group „Wie, die suchen gar nicht?“ Die meisten Bewerber sind erstaunt, wenn sie hören, dass Personalberater, aka Headhunter, nicht sofort loslaufen und Stellen suchen, wenn sich ein interessanter Bewerber bei Ihnen meldet. In diesem Beitrag will ich mit den typischen Irrtümern aufräumen, die über Headhunter kursieren.

1. „Die suchen für mich“

Schön wäre es. Man geht zu einem Headhunter, gibt ihm einen Jobauftrag und schon macht er sich voller Energie und Begeisterung auf die Suche. So ist das leider nicht. Im Grunde sind Headhunter wie Immobilienmakler: Meistens wird nur vermittelt, wenn ein Haus (Job) da ist. Nur wenige Headhunter agieren ohne konkreten Auftrag eines Unternehmens. Selbst nicht für die Gehaltsklasse oberhalb 150.000 EUR. Nur bei sehr leichter Beute – die man ganz einfach eingrenzen kann auf Ingenieure und bestimmte IT- sowie Online-Teilbereiche – würde der ein oder andere vielleicht aktiv werden. Sonst wird maximal ein Newsletter verschickt, in dem Kandidaten vorgestellt werden. Indes haben Kandidaten mit besagtem Hintergrund sowieso, also auch ohne Personalberater, keine Schwierigkeiten Jobs zu bekommen. Es stellt sich also die Frage nach dem Nutzen einer Zwischenstation für eine Klientel, die diese nicht nötig hat und auch mit Initiativ- und Zielgruppenbewerbungen erfolgreich ist.

2. „Die sprechen mit den Firmen und argumentieren für mich!“

Soweit ich das mitbekommen habe, tun das ganz wenige. Gerade bei den großen Personalberatern werden Kontakte einfach elektronisch hergestellt. Da bekommt ein Headhunter einen Lebenslauf, spricht mit dem Kandidaten und sagt „ich stelle Sie vor“. Da interpretieren dann viele ein persönliches Gespräch hinein, in dem über den Lebenslauf hinaus warme Worte zum Kandidaten gesagt werden. Bitte widersprechen Sie mir, wenn Sie Headhunter sind und das lesen. Aber von ganz vielen habe ich gehört, dass sie kaum Worte mit dem Auftraggeber wechseln, die dazu dienen, einen Kandidaten zu „argumentieren“. Entweder das Unternehmen sagt ja oder nein, und bei nein, geht´s sofort zum nächsten. Heißt für Sie: Fragen Sie mal nach, wie Sie vorgestellt werden. Ansonsten kann das heißen: Wenn mehrere Personalberater für einen Job suchen, was eher Regel als Ausnahme ist, ist entweder eine Direktbewerbung besser oder die Entscheidung für den Personalberater, dem seine Kontaktperson im Unternehmen am meisten vertraut. Können Sie natürlich nur ahnen, im Zweifel eher auf renommierte Beratungen mit gutem Ruf setzen und nicht so stark streuen.

3. „Die stehen ja auf meiner Seite“

Headhunter verdienen meist ein Fixum und das Gros über Vermittlungs- und Kontaktprovisionen. Der Beruf ist ein Vertriebsjob, zu dem Neukundenakquise ebenso gehört wie Stammkundenpflege. Es ist zudem ein harter Vertriebsjob, denn das Produkt ist eine Dienstleistung, also verdammt schwer zu verkaufen. Das geht fast nur über Netzwerke und Namen – oder eine einen geheimen Zugang zu…. Ingenieuren oder sehr executive Personal. Der Bewerber steht per definitionem nicht im Zentrum der Aufmerksamkeit, da er nicht zahlt. Viele Personalberater bieten auch Outplacement und auch Karriereberatung, fischen also in unserem Revier (was einige Karriereberater auch umgekehrt machen), meist jedoch nur in kleinem Rahmen. Im Vergleich zu den Einnahmen aus Vermittlung ist das meist zu vernachlässigen. Und natürlich sage ich, nur das eine (Beratung) und nicht das andere (Vermittlung) anbietend, dass man sich auf Kernkompetenzen konzentrieren sollte. Andrerseits hat so ein Job viel auch mit Leidenschaft zu tun, sollte es zumindest. Viele Personalberater sind eigentlich Menschenmenschen, beraten gern, wie die meisten Coachs, was ihnen das nicht selten erforderliche Hardselling schwer macht. Heißt für Sie: Wenn Sie andere Dienstleistungen als Personalberatung buchen, schauen Sie genau hin.

4. „Die haben ja Super-Netzwerke“

Kann schon sein, aber ob diese sie für Sie aktivieren, ist die Frage. Lädt man Sie in den Golfclub? Stellt man Sie vor? Nur, wenn es Nutzen bringt, Sie also mehr als ein interessanter Kandidat sind. Das sind Sie aber in der Regel erst dann, wenn Sie für alle anderen auch interessant sind, zum Beispiel auch für die Firmen direkt oder andere Headhunter. Diejenigen, die sich am meisten von solchen Netzwerken versprechen, sind aber oft – entschuldigen Sie meine direkte Art – „B-Ware“, also Lebensläufe mit kleinen Fehlern, wie „zu alt“ oder „nur BWL, nicht Ingenieurwesen“. Alternativ sind es Menschen, die nicht so netzwerkfreudig sind. Und für diese ist der Aufbau eines Netzwerks mehr ein psychologischer Akt als ein praktischer; der Einkauf in ein Netzwerk bringt da wenig, Heißt für Sie: Schauen Sie mal, ob Sie nicht über Ihren Schatten springen und alte Kontakte selbst nutzen können. Das bringt mehr als neue Netzwerke aufzubauen, was schwierig ist und langwierig.

5. „In der Datenbank finden die mich ja“

Theoretisch wären Datenbanken prima, praktisch sind es potemkinsche Dörfer. Wenn eine Suche nach längerer Zeit aktuell wird, erinnert man sich nicht, dass da doch mal dieser Top-Kandidat mit Kenntnissen im internationalen Steuerrecht da war – sondern man schaut mal kurz bei Xing vorbei. Geht schneller. Deshalb: Personalberatung ist people business. Je öfter sie gesehen werden, desto eher merkt man: „Mensch, den gibt´s und jetzt brauche ich ihn“. Melden Sie sich immer mal wieder. Nervt Ihr Gegenüber, funktioniert aber trotzdem.

6. „Das Anschreiben ist wichtig für die“

Mein Tipp: In 80% der Fälle wird das Anschreiben wohl nicht mal gelesen, das haben mir einige Headhunter auch direkt so gesagt. Profis schauen immer erst auf den Lebenslauf, auf die Fundamentaldaten, die hard facts – alles andere ist nicht wirklich wichtig. Heißt: Brechen Sie sich keinen ab mit der Formulierungskunst. Hier lohnt es sich wirklich nicht. Heißt: Lebenslauf ist wirklich wichtig. Hier ist immer ordentlich was rauszuholen.

7. „Die wissen, wie eine Bewerbung aussehen muss“

Wenige Personalberater kommen aus Unternehmen, viele direkt von der Universität. Das heißt, klassisches Personalerhandwerk haben viele gar nicht gelernt. Auch kann man nicht immer psychologisches Wissen voraussetzen oder profunde Diagnostik-Kenntnisse. Natürlich haben Personalberater viel gesehen, und jeder, der im Personalbereich viel sieht und vernünftig abstrahieren kann, hat einen Erfahrungswissensvorsprung gegenüber dem Durchschnittsbewerber. Jedoch wirkt sich dieser unterschiedlich aus, auch branchenspezifisch und unternehmensgrößen-bezogen. Zudem gibt es Branchenpräferenzen, die nicht zu verallgemeinern sind. So kann es sein Bewerber von 10 Headhuntern mit 10 widersprüchlichen Tipps zurückkommt. Mein Rat: Lassen Sie sich nicht verunsichern. Fragen Sie immer nach einer Begründung. „Das wirkt so besser“ oder „das macht man so“ würde ich nicht durchgehen lassen. „Warum?“ – diese Frage muss beantwortet sein, und zwar schlüssig.

8. „Die profitieren vom gegenseitigen Netzwerk“

Oft denken Kunden, Personalberater würden sich abstimmen. Bekommt also einer Wind von einem Job, so informiert er den Kollegen. Es wird von einem regen Austausch ausgegangen. Leider ist dem oft nicht so. Meist haben die Headhunter entweder eigene Branchen, Segmente oder eigene Unternehmen – in der Regel jene, die sie selbst akquiriert haben. Das Interesse hier mit anderen zu kooperieren ist nicht groß – Geld gibt es schließlich nicht dafür, dass man einen Klienten an einen anderen Berater im eigenen Unternehmen empfiehlt. Heißt: Gehen Sie nicht davon aus, dass die Bewerbung die bei Personalberater X auf dem Tisch ist, automatisch auch bei Y landet, wenn Y Bedarf hat, aber nicht X. Das ist nur bei sehr professionellen Unternehmen so, freue mich, wenn sich hier eins in diesen Blog schreibt.

9. „Die suchen eher bei Linkedin als bei Xing“

Linkedin ist für Personalberater teurer, viele sind eher bei Xing. Nur die großen leisten sich beide Mitgliedschaften. Einige sind nur bei Experteer. Wenige leisten sich meiner Erfahrung nach Headhunterzugänge bei allen dreien. Regel: Xing ist eher regional. Für einen internationalen Konzern wird hier seltener gesucht, Ausnahme außerhalb der Großstädte. Anscheinend sucht man hier alle Ebenen, vor allem aber natürlich… Ingenieure. Experteer: sehr unterschiedlich. Obwohl ein Executive Image “verkauft” wird, melden mir eher die Kunden im mittleren Gehaltsbereich, dass sie kontaktiert wurden (bis ca. 65.000 EUR). Heißt für Sie: Fragen Sie sich, für welche Firmen Sie interessant sind und wo diese eher aktiv sind. Tipp zu diesem Beitrag: Einer unser Kexpa-Bestseller ist “Top-Lebenslauf erstellen”.

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Über Svenja Hofert

Svenja Hofert ist vielfache Bestsellerautorin, die sich im deutschsprachigen Raum über mehr als ein Vierteljahrhundert ein hohes Renommee als Vordenkerin für das Thema Zukunft von Arbeit und Führung erworben hat. Ihr Motto "Zukunft der Arbeit mit Sinn und Verstand". Dieses Blog besteht seit 2006 und wird nur noch gelegentlich gepflegt. Folgen Sie der Autorin, indem Sie Ihren kostenlosen Newsletter Weiterdenken  abonnieren. Auf  Linkedin können Sie der Autorin ebenso folgen und erhalten 14tätig die Weiterdenken Essentials.

5 Kommentare

  1. Heike Methner 12. Juni 2014 at 13:08 - Antworten

    Guten Tag Frau Hofert,

    ich bin auch als Headhunter tätig und kann Ihnen nicht in allen Punkten zustimmen.

    Ja, wir suchen auch. Klar, wenn ich weiß, dass einige Firmen genau einen neuen Mitarbeiter mit dem vorliegenden Profil suchen, stelle ich den Bewerber vor.

    Habe ich Bewerber, dann spreche ich sehr wohl mit den Firmen. Ich versuche immer die Stärken des Bewerbers in den Vordergrund zu stellen. Spreche ich nicht persönlich mit dem Arbeitgeber teile ich diesem im Anschreiben meinen persönlichen Eindruck mit. Dafür bin ich bei meinen Firmenkunden bekannt.

    Für mich ist ein Anschreiben auch wichtig. Hier erhalte ich einen Eindruck vom Bewerber. Der Lebenslauf bietet mir dann die knallharten Fakten. Ich erlebe oft, dass Lebenslauf und Anschreiben von zwei verschiedenen Personen geschrieben wurden.

    Bei Punkt 7 muss ich Ihnen Recht geben. Wenn ich meinen Kunden in der Beratung Verbesserungsvorschläge mache, begründe ich die auch. Wenn mir einer sagt: “Dass macht man so,” dann ist das für mich keine ausreichende Begründung. Meist baue ich meine Begründung darauf auf, dass ich dem Kunden die Sichtweise oder Vorgehensweise eines Personalchefs erkläre.

    Natürlich darf auch ich bei aller Liebe zu meiner Arbeit mein Bankkonto nicht aus dem Auge lassen. Ein Punkt, den ich als Dipl. Sozialpädagogin schmerzlich lernen musste.

    Viele Grüße
    Heike Methner

  2. Karl 30. Juni 2014 at 17:40 - Antworten

    Gut zu wissen, dass nicht alles, was man so über Headhunter hört, auch stimmt. Ich habe noch keine Headhunter Erfahrung, das ist für mich also sehr interessant.

  3. Headhunter Neuling 30. Oktober 2014 at 13:31 - Antworten

    Sehr interessant! Ich bin kürzlich mit einem Headhunter in Kontakt gekommen und hatte deshalb einige Fragen, was das nun genau bedeutet usw. Und ich muss zugeben, an einige dieser Irrtümer über Headhunter habe ich auch geglaubt 😉

  4. mile83 25. November 2015 at 21:23 - Antworten

    Ein Headhunter kontaktiert Personen nur, wenn er diese auch finden kann. Ein Headhunter aus Bern kann niemanden in Italien kontaktieren, wenn er keine Kontaktdaten findet. Zahlreiche Executive Search Unternehmen greifen daher immer öfters auf eigene Datenbanken zurück, wo ideale Kandidaten gefunden werden können. Ein Headhunter sucht daher immer wieder nach zahlreichen Kandidaten für geeignete Stellen und ein besonderes Recruitment.

  5. Markus Baldauf 23. August 2017 at 10:54 - Antworten

    Vielen Danke für den interessanten Artikel. Wir sind auch Headhunter und ich kann Ihnen nur vol zustimmen. LG aus Wien

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