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Vorsicht, Mickeymaus-Abschluss: 8 Indizien für einen Bachelor oder Master made in Entenhausen

Veröffentlicht: 18. November 2013Kategorien: Human Ressources

Gibt es immer mehr Mickeymaus-Abschlüsse, also Abschlüsse auf dem akademischen Niveau von Entenhausen? Absolut! Die “akademischen” Ausbildungen haben sich  zwar formal angeglichen, doch die Niveaus innerhalb des Bachelor-Master-Einheitssystems driften dramatisch auseinander. Wir sehen leider erschreckend oft Studienabschlüsse, die das Wort „akademisch“ nicht verdienen. Für Studienanfänger genauso ein Problem wie für Personaler. Was ist was und was ist gut? Das wird immer schwerer zu beurteilen.

Ich habe Kriterien zusammengestellt, die es doch möglich machen.

1. Wie lange hält das im Studiengang vermittelte Wissen vor?

Manche „Studiengänge“ vermitteln Wissen, das morgen schon von gestern sein könnte. Bedenklich finde ich einen Studiengang wie Social Media Management. Wie lang sollen die hier vermittelten Inhalte gültig sein? Kaum verlässt der Absolvent seine Hochschule, ist sein Wissen schon überholt. Entwertung postwendend.

Wer sich für ein aktuelles Thema interessiert, lernt es besser praktisch. Die theoretischen Inhalte holt er/sie sich aus BWL, Wirtschaftsinformatik oder Kommunikationswissenschaften. Oder auch aus Mathematik (der internetberühmte Robindro Ullah ist Mathematiker) sowie jedem beliebigen anderen Studiengang, der Wissen vermittelt, welches länger Bestand hat.

Meine Faustregel: Das im Studium vermittelte Wissen sollte MINDESTENS ein Jahrzehnt überdauern. Auch in diesen Zeiten.

2. Sind die theoretischen und konzeptionellen Grundlagen wirklich stark genug?

Viele Bachelorstudiengänge entstanden aus anderen Abschlüssen, die früher nach akademisch waren. Die ehemalige Fachwirtausbildung beispielsweise, etwa in Marketingkommunikation, ist jetzt vielfach „bachelorisiert“. Ich hatte mehrere Berührungspunkte mit Absolventen aus solchen Studiengängen und mein Eindruck ist: das hier vermittelte Wissen hat  kein Universitätsniveau.  So ein Studium wird reichen, um einen operativ oder administrativ orientierten Job auszuüben. Aber es wird nicht genügen, um größere Karrieresprünge zu begründen.

Schauen Sie sich genau an, WAS in einem Studium gelehrt wird. Vergleichen Sie diese Inhalte mit denen anderer Angebote. Dozenten sollten nicht nur aus der Praxis kommen, sondern auch aus der Wissenschaft.

3. Ist das im Studiengang vermittelte Wissen akademisch oder im Grunde ein Weiterbildungsinhalt?

Manche „Studiengänge“ vermitteln praktisches Wissen, das vergänglich ist (siehe Social Media). Ich bezweifle, dass es Sinn macht, in einem Studium als zentralen Inhalt den Umgang mit Videoschnittprogrammen oder Audiosoftware sowie anderen “Programmen” zu schulen. Diese überleben die nächsten 10 Jahre wahrscheinlich nicht.

Wissen, dass sich aus aktuellen Entwicklungen ergibt, gehört in Weiterbildungen. Es ist kein Grundlagenwissen.

4. Wird ein Studium vor allem aufgrund der hohen Nachfrage aufgelegt?

Es gibt eine Reihe privater Hochschulen, die sich ganz besonders gern im Event und Tourismusbereich aufstellen, teils „verkaufen“ sie auch Gesundheit. Wir haben eine Reihe von Absolventen dieser Schulen beraten und können aus den Schwierigkeiten, die sich mit dem Abschluss ergeben, nur ein Fazit ziehen: Finger weg, wenn nicht beste Kontakte bestehen und der Ausbildungspartner (in der dualen Variante) später übernimmt.  Die aktuelle Zahl der Angebote erklärt sich aus der Nachfrage, NICHT aus dem Bedarf am Arbeitsmarkt. Eine Ausbildung, ist hier meist viel besser, im Sinne von: führt eher zum Job. Studieren kann man später immer noch.

Vorsicht bei Modestudiengängen, die entstehen, weil es eine große Nachfrage gibt und die Bildungsanbieter damit Geld verdienen können.

5. Ist der Eingangsbereich breit genug oder schon zu speziell?

Es ist meiner Meinung nach nicht sinnvoll ein Fach wie Eventmanagement zu studieren, da es sich hier um einen Teilbereich des Marketings handelt. Wer später weiterkommen will, wird irgendwann merken, dass ihm/ihr konzeptionelle Grundlagen fehlen. Oder anders gesagt: Der Weg aus der Eventabteilung etwa in eine Marketingleitung ist mit einem Studium Eventmanagement auf klassischem Bewerbungsweg äußerst schwierig.

Wer aufsteigen möchte, sollte immer auch seine Bildungsabschlüsse auf das Niveau der Stelle bringen. Das ist schwieriger, wenn das Erststudium nicht so leicht “upzugraden” ist.

Deshalb: Vorsicht bei zu speziellen Eingangsbereichen.

6. Ist das im Studiengang vermittelte Wissen wirklich wissenschaftlich?

Wissenschaft hat die Aufgabe Forschung zu betreiben und Erkenntnisse daraus in der Lehre weiterzugeben. Ich halte es vor diesem Hintergrund für schwierig, wenn ein Lehrstuhl von einem Unternehmen finanziert wird. Der wird immer eigene Interessen haben – die können zu den langfristigen Bildungsinteressen der Studierenden konträr stehen.

Vorsicht, wenn die Forschung von Unternehmen (mit-) bestimmt wird.

7. Gehört das Thema nicht unter ein anderes Etikett?

Ist E-Commerce ein eigenes Thema? Oder gehört es nicht vielmehr in die Wirtschaftsinformatik? Ich finde: Eindeutig letzteres. Noch mal: In einem Studium sollten Grundlagen vermittelt werden, die mindestens das nächste Jahrzehnt überleben. Ich bezweifle, dass das für viele der E-Commerce-spezifischen Inhalte gilt, etwa SEO und Online-Marketing. Das Wissen ist so fluid, dass es in einem Studium fehl am Platz ist.

Achten Sie auf Etikettenschwindel und trennen Sie Grundlagen- von Aufbauwissen.

8. Ist das Thema überhaupt richtig im Bachelor?

Bachelorstudiengänge sollten Grundlagenstudiengänge sein, sind es aber oft nicht. Sustainability etwa ist wichtig, aber ist ein Nachhaltigkeitsstudium bachelor-geeignet? Meine Meinung: Nein. Wer später in diesem Bereich arbeiten will, wird dies entweder aus der (Umwelt-)Technik, dem Marketing, dem Einkauf oder der Kommunikation/PR heraus tun. Unternehmen mit einer eigenen CSR-Abteilung kann man an zehn Fingern abzählen. Die Kompatibilität (vs. Nicht-Kompatibilität) zu anderen Bereichen erweist sich in der Praxis als Problem. Interessenten solcher Studiengänge profitieren also langfristig mehr von einem klassischer „Eingangsbereich“ und späterer Spezialisierung.

Oft führen spezielle Themen kurzfristig leichter in Jobs, langfristig sind die Entwicklungsmöglichkeiten besser, wenn ein breiter Eingangsbereich gewählt wird.

* Den Ausdruck “Micky-Maus-Abschlüsse”  haben schon einige verwendet: Walter Krämer, Statistikprofessor an der TU Dortmund und jetzt im aktuellen Stern Felix Rauner, ein Professor aus Bremen. Er beklagt den immer wilder werdenden Bachelor- und Masterwildwuchs – bis hin zu einem Bachelor in Golfspielen. In diesem Zusammenhang hinterfragt er auch den derzeitigen Trend zum “Studium für jeden” kritisch. Sowie das oft von der Pro-Studium-Front geäußerte Argument, Akademiker verdienten mehr.

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Über Svenja Hofert

Svenja Hofert ist vielfache Bestsellerautorin, die sich im deutschsprachigen Raum über mehr als ein Vierteljahrhundert ein hohes Renommee als Vordenkerin für das Thema Zukunft von Arbeit und Führung erworben hat. Ihr Motto "Zukunft der Arbeit mit Sinn und Verstand". Dieses Blog besteht seit 2006 und wird nur noch gelegentlich gepflegt. Folgen Sie der Autorin, indem Sie Ihren kostenlosen Newsletter Weiterdenken  abonnieren. Auf  Linkedin können Sie der Autorin ebenso folgen und erhalten 14tätig die Weiterdenken Essentials.

7 Kommentare

  1. Pippilotta 18. November 2013 at 9:57 - Antworten

    Gute Hinweise! Ich hoffe, ein paar Anmerkungen sind erlaubt:
    1. Viele dieser Mickey-Maus-Studiengänge sind auch deshalb entstanden, weil die erfolgreiche Akkreditierung eines Bachelor-Studiengangs zwingend ein Alleinstellungsmerkmal voraussetzt(e), das den Studiengang von anderen Angeboten abgrenzt. Dabei sind einige Hochschulen dann wohl ein bisschen über das Ziel hinaus geschossen mit ihrer Spezialisierung.
    2. Um wissenschaftlich in die Tiefe zu gehen sind die üblicherweise sechs Semester bis zum BA ohnehin viel zu kurz. Statt aber wie ursprünglich gedacht im Bachelor erst einmal die fachlichen Grundlagen zu vermitteln, auf denen dann im Master aufgebaut werden kann, wird hier oft Praxis ohne theoretisches Fundament gelehrt. Das hat mit Wissenschaft dann gar nichts mehr zu tun.
    3. Leider ist es für einen Studieninteressenten ohne bereits vorhandene Wissenschaftserfahrung aber gar nicht so einfach einzuschätzen, wie wissenschaftlich/akademisch ein Studiengang ist. Da beißt sich die Katze leider in den Schwanz.
    4. Zehn Jahre “Haltbarkeit” wissenschaftlichen Wissens halte ich schon für gefährlich kurz. Theoretisches Grundlagenwissen sollte eigentlich nahezu zeitlos sein (irgendwann gehört es dann eben zur Theoriegeschichte des Faches), aber natürlich immer wieder um aktuelle Erkenntnisse ergänzt und erweitert werden. Praktische Anwendungen haben üblicherweise ein wesentlich kürzeres Verfallsdatum.

    Und nur am Rande: Leider enthält der Artikel einige (Flüchtigkeits-)Satzbaufehler, z.B. in der Überschrift zu 4. und im letzten Satz von 8. Vielleicht lässt sich das ja noch korrigieren…

    • Svenja Hofert 18. November 2013 at 10:17 - Antworten

      aber gern, schon umgesetzt. Ich habe MINDESTENS ein Jahrzehnt gemeint und nun auch noch hinzugefügt. Und Sie haben völlig recht, dass das in der Praxis unheimlich schwer zu beurteilen ist. Es gibt auch kaum noch jemand, der einen Überblick über den Markt halten und behalten kann. Das fordert dann sehr viel Recherche und Hinterfragen: junge Leute sind damit überfordert.
      Fehler sind jetzt korrigier, hoffe, ich habe allem erwischt. LG Svenja Hofert

  2. Variatio Delectat 19. November 2013 at 13:50 - Antworten

    Wenn wir schon pingelig sein wollen: Es heißt entweder „Mickey Mouse“ oder „Micky Maus“. 😉

    • Svenja Hofert 19. November 2013 at 22:45 - Antworten

      Danke, jetzt haben wir alle Schreibweisen und so viel ich weiß, ist das ein deutlicher Vorteil im SEO… LG Svenja Hofert

  3. MasterOfDesaster 26. November 2013 at 17:08 - Antworten

    Guten Tag Frau Hofert,

    zunächst einmal ein Dankeschön für Ihren Blog. Er hat mich dazu gebracht, vieles, das in den meisten herkömmlichen Ratgebern steht, kritisch zu hinterfragen…
    Dieser Artikel bestätigt meine lang gehegte (und leider von meinen Mitmenschen meist unverstandene) Unsicherheit, was meinen eigenen Studienabschluss betrifft. Ich habe dem Bachelor für Landschaftsarchitektur/Landespflege einen Master im Fach “Umweltmanagement” (FH) angeschlossen.
    Ich habe wirklich viel gelernt in den Bereichen Umwelt/Ökologie, Infrastruktur, Stadtplanung und Raumplanung, das möchte ich nicht in Abrede stellen. Aber irgendwie habe ich immer das Gefühl, für nichts “so richtig komplett” gewappnet zu sein. Ich hatte gehofft, dass sich das mit dem Abschluss und der Bewerbungszeit (in der ich nun seit September bin) bessert – das Gegenteil ist der Fall. Das Durchlesen von Stellenanzeigen führt bei mir noch oft genug zu Zweifeln, ob ich denn nun wirklich die beste Wahl wäre. Allerdings hab ich ja auch keinen Vergleich, wie gut jemand ausgebildet ist, der Beispielsweise ein Universitätsdiplom in der Tasche hat – und ob der/diejenige wirklich “besser” ist, als ich. Da muss ich mich auf die Aussagen der Arbeitgeber verlassen…

    Etwas verunsichert hat mich Punkt 3., ich fürchte, ich hab Sie da nicht richtig verstanden.
    Natürlich ergibt es wenig Sinn, in schnelllebigen Bereichen (z. B. Programme, bei denen jährlich neue Versionen erscheinen) auf die Anwendungskompetenz eines einzigen, spezifischen Programmes zu setzen. Aber was ist denn die Alternative? Dass überhaupt keine Programme mehr gelehrt werden? Dass alle schnelllebigen Anwendungen nur autodidaktisch erlernt werden können/sollten? Natürlich habe ich während meines Studiums beispielsweise verschiedene GIS-Programme und auch deren verschiedene Versionen kennengelernt, im Master war das “altvertraute” Programm aus dem Bachelor dann meist nicht wieder zu erkennen. Man musste sich neu einarbeiten, was teilweise viele Nerven kostete. Aber: Hätte ich nie grundsätzlich gelernt, wie man an solche Programme herangeht, wie sie aufgebaut sind, wo/wann sie eingesetzt werden und wie man sie konkret anwendet, wäre mir die Anpassung sicher viel schwerer gefallen… Verstehen Sie, was ich meine?

    Liebe Grüße und eine angenehme Woche!

    • Svenja Hofert 26. November 2013 at 17:29 - Antworten

      Hallo, Dankeschön für Ihr ausführliches Feedback. Aber zweifeln Sie nicht, da haben Ihre Mitmenschen durchaus recht.
      Seien Sie mutiger, Sie haben wirklich etwas vorzuweisen, aber bleiben Sie entspannt und rechnen Sie mit einer Suche von 6 Monaten oder mehr. Das liegt einfach daran, dass die erste spezifische Berufserfahrung in den meisten Studiengängen kein Selbstläufer ist. D.h. man kommt von Uni/Hochschule und sofern Sie kein Techie sind, brauchen Sie eine gewisse Zeit, sich zu finden. Stellen Sie die Argumente gut raus, die für Sie sprechen. Haben Sie praktische Erfahrung? Ganz wichtig ist, dass Sie wissen wo und nach was Sie suchen.
      Bezogen auf Programme: Keine Sorge, ich meine natürlich nicht GIS-Programme oder ähnliches. Ich meine ein Studium, das im Wesentlichen auf “vergänglichen” Inhalten etwa Flash-Programmierung aufsetzt o.ä. Um Gottes willen, es ist sehr sinnvoll, Programme zu lernen, GIS-Programme, ja nach Fach auch SAP, Matlab o. ä. und natürlich SPSS oder andere Statistikprogramme. Die helfen, das studierte Thema anzuwenden. Problem ist dann aus meiner Sicht gegeben, wenn erst das Programm kommt und dann das Thema.
      herzliche Grüße Svenja Hofert

  4. Donaldist 4. August 2014 at 20:56 - Antworten

    Als Mitglied der Deutsche Organisation der nichtkommerziellen Anhänger des lauteren Donaldismus möchte ich meinen Protest kundgeben! Entenhausen verfügt sehr wohl über ein anstrengendes Bildungssystem. Es ist nachgewiesen, dass bei der Aus- und Weiterbilung der Schüler das Gehirn käst.

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