Kategorien
Hasenfüsslein und Zuckerschnute: Gefährliche Spuren in Internet und Bewerbung
Hasenfüsslein gibt es wirklich. Der Realname lässt sich googeln und steht direkt in Klammern hinter der Mailadresse. Ich hab den Namen jetzt geändert, um die entsprechende Person zu schützen. Auch andere dubiose Adressen sind keineswegs frei erfunden, auch wenn ich sie hier nur (re-) konstruiere.
Peggy906892@gmx.de: Ein Schelm, wer dabei an weibliche Modelmaße denkt. Oder Zuckerschnute Bea12345@web.de? Sehr beliebt bei Frauen, schrieb Ulrike Scheld bei Facebook.
Meist verbergen sich hinter Adressen dieser Art normale Ahnungslose, die die Adresse entweder einfach zugeteilt bekamen (weil es halt schon 300 andere Peggys gab) oder ganz normale Gedankenlose, die die Nummer mit der Nummer für höchstindividuell halten. Zum Beispiel weil die Mailadresse an ihr Geburtsdatum, das erste Date oder ein Eneagramm erinnern soll.
Dass ein Kosename oder eine Namen-Zahlen-Kombi indirekt sogar Arbeitslosigkeit nach sich ziehen kann, zeigt ein aktueller Fall, über den die Chemnitzer Neue Presse berichtet. Der Redakteur hatte mir – mit Einverständnis der Person – eine Original-Bewerbung einer jungen Dame geschickt, die auf ihre E-Mail-Bewerbungen durchweg keine Antworten bekommen hatte. Ich sollte die Bewerbung und damit die Ursachen des Misserfolgs analysieren und kommentieren. „Peggy Müller“, so der Tarnname hatte nicht nur eine Zahlenkombi-Mailadresse, sondern lag auch sonst voll daneben. Bezeichnenderweise hatte sie ihre Bewerbung „Experten gezeigt“, die die seltsame E-Mail offenbar voll gut fanden.
Ich habe solche E-Mail-Adressen schon bei Coachs und Angestellten gesehen, bei jungen und älteren Personen, allerdings mehr Frauen als Männern. Herren neigen im Zweifel zu sachlicheren Varianten wie GuenterKSchmidt@ oder SchmidGuenterK, was ehrlich gesagt cleverer ist.
Es besteht wenig Problembewusstsein. Mitunter hält man mich für spießig, wenn ich am bienchen@t-online.de rummeckere. Das könne es doch nicht sein! Diese ganzen Fehlschläge nur wegen einer Mailadresse!
„Was ist denn falsch an so einer E-Mail?“
Versetzen Sie sich doch einfach mal in jemand, der 100 Mails am Tag bekommt. 80-90% davon sind trotz Spamfilter einfach nur ZEITKILLER und deshalb ÄRGERNISSE. Ich drücke täglich Dutzende Male auf „Blockieren“ bei Mails, die angeblich von Paypal, Kreditkarteninstituten, SEO-Heinis, Bloggastbeitragsanschleimern und irgendwelchen Typen kommen, die mich einfach mal eben duzen. Und dann kommen die mit den seltsamen Mails dazu. Jede Susi1993 und jeder Hansundfranz, der mir zip-Dateien sendet, landet unbesehen im Spamordner. Klick.
Sie glauben doch nicht, dass das bei Personalern anders ist? Wenn der meist feinere Firmenspamfilter (im Vergleich zu meinem Outlook-Standard) solche Mails überhaupt durchlässt, so werden sie nicht angesehen, nicht ernst genommen und…. . Ich will keine Zuckerschnute als Filialleiterin, es sei denn für ein Etablissement auf der Reeperbahn!
Seit 15 Jahren sage ich bezogen auf Online-Bewerbungen mehr oder weniger dasselbe, habe mich in Interviews 100te Mal wiederholt und bin dieser Geschichte einigermaßen müde. Ich würde die Aufklärung gern delegieren, etwa an Lehrer. Aber was veranstalten die denn da?
Ich habe einen Lehrer meines Sohnes gegoogelt. Die Kinder hatten seinen Alias längst identifiziert, er nannte sich Helga und dann eine Nummer. Unter diesem Namen postete er fröhlich Fotos, die nicht geeignet sind, Respekt aufrecht zu erhalten. So viel zur Internetkompetenz von Lehramtsabsolventen.
Argh….
Hier gibt es eine Hilfe, wenn Sie sich ohne Fauxpax bewerben wollen. Ganz praktisch.
Über Svenja Hofert

Svenja Hofert verbindet unterschiedliche Welten und Positionen. Dabei entwickelt sie neue und eigene Blickwinkel auf Themen rund um Wirtschaft, Arbeitswelt und Psychologie. Sie ist vielfache Buchautorin und schreibt hier unregelmäßig seit 2006. In erster Linie ist sie Ausbilderin und Geschäftsführerin ihrer Teamworks GTQ GmbH. Interessieren Sie sich für Ausbildungen in Teamentwicklung, Agilem Coaching und Organisationsgestaltung besuchen Sie Teamworks. Möchten Sie Svenja Hofert als Keynote Sprecherin gewinnen, geht es hier zur Buchung.
Hallo Frau Hofert,
ich stimme Ihnen zu. Eine unprofessionelle E-Mail Adresse ist ein No-Go im Bewerbungsprozess. Hierfür sollten sich Kandidaten unbedingt eine professionelle Adresse zulegen – viele Webmailer bieten ja in der Regel die Möglichkeit verschiedene Adressen aus einem Account zu managen. Das kann im übrigen auch bei der Organisation im Bewerbungsprozess helfen. Ich würde sogar noch einen Schritt weiter gehen und Ihre Ausführungen auf soziale Netzwerke, besonders Twitter, erweitern. So man diese auch für die Karriereplanung nutzen möchte.
Beste Grüße aus Mannheim,
Sebastian Rahm
Liebe Frau Hofert,
wie passend Ihr Beitrag zu unserer momentanen Situation passt. Wir haben gerade ein Bewerbungsverfahren am laufen. Es werden MitarbeiterInnen für Kundenkontakt, Akquise, Betreuung, Beratung und Netzwerkarbeit gesucht. Es kommen vermehrt Bewerbungen ohne Bild- was ja o.k. ist. Aber wenn als Kontaktemailadresse dann- ich nehme einmal ihr Beispiel- Zuckerschnute0815 steht,( wobei die tatsächlichen E-Mailadressen noch größere Fragezeichen aufwerfen), machen wir uns ein eigenes Bild und die Bewerbung landet ohne weitere Beachtung in “Ablage c”. Und auch Herrn Rahm muss ich recht geben. Wenn man dann den Namen dieser Bewerber googelt, sieht man teilweise ausgelassene Partybilder. Obwohl ich auch das Leben sehr genieße, denke ich einen Schritt weiter: was denken meine Coachees, wenn sie mich vorher bei Google ausgelassen feiern sehen? Nun ja- ich denke, es werden erst gar nicht meine Coachees….
Beste Grüße aus Berlin
Liebe Frau Hofert, ich stimme Ihnen zu: Es ist wichtig, eine seriös klingende E-Mail-Adresse zu wählen. Ich habe in den beinahe fünf Jahren, in denen ich das Bewerbungstraining für Jugendliche und junge Erwachsene in einem berufsvorbereitenden Bildungslehrgang verantwortet habe, viele Mailadressen gesehen, die bei den Firmen hochgezogene Augenbrauen zur Folge gehabt hätten – vom Hinweis auf das Selbstbild mal abgesehen … Auch ich bin mitunter zunächst als “spießig” angesehen worden, wenn ich empfahl “Mausi16Norderstedt” auf die private Korrespondenz zu beschränken. Dass Lehrer an den Schulen sich nicht daran stören, hat mich auch gewundert. Ebenso manche Selbst-Präsentation von Lehrern im Internet, die ich ebenso unangemessen finde wie die “Verteufelung” des Mediums und der sog. sozialen Netzwerke.
Hallo Frau Hofert,
auch aus meiner Sicht als Personaler (Aufgaben im Bereich Personalmarketing, Arbeitgebermarke und Recruiting) bin ich grundsätzlich der Meinung, dass solche E-Mail-Adressen unglücklich gewählt sind und einen unprofessionellen Eindruck machen. Bei Seminaren und Vorträgen gebe ich in diese Richtung auch entsprechende Tipps. Soweit haben Sie vollkommen Recht.
Allerdings finde ich, muss man die Kirche auch mal im Dorf lassen. Sie glauben doch nicht wirklich, dass wir Personaler einzig aufgrund einer solchen E-Mail-Adresse Bewerbungen so einfach in die Tonne treten? Wir investieren als Unternehmen viel Geld in den Aufbau einer Arbeitgebermarke und in Personalmarketing-Aktivitäten. Warum tun wir das? Weil die Zeiten sich verändert haben und sich mittlerweile auch die Unternehmen bei potenziellen Mitarbeitern bewerben. Und da hilft der Wunsch, die Bewerber gerne umzuerziehen, reichlich wenig weiter. Besonders erschrecken mich in diesem Zusammenhang immer Aussagen wie „Das habe ich schon vor 15 Jahren so gelehrt.“ – Genau das ist das Thema: Wer glaubt, dass heute der Bewerbungsalltag noch so aussieht, wie er das vor „Jahrzehnten“ erlebt hat, der verkennt die stark veränderte Ausgangssituation oder geht zumindest leichtfertig damit um. Schmunzeln musste ich bei Ihrer Aussage, dass Sie es leid sind, das Thema weiter zu penetrieren und es gerne an Lehrer delegieren würden. Vielleicht wäre es einfach angebracht zu akzeptieren, dass wir nur die Bewerber auf dem Markt erhalten, die dort vorhanden sind. Wenn ich auf diese erst einwirken muss, damit sie mir als Unternehmen formal taugen, läuft doch etwas falsch!
Wir hier suchen authentische Menschen. Nicht diejenigen, die sich künstlich irgendwelche Verhaltensweisen für einen Bewerbungsprozess antrainieren und dann später nach dem Einstieg im Unternehmen vollkommen andere Verhaltensweisen an den Tag legen. Spätestens dort taucht dann vielleicht auch wieder die alte E-Mail-Adresse auf. Und sollten wir der neu gefundenen Mitarbeiter dann vielleicht gar kündigen – immerhin hat sie uns ja getäuscht? – Ich überzeichne bewusst ein wenig, weil ich täglich erlebe, wie stark (auch fachlich und persönlich hochqualifizierte jüngere Menschen) durch die 1.000 Tipps und Tricks, die es angeblich bei Bewerbungen zu befolgen gibt, komplett verunsichert werden.
Dass das Thema Bewerbung einen großen kommerziellen Beratungsmarkt speist, ist mir bewusst. Aber umso mehr halte ich es für wichtig, dass sich die Berater und Trainer den Bewerbern und DEREN Bedürfnissen anpassen und nicht glauben, diese umerziehen zu müssen, damit sie „bessere Bewerber“ werden.
Das heißt jedoch nicht, dass man sich bei Bewerbern neuerdings anbiedern und seine eigenen Ansprüche an die Qualität einer Bewerbung vollkommen aufgeben muss.
Aber ich glaube, dass viele –vor allem unbekanntere- Unternehmen im Recruiting genau in diese Falle tappen, dass sie mit unangebrachter Überheblichkeit auf die Bewerber schauen.
Ein wenig mehr Offenheit für die (zumindest teilweise) Andersartigkeit der Generation Y wäre sicher hilfreich für alle Beteiligten.
Viele Grüße aus dem schönen Nürnberg,
Stefan Scheller
Hallo Herr Scheller, danke für die Ergänzung und das Relativieren. Sie haben Recht bezogen auf eine reflektierte, moderne, intelligente Zielgruppe. Ja, die können sich nennen wie sie wollen und kreativ dabei sein – aber genau DIE werden nie Zuckerschnute wählen. Das Problem ist ein anderes: Die Auswirkungen betreffen nicht die High-Level-Bewerber, die Key Performer, sondern die etwas naiven, nicht ganz so dollen, die sich in stinknormalen konservativen Firmen bewerben, solchen, die sich im Denken noch weitaus langsamer bewegen als sie sich das vorstellen mögen. Natürlich ist es NIE nur die E-Mail. Es ist die Kombi, die Tatsache, dass eine Zuckerschnute auch rote Pullis anzieht, schwarzroteblonde Strähnchen hat, Rechtschreibfehler macht und insgesamt auch von den kognitiven Leistungen her in aller Regel KEIN Gen-Y-Überflieger ist. Da muss man nämlich sehr fein unterscheiden. Solche Leute denken nicht so sehr SELBST, sie müssen ein Stück weit geführt werden, am besten schon in der Schule. Und bitte noch mal: Dies sind nicht die Leute, die bei mir zur Beratung kommen und auch nicht die, die durch Ihre Hände gehen. Hier ist Aufklärung im Sinne der Vermittlung von Medienkompetenz auch eine Frage der Chancengleichheit. Dass ich genervt bin vom Thema, hat im übrigen damit zu tun, dass ich abwechslungsorientiert bin, mich gerne weiterentwickle und keine Lust jahrelang immer die gleichen Fragen zu beantworten. Dieser Sinnzusammenhang kam wohl nicht ganz rüber. LG Svenja Hofert
Es betrifft sie auch: die „reflektierte, moderne, intelligente Zielgruppe“. Bei mir war vor kurzem erst wieder ein intelligenter junger Mensch mit sehr guten Abschlusszeugnissen und einwandfreier Rechtschreibung. Von der E-Mailadresse habe ich trotzdem abgeraten, was spontan mit „Das hätten jetzt alle so“ kommentiert wurde. Es betrifft anscheinend nicht nur die „etwas naiven, nicht ganz so dollen“.
Ich vermute vielmehr ein mangelndes Bewusstsein zur Berufswelt bei der Generation, die jetzt die Schule verlässt und seit Jahren mit Zuckerschnute und Co im Netz unterwegs ist. In einem anderen Kontext fällt man mit diesen Adressen ja auch nicht weiter auf.
Wie schön, dass Sie dieses Thema noch einmal getrennt aufgreifen! Jetzt fühle ich mich nicht mehr alleine „spießig“ 😉
Wie ich ja schon bei Facebook geschrieben habe, erlebe ich viel zu häufig (insbesondere junge) Klienten, die sich mit einer besonders lustigen, scheinbar originellen oder kryptischen E-Mailadresse aus Zahlen, Kosenamen oder Kinderhelden in die Berufswelt wagen.
Ja, ich sage ganz bewusst „wagen“, weil Herr Scheller zwar zu Recht hinterfragt, ob „wir Personaler einzig aufgrund einer solchen E-Mail-Adresse Bewerbungen so einfach in die Tonne treten?“
Ganz ehrlich: wenn auf dem Tisch mehrere qualifizierte Bewerbungen landen und eine Vorauswahl getroffen wird, dann hinterfragt man gerade als Personaler auch schnell die Ernsthaftigkeit eines Bewerbers, der sich als Zauberlehrling, Pinocchio oder Zuckerschnute bezeichnet.
Daher gebe ich gerne die „Hausaufgabe“, eine E-Mailadresse für berufliche Zwecke anzulegen, die auch künftig nicht mit dem Party-Facebook-Account verknüpft wird. Immerhin will der Bewerber mit seinen Qualifikationen überzeugen und nicht wegen so etwas (eigentlich) Unwichtigem wie einer Mailadresse aus dem Bewerbungsprozess fallen.
Weiß eigentlich jemand, wie dieser Trend zur Fantasieadresse entstanden ist? Kommt das daher, weil die Kids schon mit 5 ihre erste Mailadresse bekommen und es einfach süß ist, den Kosenamen zu verwenden? Ich wurde in der Schule auch mal Ulli-Schnulli genannt und unterschreibe damit nicht meine Bewerbungen 😉
Herzliche Grüße von Juli Scheld
…die sich seit Jahren mit Vorname.Nachname durch die Berufswelt bewegt
[…] Hasenfüsslein gibt es wirklich. Der Realname lässt sich googeln und steht direkt in Klammern hinter der Mailadresse. […]
Nachdem mich das Thema am Wochenende noch sehr beschäftigt hat, dazu ein Beitrag auf meinem Blog – mit (m)einer etwas abweichenden Meinung:
http://bit.ly/16dWTrV
Für Interessierte zur thematischen Ergänzung und gerne auch als Gedankenanstoß.
Ihr Artikel hat auf mehreren Plattformen rege Diskussionen ausgelöst: die Meinungen sind breit gestreut von „wichtiger Hinweis“ bis zu „spießig und kleingeistig“… Sehr interessant und spannend, wenn sich meine Meinung auch nicht im Kern verändert hat.
Mir persönlich ist wichtig, dass sich Menschen bewusst für oder gegen ihre (meist Jugend-)E-Mailadresse entscheiden, wenn sie mit einer Bewerbung auf ein Unternehmen zugehen. Meine in der Diskussion erwähnte „Hausaufgabe“ dazu ist jetzt auch online verfügbar: http://bit.ly/1gmcszu
Herzliche Grüße
Juli Scheld
…klar, jeder hat seine eigene Perspektive auf diese Dinge. Es gibt sicher auch viele Wahrheiten. Entscheidend ist am Ende doch: Führt meine Wahrheit mich dahin, wo ich hin möchte? Und die zitierte Bewerberin kam mit ihrer Wahrheit (die wahrscheinlich nicht einmal eine bewusst selbst entschiedene war) nicht dahin…. Wenn man das vielschichtig betrachtet, ergibt sich eigentlich kein Diskussionsbedarf – aber ich sehe, dass mit der Vielschichtigkeit ist so ne Sache, macht das Leben zu komplex und die Leute wollen´s ja leicht haben. LG Svenja Hofert
[…] weiteren Spuren im Internet ihre Bewerbung beeinflussen können, hat Svenja Hofert im Blogbeitrag “Hasenfüsslein und Zuckerschnute: Gefährliche Spuren in Internet und Bewerbung” anschaulich […]
[…] Die Frage mag auf den ersten Blick ein wenig lapidar erscheinen, sorgt aber seit einiger Zeit für Diskussionen. Konkreter Auslöser für diesen Blog ist ein Beitrag von Karriereexpertin Svenja Hofert mit dem recht reißerischen Titel „Hasenfüsslein und Zuckerschnute: Gefährliche Spuren in Internet und Bewerbung“. […]