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Roboter im Recruiting: Wie Bewerbern bei Online-Bewerbungen falsche Tatsachen vorgetäuscht werden

Veröffentlicht: 5. Mai 2015Kategorien: Human Ressources

robot-707219_1280Sie wundern sich, warum Sie pünktlich nach drei Tagen eine Absage auf Ihre Online-Bewerbung erhalten? So spürbar gewollt auf 9 Uhr und 5 Minuten eingestellt, dass man die Absicht geradezu fühlen kann: Da will der Entwickler einer Recruitingsoftware schlauer sein als Sie. Vorheucheln möchte man Ihnen, dass man sich Ihre Bewerbung gleich als erstes persönlich vorgenommen hat, an diesem Montag, Dienstag, Donnerstag. Mensch spielen.

Letztes Wochenende stolperte ich über einen Blogbeitrag von HR-Blogger Stefan Scheller, das Blind HR-Battle. Er ließ Wollmilchsau-Chef Jan Kirchner im HR-Battle gegen Michael Witt, Recruiter bei Voith antreten. Kirchner argumentierte pro Maschine, Witt contra. Kirchner lüftete dabei en passant einige Geheimnisse, die Bewerber garantiert nicht gerne lesen. Aber Kirchner ist ja auf der anderen Seite, bei den Automatisierungsfans, kann ihm also egal sein… Oder vielleicht doch nicht? Spricht sich das rum, wird es Auswirkungen haben. Werden Bewerber rar und begehrt, nicht heute, aber vielleicht morgen, so werden diese sich nicht veräppeln lassen wollen.

Ich frage Sie:

  • Möchten Sie vollautomatisch anhand einer Handvoll Daten in eine Lostrommel mit Schubladen sortiert werden, die nach unten offen sind?
  • Haben Sie so viel Mühe und Liebe in ein Anschreiben gesteckt, damit es gar nicht von Menschen gelesen wird – weil sie mit einer 2,1 ohnehin nicht berücksichtigt werden?
  • Haben Sie Stunden am Lebenslauf gebaut und Hoffnungen in diese perfekt passende Anzeige gesetzt, damit ein Algorithmus sie automatisch ins „Aus“ befördert?
  • Finden Sie es gut, dass ein zweifelhafter Persönlichkeitstest Sie aussortiert?

Es gäbe Algorithmen, die automatisch Bachelors oder Geisteswissenschaftler rauskicken, lese ich woanders, ich glaube es war im Handelsblatt. Google, verrät Kirchner, mache einen Quercheck. Um falsch-negative Befunde verhindern zu können. Gut, immerhin. Die Betonung auf Google heißt aber auch: Sonst macht es keiner. Ob auch das Alter gecheckt wird? Machbar und denkbar wäre es. Meines Wissens hält sich Compliance aus HR noch weitgehend heraus.

Mich befremdet das sehr. Nicht der Einsatz von Maschinen, sondern die Doppelbödigkeit und Intransparenz in der Anwendung.

Ist es nicht so?

  • Wir wollen von der Politik, dem BND und der NSA nicht belogen werden.
  • Wir möchten von unserem wunderschönen, wunderreichen oder auch ganz normalen Ehepartner nicht betrogen werden.
  • Wir wollen als Käufer von Verkäufern nicht an der Nase herumgeführt werden.

Wir erwarten Ehrlichkeit, Offenheit, Transparenz – Fairness!

Aber Bewerber dürfen wir täuschen? Wir machen ihnen Hoffnung und Mühe – und handeln dann so… hintenherum? Spielen mit gezinkten Karten?

Wenn eine Firma keine Geisteswissenschaftler will, soll sie es schreiben. Wenn jemand keinen Durchschnitt schlechter als 2,0 zulassen möchte, soll er es sagen. Wenn jemand Auslandserfahrung voraussetzt, soll er nicht schreiben „wäre ideal wenn“, sondern “setzen wir voraus”.

So klar und offen ist keiner. Denn natürlich würde das Proteststürme auslösen. Die Unlogik würde offenbar. Es gibt Studiengänge, da ist eine 3,0 gut, bei anderen ist 1,6 der Durchschnitt. Ich hatte kürzlich eine Studentin gesprochen, die auf einer Privatakademie auf 1,4 stand und nach dem Wechsel an eine Uni auf einen Dreierschnitt gerutscht ist. Welche Aussage trifft eine Note vor so einem Hintergrund?

Im Grunde weiß das jeder – und setzt trotzdem auf Maschinen. Arbeitsentlastung. Kann man verstehen…. Wirklich?

Auch nach Gehalt wird aussortiert: Zu hoch, zu niedrig – in beide Richtungen. Die Spanne bei manchen Jobs liegt aber bei 20-40 Prozent. Es ist unglaublich schwer sich einzuordnen. Bewerbern ist das Gehalt aber oft gar nicht so wichtig. Warum schreibt denn niemand rein, was verdient werden kann? Warum dieses Ratespiel?

Eigentlich mag ich Roboter. Wenn man sie an der richtigen Stelle einsetzt. Sie können meinen Boden saugen und meinen Rasen mähen. Sie sollen aber bitte nicht meine Bewerber oder in meinem Fall meine Kunden auswählen. Das können sie nämlich nicht.

Ich hätte da einen Tipp für wirklich wirksames Employer Branding: Versuchen Sie es mal mit Klarheit, mit ehrlichen und offenen Worten. Sagen Sie, was Sie suchen und legen Sie auch Ihre Ausschlusskriterien offen. „Das Unternehmen wollte nur jemand, der B2C-Markenerfahrung hat und aus einer Werbeagentur kommt“, erfuhr eine Kundin Wochen nach der Bewerbung. In der dreispaltigen Stellenanzeige hat das nicht dringestanden.

Ach ja, die Welt ist noch in Ordnung. Die Argumentation von Michael Witt „kein Roboter“ kommt im Voting bei Stefan Scheller bisher besser an.

voing_scheller

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Über Svenja Hofert

Svenja Hofert ist vielfache Bestsellerautorin, die sich im deutschsprachigen Raum über mehr als ein Vierteljahrhundert ein hohes Renommee als Vordenkerin für das Thema Zukunft von Arbeit und Führung erworben hat. Ihr Motto "Zukunft der Arbeit mit Sinn und Verstand". Dieses Blog besteht seit 2006 und wird nur noch gelegentlich gepflegt. Folgen Sie der Autorin, indem Sie Ihren kostenlosen Newsletter Weiterdenken  abonnieren. Auf  Linkedin können Sie der Autorin ebenso folgen und erhalten 14tätig die Weiterdenken Essentials.

27 Kommentare

  1. Uwe Mock 5. Mai 2015 at 9:34 - Antworten

    Hallo.

    Das Aussortieren ist doch keine Sache der Roboter. Das machen Menschen genauso. Meine Frau wurde von Menschen aussortiert, weil sie Absolventin war. Meine Frau wurde von Menschen aussortiert, weil sie einen 1.0-Abschluß hat.

    Wo ist bei solchen Kriterien der Unterschied, ob man von einem Menschen oder von einer Maschine aussortiert wird? Es ist kein Mensch/Maschine-Problem – es ist ein Problem der Kriterien.

    Ich bin allerdings zuversichtlich, daß Unternehmen mit solchen Kriterien genau die Mitarbeiter bekommen, die sie verdienen.

    • M.Müller 6. Mai 2015 at 17:34 - Antworten

      Hier kann ich nur zustimmen. Oftmals ist die Maschine besser, sie wird sich alle Bewerber “vornehmen” , der Mensch sortiert nach den vorgegebenen Kriterien, läßt weg, sieht nicht genau hin, liest nur teilweise, oder lässt sich von anderen Dingen beeinflussen (z.B. Bildern). Und er sieht sich bei vielen Bewerbungen auf eine Stelle bestimmt nicht alle an.
      Außerdem lassen unsere Arbeitsgesetze viele Vorschläge von Frau Hofert nicht zu, oder sie stellen als Arbeitgeber nie wieder jemanden ein.

      • Svenja Hofert 6. Mai 2015 at 21:21 - Antworten

        richtig, wenn die Maschine gut gefüttert ist, dann ist die Vorauswahl (!) durch eine Maschine gut. Aber auch dann können die Kriterien dargelegt werden. Dass man in Wahrheit einen Mann Mitte 30 sucht, der ledig ist…. das ist natürlich nicht konform. Das muss man regulieren. Kann man übrigens auch: “Sie sind 80% der Zeit unterwegs. Wochenende gibt es bei uns nicht. Sie können viel arbeiten, weit kommen. Für Familie werden Sie wenig Zeit haben.” Das kann und darf man sagen. Und dann sortiert sich das automatisch. LG Svenja Hofert

    • Svenja Hofert 6. Mai 2015 at 21:22 - Antworten

      Genau, es sind die Kriterien. Und Maschinen verführen noch mehr dazu, sich an diesen festzuhalten. LG Svenja Hofert

  2. Burkhard May 5. Mai 2015 at 23:27 - Antworten

    Hallo,

    Abseits von Automatisierung oder nicht ist doch das Problem, dass viele garnicht so genau wissen was sie suchen. Da hält man sich lieber alles mit vagen Formulierungen offen und pikt sich dann das Beste raus.

    Zweitens messen doch die wenigsten HR Bereiche die Qualität des Recruiting. Die Masse machts. Also treibe ich durch unpräzise Formulierung die Bewerberzahlen hoch und melde dann die tollen Zahlen an die nächste Führungsetage. Dass mich zB. Frühfluktuation und andere Qualitätsparameter weit mehr interessieren sollten, versteht kaum einer.

    Drittens, kann ich mich mit dem Argument Poolbildung raus reden. Wir haben 10000 Profile in der Pipeline…schaut sich zwar nie einer an, klingt aber gut und irre professionell.

    Aber um ehrlich zu sein und aus eigener Erfahrung jedes Jahr mehrere hundert Stellen mit einer Minitruppe zu besetzen ….verlockend ist es schon dem Elektronenhirn weitreichende Kompetenzen einzuräumen . Nur irre schwer ein faires System zu entwickeln…

    Beste Grüsse

  3. Maddy 6. Mai 2015 at 9:49 - Antworten

    Ich komme aus der Personalberatung und gehöre noch zur “Old School”, d.h. die Lebensläufe werde von mir gecheckt und ich lade mir gerne potenzielle Kandidaten zu persönlichen Gesprächen ein – was im Übringen auch sehr selten geworden ist.
    Ich selbst bin auf der Suche nach einer neuen Herausforderung und habe tatsächlich schon mehr als 500 Bewerbungen verschickt.
    Ich war Geschäftsführerin und Niederlassungsleiterin einer Personalberatung, habe auch intern im Personalwesen über 6 Jahre gearbeitet, insgesamt 18 Jahre Berufserfahrung im strategischen und operativen Personalwesen und in der Personalentwicklung. ABER: ich habe einen gesisteswissenschaftlichen Background und damit falle ich trotz vielfältiger Erfahrung, mehrjährigen Auslandsaufenthalt, Ausbildung zum Wirtschaftsmediator, Management & Business Coach, durch.
    Vielleicht liegt es auch nur am Alter – aber ich habe noch 20 Jahre zu arbeiten und ich arbeite sehr gerne.
    Erschreckend ist auch die geringe Anzahl von Bewerbungsgesprächen – aber verständlich, wenn man durch das Programm gleich aussortiert wird. Der Mensch, die Persönlichkeit und damit auch die Potenziale, die jemand mitbringt, bleiben dabei unberücksichtigt.
    Die Phrasen, “es gäbe Kandidaten, die 100% auf die Stellen passen würden” oder ” Bewerber, die dem Anforderungsprofil mehr entsprechen würden” sind teilweise schon eine Frechheit, denn oft enspricht meinErfahrungs- Profil genau dem des Anforderungsprofils, einzig das wirtschaftswissenschaftliche Studium kann ich nicht bieten.

    • Svenja Hofert 6. Mai 2015 at 21:26 - Antworten

      Ja, das sind diese Textbausteine. Man müsste mal ausprobieren, ob etwas anderes passiert, wenn Sie einfach mal spaßeshalber ein BWL-Studium reinschreiben, als Experiment, mit anderem Namen. Sollten Sie dann eingeladen werden, machen wir daraus eine schöne Geschichte. LG Svenja Hofert

      • Sandra F 11. Juni 2015 at 8:32 - Antworten

        Die Antwort ist denkbar einfach: Das Resultat ist dasselbe. Ich besitze ein BWL Studium, eine gute Ausbildung und Berufserfahrung. Und habe keine Chance in Deutschland!

  4. Thomas Agethen 6. Mai 2015 at 10:28 - Antworten

    Hallo,

    besonders (un)professionell sind zeitversetzte Absagen an Weihnachtsfeiertagen oder Ostermontag. Gerade bei der Neueinführung von E-Recruiting-Tools passieren solche Peinlichkeiten, ebenso wie bei den beliebten EMEA – oder Global Recruitments wo lokale Feiertage nicht bekannt sind. Richtiges Programmieren und Anwenden von HR-Software will gelernt sein.

    Viele Grüße

  5. Arne-Steffen Dehler 6. Mai 2015 at 10:31 - Antworten

    Im Rahmen der Bewerbungskamapgnen, die meine Klienten mit mir durchführen, sehe ich pro Jahr etwa 3.500 Reaktionen von Firmen auf Bewerbungen von Führungskräften aus den oberen beiden Ebenen. Hierbei geht der Weg immer über die Chefetagen und nie direkt an die HR-Abteilungen. Kurze Statistik:

    ca. 40% aller Unternehmen antworten ÜBERHAUPT NICHT.
    ca. 40% aller Unternehmen antworten mit AGG-konformen Standardantworten, ob positiv oder negativ (und das ist auch völlig korrekt so und erreicht den Zweck, nämlich Klarheit und Gespräche)
    ca 10% aller Unternehmen antworten mit AGG-widrigen Antworten wie z.B. “Unsere Führungskräfte sind alle unter 35, da passen sie sowieso nicht rein.” oder “Ach wissen sie, Bewerbungen von so alten Leuten nehmen wir nicht ernst und haben uns deswegen gar nicht gemeldet” (Alter des Kandidaten: 49)
    ca 3% aller Unternehmen antworten mit “Bitte bewerben Sie sich online auf unserer Homepage” (faszinierend für Bewerbungen auf Geschäftsführerebene, hm?)
    die restlichen 7% sind individuell positiv und individuell. Z.B. ruft der CEO eines DAX-Unternehmens persönlich und ohne Vorankündigung durch HR den Bewerber direkt an und nimmt sich 20 Minuten Zeit dafür und spricht am Ende eine Einladung aus.

    Automaten sind sinnvoll für unperformante HR-Abteilungen, weil sie die Arbeit nicht mehr selbst tun müssen. Wie war das eigentlich in den 70ern? Mehr Arbeitnehmer, geringere Gehälter, und dennoch jede einzelne Bewerbung persönlich geprüft.

    Zum Schluss noch die schriftliche Antwort eines Leiters HR aus dem Mittelstand: “Auch wenn Sie der beste Kandidat für die Besetzung dieser Stelle sind, geben wir bewusst einem weniger qualifizierten Bewerber eine Chance.”
    Na wenn das der Betriebsrat hört…

    Die gute Nachricht ist aber: Wenn man die richtigen Personen in den Firmen auswählt und diese auch mit einer interessanten Bewerbung erreicht, erreicht man auch deutlich häufiger Einladungen zu Gesprächen.

    Liebe Grüße
    Arne-Steffen Dehler.

    • Svenja Hofert 6. Mai 2015 at 21:28 - Antworten

      völlig richtig, Herr Dehler, so rum geht es besser, Personaler umgehen. Mache ich auch oft. Geht aber nicht bei Konzernen und kaum bei der Ebene Berufseinsteigern und Ebene bis etwa Teamleitung. Ausnahme bestimmte sehr gefragte Berufe. LG Svenja Hofert

      • Arne-Steffen Dehler 7. Mai 2015 at 10:21 - Antworten

        Ja, ich stimme Ihnen zu, der von mir beschrittene Weg ist wunderbar für Führungskräfte geeignet. Berufseinsteigern empfehle ich dennoch, sich nicht nur in die Online-Masken einzutragen, sondern immer möglichst den persönlichen Kontakt herzustellen. Dies geht im Mittelstand auch heute noch sehr gut, in dem man persönlich vorbei geht und einen persönlichen Eindruck hinterlässt.

        Die Hirnforschung bestätigt, dass wir unsere Entscheidungen zu 100% emotional treffen und das Logikzentrum immer hinterher rennt. Wie sollen also Automaten die richtige Entscheidung treffen, denen nur konfigurierte Schwellen und Kriterien vorliegen? Leider machen besonders die deutschen Unternehmen den Fehler, das HR in derselben Weise zu optimieren wie die Produktion.

  6. Tina Bestehorn 6. Mai 2015 at 10:41 - Antworten

    Spannender Artikel, spannende Kommentare – und ein paar gute Schlagworte für meinen Kommentar:
    Minitruppe, Quantität, Kennzahlen/Kriterien für Quantität nicht für Qualität und Nachhaltigkeit.
    Die steigende Komplexität der Jobs, die mannigfaltigen Ausbildungsmöglichkeiten der Bewerber, die Schnelllebigkeit der Märkte und Branchen und der (technische) Fortschritt müssen bei der Besetzung einer Stelle mit einem passenden Bewerber unter einen Hut gebracht werden. Wie soll das gehen, mit einer HR Abteilung, die in den meisten Fällen zu viele Themen (Marketing, Recht, Abrechnung, Recruiting, …) mit zu wenigen Mitarbeitern, die nicht dafür ausgebildet sind und meist auch noch im Schnitt eher mehr als weniger verdienen? Das soll überhaupt kein Vorwurf an die Personalabteilung sein, sondern es ist eine Frage der Wertigkeit der humanen Ressource innerhalb eines Unternehmens, innerhalb einer Geschäftsführung und unter den Gesellschaftern. Wenn diese Frage entsprechend geklärt ist, dann wird auch eine Personalabteilung nicht mehr nach x-tausend Bewerbern in der Pipeline gefragt werden – oder damit punkten können, sondern es wird bewertet, ob 2-3 top qualifizierte Bewerbern, welche fachliche Kriterien erfüllen, gewonnen werden konnten.

    • Svenja Hofert 6. Mai 2015 at 21:29 - Antworten

      Hallo, das wäre ein Anfang: nicht mehr Masse, sondern Klasse. herzlichst SH

  7. Christian Fülling 6. Mai 2015 at 10:42 - Antworten

    Herrliches Beispiel: StepStone
    Vor geraumer Zeit bewarb ich mich auf eine deutschsprachige Stellenausschreibung direkt bei der StepStone Deutschland GmbH. Ich brachte alle notwenigen Kompetenzen mit, darüber hinaus noch ein paar zusätzliche. Keine drei Tage später kam eine vollautomatisierte Absage in ENGLISCH und ich wurde als Frau und nicht als Mann angesprochen. Als ich daraufhin bei StepStone nachfragte, was das solle, war deren Peinlichkeit und Ungeschicktheit im Antwortschreiben nicht zu überlesen.
    Ist klar, dass ich mich beim Vorzeigeunternehmen StepStone nicht noch einmal bewerben werde. Sie können sich vorstellen, wie empört ich war…

    • Svenja Hofert 6. Mai 2015 at 21:31 - Antworten

      Hab ich von Stepstone schon öfter gehört… schlechte Erfahrungen auch von meinen Kunden. Die müssten ein bisschen weniger in Tragetaschen stecken, die sie Messebesuchern aufzwängen und ein wenig mehr in ihre eigene Schusterei. LG SH

  8. Uwe Wenzel 6. Mai 2015 at 11:27 - Antworten

    Wie überall, gibt es nicht nur schwarz oder weiß. Auch bei Bewerbern erlebe ich den Glauben an die Allmächtigkeit der Maschine und Automatisierung. Schnell mal die CV aus der Cloud herunter geladen und mit einem Klick – mobil – eine Bewerbung versendet. Der neue Job winkt en passant, wenn man Experteer, Indeed und Co glauben darf. Das Motto mehr, schneller, billiger, mag ja für einige Lebensbereiche funktionieren. Für die bedeutungsvolle Entscheidung wo arbeite ich – wer wird mein Mitarbeiter, passt das nicht. Sorgfalt und Gespür sind von beiden Seiten gefragt. Die Facetten einer CV, die Spezifika einer Branche lassen, dei Bedürfnisse und Anforderungen einer Position, sich nicht durch eine Software erfassen und abgleichen. Wer in Zukunft als Unternehmen erfolgreich sein will, muss auch planen und überlegen, welche Talente man in Zukunft benötigt. Die mechanische Bearbeitung einer CV leistet das nicht. Nur das Gespür erfahrener HR – Profis, die den Daumen am Puls des Marktes haben, und Respekt und Achtung für die Leistung einer guten Bewerbung aufbringen, können das leisten. Zm Glück gibt es heutzutage auch noch “Handarbeit”,die geschätzt wird.

  9. Liebe Svenja Hofert,

    vielen Dank für das Aufgreifen meines Blind HR Battle im obigen Beitrag und die klare Positionierung für den Auswahlfaktor Mensch. Ich denke, dass es unterschiedliche Szenarien gibt, die ebenso unterschiedlich zu bewerten sind:

    Zum einen gibt es Unternehmen, die so viele Bewerbungen erhalten, dass sie nahezu darin ersticken. Man denke nur an die ewigen Sieger der „Wer ist der bekannteste Markenartikler, dessen Produkte so positiv besetzt sind, dass ich unterstelle, das Unternehmen sei auch ein toller Arbeitgeber“-Wettbewerbe. Dort besteht die Kunst darin, die Prozesse so zu straffen, dass die Recruiter in annehmbarer Zeit überhaupt noch eine Besetzungsentscheidung treffen können. Wenn da der eine oder andere durch das Raster fällt … who cares? Sind ja genug da.

    Zum anderen gibt es Unternehmen, die eher wenige Bewerbungen erhalten und darauf angewiesen sind, daraus die am besten geeigneten Bewerber herauszufiltern. Diese können sich mithilfe von Software Input für den Entscheidungsprozess holen, um die Qualität der Auswahl um (weitere) Prozentpunkte zu steigern. Allerdings ist so ein Unternehmen gut beraten, die Software vor allem als Unterstützung einzusetzen und gleichzeitig die Face-to-Face-Kommunikation zu forcieren. Gerade hier kann dieses Unternehmen gegenüber den erstgenannten Branchen-Riesen punkten.

    Es bleibt aber spannend zu sehen, wie sich einerseits die Technik entwickelt bzw. sich andererseits die Haltung der Personaler oder der Gesellschaft allgemein wandelt wenn es derartige Themen geht.

    Herzliche Grüße,
    Persoblogger Stefan Scheller

    • Svenja Hofert 6. Mai 2015 at 21:16 - Antworten

      Lieber Stefan Scheller,
      mit anderen Ausschreibungen gäbe es dieses Problem viel weniger. Man müsste einfach sehr viel enger skizzieren wen man sucht. Und dann bitte: Vielleicht weniger Geld in die Brand stecken und mehr in Personalpower. Vorauswahl ist ja OK, aber ohne menschlichen Check ein No-Go. Wenn die Kriterien wenigstens auf einzelne Jobs zugeschnitten werden würden. Meines Wissens passiert auch das oft nicht.
      Fall 2: Gerade die haben die einmalige Chance sich durch Professionalität abzugrenzen. Keine Online-Formulare, persönliche Gespräche, klare Auswahl, anerkannte Tests, richtig gute ACs (!). Neulich hörte ich von einer Firma, die zum Schluss ausgerechnet den MBTI einsetzt. Nur wenn jemand ein ENFP ist darf er Produktmanager werden… Oder Handschriftenprobe und so ein Quatsch. Wenn man so handelt vergrault man Leute. LG Svenja Hofert

  10. Kristin 6. Mai 2015 at 16:39 - Antworten

    Ich darf kurz zitieren:
    “Wir erwarten Ehrlichkeit, Offenheit, Transparenz – Fairness!
    Aber Bewerber dürfen wir täuschen? Wir machen ihnen Hoffnung und Mühe – und handeln dann so… hintenherum? Spielen mit gezinkten Karten?”

    Um sowohl dem Bewerber, als auch mir / meinem Arbeitgeber sehr viel Zeit, Kosten und Mühe / Enttäuschung zu ersparen, würde ich sehr gerne ehrlich, offen und transparent agieren, wenn ich Stellen ausschreibe.

    Ich würde sehr gerne sagen “dürfen”, dass ich beispielsweise eine Frau zwischen 35 und 45 suche, weil dieses Alter dem des Teams der zu vergrößernden Abteilung entspricht & ich “einfach gerne” eine Frau einstellen möchte, weil das besser zum Team passt.

    Ich würde gerne – Beispiel auf den Beitrag bezogen – sagen “dürfen”, dass ich keinen Absolventen in der Sachbearbeitung “möchte”, da hier nur 2 Kollegen arbeiten, die die Einarbeitung on top bewältigen müssen, wir schon 2 “Abgänge” hatten, da diese (Absolventen) dann doch unterfordert waren (Überraschung) und wo anderes bessere Positionen / Verdienstmöglichkeiten offeriert bekamen.

    Ich würde eine solche Spezifizierung / Eingrenzung der infrage kommenden Bewerber gerne machen, was mir allerdings das “AGG” = Allgemeines Gleichstellungsgesetz verbietet. Das AGG verlangt merkmalsneutrale Stellenausschreibungen. Bei Nichteinhaltung können Bewerber, die sich diskriminiert fühlen – sei es alleine durch die Stellenausschreibung selbst, oder nach einer Absage – klagen.

    • Svenja Hofert 6. Mai 2015 at 21:10 - Antworten

      AGG: Verstehe ich absolut. Und noch mehr, dass man bestimmte Mitarbeiter haben möchte, die zur Kultur passen. Aber passen diese auch zu den Herausforderungen der Zukunft, zu den strategischen Zielen? Das scheint mir nicht immer klar. Viele erzählen mir, dass die Strategie im Mittelmanagement steckenbleibt und dass die unteren Ebenen eigene Suppen kochen – z.B. nach Ihrem Verständnis von Kultur einstellen nicht nach den strategischen Zielen.
      Mit dem Alter gehe ich aber nicht d´accord, da muss es eine so genannte positive Diskriminierung geben genauso wie bei Frauen im Management und bei Menschen mit Inklusionsbedarf. Bei den Absolventen-Beispiel ist meiner Meinung nach möglich, darauf hinzuweisen, dass man Berufserfahrung voraussetzt, auch mit AGG. LG Svenja Hofert

    • Marc R. 5. August 2015 at 12:46 - Antworten

      Wirklich ein negativer Faktor. Wenn einfach keine Nachfrage, nach “Rohmaterial” besteht, so würden ich und eine Vielzahl anderer Bewerber das gerne wissen. Für Menschen, deren CV nicht 1:1 auf das Jobangebot passt, ist es nämlich jedes Mal verschwendete Arbeitszeit, seine Bewerbung an diese Firmen zu versenden.

      Eventuell sollten wir als Gesellschaft akzeptieren, dass die vielseitigen Faktoren, die auf die Märkte einwirken, diese, als “Habitat” für Arbeitskräfte, kranken lässt. Wenn Anlernen und Weiterbilden ein betriebswirtschaftliches No-Go geworden sind (die Faktoren möchte ich dabei nicht diskutieren, da es dann schnell politisch wird), dann möchte ich das als Bewerber auch gerne wissen. Ebenfalls sollte eventuell überlegt werden, ob die Arbeitsagenturen dort nicht eher Aufklärungsarbeit leisten müssten, als die Bewerber dazu zu zwingen, hoffnungslose Bewerbungen zu schreiben.

      Zum Glück bin ich noch nicht vollkommen im Arbeitsmarkt und studiere noch, aber mir graust es davor! Dass es vielen Absolventen und Berufserfahrenen so geht, ist doch keine positive Entwicklung?

      Viele Grüße

      Marc R.

  11. Marcus Kirsch 7. Mai 2015 at 14:08 - Antworten

    Soweit eine HR-Abteilung compliant vorgeht, so müsste sich diese Frage nach einem Blick auf § 6a Abs. 1 BDSG (http://www.gesetze-im-internet.de/bdsg_1990/__6a.html) eigentlich von alleine erledigen, denn eine rein automatisierte Entscheidung ist hiernach eindeutig unzulässig.

  12. […] Mitarbeiter einstellt” als auch in verschiedenen Blogs wurde das Thema aufgegriffen: “Roboter Recruiting: Wie Bewerbern bei Online-Bewerbungen falsche Tatsachen vorgespielt werden“, “Matching über Big Data – wie Algorithmen die Jobwechsel-Wahrscheinlichkeit […]

  13. Sven 27. Dezember 2015 at 17:13 - Antworten

    Gehaltstipp:
    In Belgien läuft es genau anders herum. Hier schreiben ziemlich viele Firmen bzw. Städte was sie an Geld und Zusatzleistungen anbieten. Da steht nie in den Stellenanzeigen drin, dass man das Gehalt angeben muss, gilt auch für die Niederlande, Frankreich und Spanien.

    Ich würde hier in Deutschland dieses unsinnige Spiel mit dem Gehalt auch wirklich erst im Vorstellungsgespräch ansprechen wollen und nicht schon in der Bewerbung. Eins ist doch eigenartig: Über das Geld wird sehr ungern gesprochen, aber in der Bewerbung ist es eine Pflichtangabe.

    Stichwort Roboter: Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass die niederländischen Zeitarbeitsfirmen solche automatischen Prüfungen abhalten, denn immer bekomme ich nach 1-2 Stunden Absagen mit einem Standardtext (wo ich ständig ungenügende Anforderungen hätte) von einem Textbaustein.

  14. […] Ich freue mich jedenfalls sehr, dass die Personalerszene das von mir ins Leben gerufene Argumentationsduell Blind HR Battle auch diesmal dazu genutzt hat, fleißig über die Zukunft des Recruiting zu diskutieren, z.B. auf dem Karriereblog von Svenja Hofer… […]

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