Kategorien

Manager-Treibstoff: Wie Motive Führungsverhalten und Führungsstile beeinflussen

Veröffentlicht: 25. Mai 2014Kategorien: Human Ressources, Mindset und Entwicklung

Karla ist Unternehmerin. Sie denkt klar, handelt entschieden und möchte noch einflussreicher werden. Sie weiß, dass sie Mitarbeiter braucht, um eigene Ziele zu erreichen, deshalb bindet sie ein. Ihr Team zu begeistern fällt ihr leicht; sie sprüht vor Energie. Peter ist Teamleiter. Er möchte, dass es allen seinen „Schäflein“ gut geht. Im Zweifel steckt er seine eigenen Ansprüche zurück, damit es keine Disharmonie gibt. Ganz anders Karl. Er will der beste auf seinem Gebiet werden, Steve Jobs ist sein Vorbild. Er weiß, dass man ab und zu ein nettes Wort mit den Mitarbeitern wechseln muss, aber im Grunde denkt er: „was für verschwendete Zeit,  ich würde lieber A und B erledigen.“

motive_gruppe

Copyright: S. Hofert

 

Was treibt diese Führungskräfte an?

Motive sind zeitlich stabile, dauerhafte Triebkräfte für Verhalten. Die meisten Forscher gehen davon aus, dass sie angeboren sind und durch individuelle Lernerfahrungen geformt werden. Die drei für Führungskräfte wichtigsten Triebkräfte sind Macht (need for power), Leistung (need for achievement, auch Kompetenz) und Bindung (need for Affiliation, auch Anschluss).

Dabei bestehen stets zwei Ausprägungen, die das Motiv entweder mit Hoffnung oder Furcht koppeln. Verbindet sich Hoffnung mit Leistung, erwarte ich von mir selbst ein hohes Niveau. Verbindet sich Leistung mit Furcht, so glaube ich nicht daran, etwas vollbringen zu können. Bei den anderen Motiven ist es analog. Suche ich Anschluss mit positiver Erwartungshaltung, gehe ich optimistisch auf Menschen zu. Erwarte ich Zurückweisung, verhalte ich mich abwartend. Weitere Differenzierungen sind üblich. So kennen Experten ein sozialisiertes Machtmotiv, das gehemmt und kontrolliert ausgeübt wird und in Unternehmen oft Erfolgsschlüssel ist, da es unter anderem zu Teamgeist führt. Sowie ein personalisiertes, ungehemmtes Machtmotiv, das den eigenen Vorteil mehr oder weniger ohne Rücksicht sucht.

Was macht Führungserfolg aus?

Sowohl Macht- als auch das Leistungsmotiv können Führungskräfte erfolgreich machen. Ein starkes Bindungsmotiv ist für Teamleiter in Ordnung, auf höheren Ebenen öfter problematisch, gleichwohl es viele Bindungsmotivierte aufgrund ihrer netten Art weit bringen. Sie entwickeln sich oft zu idealen dritten Männer oder Frauen und Stellvertretern. Je nach Aufgabe ist ein unterschiedliches Motivprofil hilfreich. Die Übersicht zeigt die zentralen Tendenzen bestimmter Kombinationen. HR-Verantwortliche können sich auch überlegen, welche Motivkombinationen für eine Stelle sinnvoll sind und das prozentual aufteilen.

führungskräfteprofil

aus dem zitierten Buch von J. Krug

 

Motive sind allerdings nicht allein ausschlaggebend. Menschen können Motive ganz unterschiedlich leben. Sie verbinden sich mit Wertvorstellungen, Einstellungen und Interessen – und werden so erst zu beruflichem Erfolg. Auch Intelligenz spielt eine Rolle, wie Motive gelebt werden und wirken letztendlich auch auf Führungserfolg.

Machtprofile, aus dem unten zitierten Buch von J. Krug

Machtprofile, aus dem unten zitierten Buch von J. Krug

Was treibt nun unsere Fallbeispiele?

In Karlas Verhaltensmuster liest man die Macht, bei Peter den Anschluss und bei Karl die Leistung. Natürlich können auch alle drei Triebkräfte zusammen wirken, aber meist ist eines dominierend. Dieses dominierende Motiv wird sich wesentlich auf den Führungsstil auswirken. So wird ein Karl im Zweifel Entscheidungen zugunsten eines Produkts, seines Wissens oder generell „seiner Wahrheit“ treffen – vor allem, wenn sein Anschlussmotiv niedrig ausgeprägt ist.  Er wird seine Stärken vor allem dort leben können, wo es einen genialen Output geben muss, siehe Steve Jobs und sein Iphone.

Eine Karla wird ihre Ziele realisieren und dafür tun, was sie voranbringt. Sie wird sich dafür durchsetzen und an die Spitze stellen – siehe Anshu Jain und andere Top-Manager. Peter dagegen ist ein „Farmer“ und behält die Mitarbeiter im Fokus. Das ist gut, wenn es um eine Teamleitung geht, für höhere Führungsaufgaben aber mitunter problematisch.

Die ideale Führungskraft, fähig zur höchsten Form der Leitungsaufgabe, der transformationalen Führung, vereinigt alle Motive in sich. Das ist ausgesprochen selten – Tendenzen gibt es immer. Allerdings lässt sich Führungskompetenz in Unternehmen am besten durch Stärkung des Motivs Macht entwickeln. Leistungsmotivierte werden im Zweifel ihr eigenes Ding durchziehen und sich weniger anpassen. Konsequenterweise finden sich Leistungsmotiviere vor allem unter Spitzensportlern und Machtmotivierte vielfach in der Politik.

Wie lassen sich Motive messen?

Neben Fragebogen-basierten Tests wie dem von uns verwendeten Reiss-Profil gibt es implizite Tests, die allerdings recht komplex in der Anwendung sind, zu nennen ist etwa der Thematische Apperzeptionstest TAT. Hier wird mit Bildern gearbeitet, die Sie dem Klienten vorlegen. Anhand seiner Beschreibungen, lässt sich seine Motivstruktur ermitteln. Bilder bieten den Vorteil, dass sie freie Interpretation ermöglichen. Wenn sie etwa eine Situation zeigen, in der zwei Menschen diskutieren und einer daneben steht, so lässt das ganz viele Interpretationen zu:

  • Machtmotivierte würden vielleicht sagen, dass die außenstehende Person sich gegen die anderen durchsetzen will.
  • Leistungsmotivierte sehen möglicherweise, dass die Außenstehende Person die anderen zum Weitermachen vom Sofa wegholen will.
  • Bindungsorientierte könnten den Fokus des Austauschs der beiden positiv bewerten und vielleicht sehen, dass die Außenstehende Person nicht integriert ist.

Auch durch gezielte, möglichst offen gestellte Fragen im Karrierecoaching oder auch bei der Personalauswahl lässt sich die Motivstruktur nahekommen. Beispiele:

  • Beschreiben Sie einmal eine  Führungssituation. Was war Ihnen in dieser Situation persönlich wichtig?

Hier könnte ein Bindungsmotivierter z.B. sagen „dass die Mitarbeiter sich gut fühlen“, ein Leistungsmotivierter „dass das Ergebnis top ist“ und ein Machtmotivierter „dass ich XY durchsetze“.

Konflikte lassen sich ebenso ermitteln, etwa durch die Folge-Frage „und was wurde von Ihnen erwartet?“ Möglicherweise sollte der Bindungsmotivierte etwas durchsetzen (was ihm schwerfällt). Hier ergeben sich auch Ansatzpunkte für weiteres Coaching und Kompetenzentwicklung.

Nicht zuletzt lässt sich die Motivationsstruktur an zentralen Aussagen und durch Beobachtung ablesen. Ich habe heute bei Facebook auf das Video der Anti-Rassismus-Aktivistin Jane Elliot hingewiesen. Die sagt in einem Interview „After 30 years of dealing with this subject of racism, I am no longer a sweet, gentle person. I want it stopped.” Eindeutig eine Symbiose Leistung-Macht.

Sie wollen mehr wissen?

  • Aktualisierte Blogbeiträge zu anderen Coachingrelevanten Themen finden Sie in meinem E-Book “Karrierecoaching” hier.
  • Der bietet eine gute Zusammenfassung
  • Das im Print leider vergriffene Buch “Macht, Leistung, Freundschaft: Motive als Erfolgsfaktoren in Wirtschaft”  von Joachim Siegbert Krug und Ulrich Kuhl ist verständlich und fasst wissenschaftliche Erkenntnisse gut zusammen. Ausschnitte bei Google Books.

Beitrag teilen:

Über Svenja Hofert

Svenja Hofert ist vielfache Bestsellerautorin, die sich im deutschsprachigen Raum über mehr als ein Vierteljahrhundert ein hohes Renommee als Vordenkerin für das Thema Zukunft von Arbeit und Führung erworben hat. Ihr Motto "Zukunft der Arbeit mit Sinn und Verstand". Dieses Blog besteht seit 2006 und wird nur noch gelegentlich gepflegt. Folgen Sie der Autorin, indem Sie Ihren kostenlosen Newsletter Weiterdenken  abonnieren. Auf  Linkedin können Sie der Autorin ebenso folgen und erhalten 14tätig die Weiterdenken Essentials.

One Comment

  1. […] Manager-Treibstoff: Wie Motive Führungsverhalten und Führungsstile beeinflussen | Svenja Hofert Ma… […]

Einen Kommentar verfassen