um seine Ideen zu vertreten, so kann man daran arbeiten. Der beste Tipp ist hier: nicht unterkriegen lassen. Und ein Unternehmen suchen, dass Introvertierte bewusst fördert.

5. Der Asperger-Leistungsträger

Der extrovertierte “Wahnsinn” ist im Unternehmen schon lange verbreitet: Sozialisierte Psychopathen landen leicht im Management, auch Narzissten. Mit ihrem Halo-Effekt überstrahlen sie zur Not fehlende Kompetenz. Das ist nichts Neues.  Gerade in großen Unternehmen werden etwa in Traineeprogrammen gern “mittlere” Persönlichkeiten gefördert,  eher extrovertierte und höher gewissenhafte nach Big Five. Das ist gut – allerdings auch nur für Mittelmaß. Kein Genie hat durchschnittliche Testwerte, es finden sich regelmäßig Übertreibungen, z.B. bei Verträglichkeit (niedrig = Durchsetzer, im Extrem auch Psychopath) und Extraversion (sehr hoch oder sehr niedrig). Sehr, sehr niedrige Introversion = korreliert mit Asperger. Die Zukunft der Arbeit, die hochtechnisierte Welt, braucht nun aber plötzlich einen ganz anderen Typ, einen der im Firmen-Soziogramm eben nicht automatisch auf der Seite “beliebt” landet, sondern möglicherweise im Quadranten “unauffällig” oder gar “unbeliebt”. Solche extrem„stillen Wasser“ werden stark unterschätzt. Sie arbeiten derzeit in der Buchhaltung oder anderen rückgezogenen Bereichen und sie ecken oft an. Gottseidank wird seit einigen Jahren Asperger früher entdeckt, was für die Menschen, so nehme ich es wahr, ein Geschenk ist – das Anderssein hat einen Namen. Endlich entdecken Firmen wie SAP den ökonomischen Nutzen dieser Menschen. Jobsuche-Tipp: Derzeit sind die Firmen noch nicht soweit, mit Botschaften in Bewerbungen wie “Asperger” oder “ich bin sehr still und denke intensiv nach” umzugehen (wohingegen man in unserer Extrokultur gut “als kontaktfreudiger Mensch fällt es mir leicht….” schreiben kann). Aber es gibt Zeichen: So las ich neulich von einer skandinavischen Personalvermittlung für Asperger-Bewerber. Konkrete Adressen und Tipps gern hier posten!

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Über Svenja Hofert

Svenja Hofert verbindet unterschiedliche Welten und Positionen. Dabei entwickelt sie neue und eigene Blickwinkel auf Themen rund um Wirtschaft, Arbeitswelt und Psychologie. Sie ist vielfache Buchautorin und schreibt hier unregelmäßig seit 2006. In erster Linie ist sie Ausbilderin und Geschäftsführerin ihrer Teamworks GTQ GmbH. Interessieren Sie sich für Ausbildungen in Teamentwicklung, Agilem Coaching und Organisationsgestaltung besuchen Sie Teamworks. Möchten Sie Svenja Hofert als Keynote Sprecherin gewinnen, geht es hier zur Buchung.

3 Kommentare

  1. […] Sie sind drei Mal so schnell wie andere, fünf mal so still oder doppelt schlau? Lassen Sie es sich besser nicht anmerken, sonst kommen die Abt  […]

  2. […] Ich teile nicht Ottes in dem Artikel geäußerte Meinung, dass so etwas Personalern schlecht ankommt, ich glaube eher, dass Stromlinienförmigkeit leider häufig gesucht ist, auch wenn viele Unternehmen besser nach individuellen Köpfen Ausschau halten sollten, wie es Svenja Hofert kürzlich so treffend beschrieben hat. […]

  3. […] an dieser Stelle Beispiele aus der Geschichte aufführen, aber ich möchte hier lieber auf einen Blogpost von Svenja Hofert verweisen, der deutlich macht, wie wichtig auch die anstrengenden, unbeliebten Querköpfe für den […]

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