Es fühlt sich falsch an, also ist es falsch. Ein falscher Job ist wie ein fremder Körper. Er macht unglücklich. Sorgt dafür, dass man sich deplatziert fühlt. Und zwar dauerhaft, nicht nur zeitweise.

Manchmal frage ich „wie unglücklich fühlen Sie sich auf einer Skala von +30 Grad bis minus 30“? Wenn dann jemand antwortet „minus 30“ ohne Sibirien-Fan zu sein, dann weiß ich: das ist jemand, der wirklich handeln muss. Sehr oft stand eine falsche Berufsentscheidung in der Vorgeschichte, ein  Irrtum oder Kompromiss. Vielleicht hat man auf die Eltern gehört, möglicherweise war die Freundesmeinung stärker oder auch die Angst vorm Scheitern oder dem großen Schritt. Fast immer war zum Zeitpunkt der falschen Entscheidung schon etwas anderes da, eine Idee oder vage Vorstellung, vielleicht auch eine konkrete – von dem, was man eigentlich hätte machen sollen.

Bei 30 Grad minus gibt es kaum eine Frage; es besteht akuter Handlungsbedarf – anders als bei 10-Grad-und-mehr. Die alltägliche Unzufriedenheit, kleine Konflikte und die (normale) Abwesenheit von dauerhaftem Glück wird als Indiz für die Notwendigkeit einer beruflichen Umorientierung erkannt – das ist meist zu wenig für  große Schritte, siehe mein Artikel über Krisen. Ist die Unzufriedenheit in diesem erträglichen Bereich, braucht es manchmal einfach nur ein neues Umfeld, ein anderes Team, eine Veränderung des Orts oder ein höheres Gehalt. Menschen mit latenter Unzufriedenheit, die aber nicht kurz vorm Erfrierungstod stehen, tut Veränderung gut, vielleicht auch ein Perspektivenwechsel. Radikale Schnitte wollen sie bei näherer Betrachtung oft gar nicht, sie kosten zu viel Geld und zu viel Zeit.

Wer dagegen wirklich im falschen Job ist, dem ist Veränderung und der Weg dorthin etwas wert. Für mich sind das die einfachsten „Fälle“, denn hier geht es nicht um den Luxus eines Traumjobs, sondern um das existenzielle Bedürfnis, seine eigenen Stärken ausleben zu können.  Nichts ist schöner, als einen mutigen Schritt zu begleiten, der später zu einem wohligen Temperaturempfinden und zum Ende der Kälteperiode führt.

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Über Svenja Hofert

Svenja Hofert ist vielfache Bestsellerautorin, die sich im deutschsprachigen Raum über mehr als ein Vierteljahrhundert ein hohes Renommee als Vordenkerin für das Thema Zukunft von Arbeit und Führung erworben hat. Ihr Motto "Zukunft der Arbeit mit Sinn und Verstand". Dieses Blog besteht seit 2006 und wird nur noch gelegentlich gepflegt. Folgen Sie der Autorin, indem Sie Ihren kostenlosen Newsletter Weiterdenken  abonnieren. Auf  Linkedin können Sie der Autorin ebenso folgen und erhalten 14tätig die Weiterdenken Essentials.

6 Kommentare

  1. Burkhard Reddel 17. Februar 2011 at 11:10 - Antworten

    Hallo Frau Hofert,

    ich kann Ihnen da nur aus eigener Erfahrung zustimmen. Damals vor langer Zeit(ca.25Jahre her) habe ich mich durch Eltern und deren falsche Ansichten in einen Kaumännischen Job,Lehre Industriekaufmann und vorher Höhere Handelschule, drängen lassen. Dort war ich nie glücklich und das lag mir auch nicht. Heute weiß ich, leider zu spät, ich hätte mich damals durchsetzen müssen und in einem handwerklichen Beruf oder als Cutter im Film bemühen sollen. Das wäre mein Weg gewesen. Leider hat sich der flasche Weg lange fortgesetzt bis es mir durch eine Umschulung gelang, wenigstens ein bischen Technik in meinen Beruf zu bringen, nämlich Programmierung. Damals wurde mir ein zusätzliches falsches Bild von der Arbeitwelt vermittelt an dem ich auch manchmal heute noch hänge, nicht mehr so häufig, aber manchmal kommts noch durch. Du mußt Deinen Arbeitsplatz um alles in der Welt behalten und halten, egal wie unglücklich Du bist.Verliere nie einen Arbeitsplatz und sei froh wenn Du aArbeit hast. Das ist definitiv falsch und hat mir mehere Chancen, die ich in meinem Leben hatte, verbaut. Aber jetzt mit 51 Jahren weiß ich es definitiv besser. Leider zu spät um nochmal richtig durchzustarten. Meine großen Träume sind nicht mehr realisierbar und ich muß mich mit mittleren Träumen zufriedengaben. Also wer in der Jugend das Glück hat,richtig beraten zu werden, durch wen auch immer, sei es Eltern oder Lehrer oder Berufsberater oder “Coaches” (obwohl Sie keiner sein wollen 😉 ) hat Glück und es werden entscheidende Weichen gestellt. Dennoch ist es mir Zeitweise gelungen einen meiner Traumjobs, nämlich Prgrammierer, zu bekommen. Was schade ist, ich habe Sie zu spät kennengelernt. Ihre Bücher und die Blogs haben mir sehr geholfen mich zu positionieren und heute starte ich insofern nochmal neu durch, daß ich die mittleeren, abgespckten Träume im Beruf realisiere. Zumindest der Versuch. Also alle , die gute Berater haben ! ” festhalten”!

    Viele Grüße B.RE:

  2. Svenja Hofert 17. Februar 2011 at 14:05 - Antworten

    Hallo Herr Reddel, vielen Dank für den netten Kommentar. Ja, die Eltern – sind keine guten Berufsberater. Aus mir wollten Sie eine Bankkauffrau machen, aber an der Stelle war ich beratungsresistent 😉 Am besten hört man auf sich selbst und probiert aus, lernt und lernt dazu und hat vor allem den Mut, falsche Wege früh genug zu korrigieren. herzliche Grüße und ich drück die Daumen für Ihre nächsten Schritte Svenja Hofert

  3. Mark 4. Juni 2014 at 11:18 - Antworten

    Liebe Frau Hofert, ich bin vor ca. einem halben Jahr auf ihre Seite gestoßen und habe viele interessante Beiträge und Anregungen gefunden. Auch der obere Artikel spricht mir aus der Seele. Ich bin ende 30 habe nach der Realschule eine kaufmännische Ausbildung beendet und wurde fest übernommen, ich habe 1,5 Jahre durchgehalten und war totunglücklich und würde sagen das war bis jetzt meine schlechteste Zeit im Leben. Dann habe ich gekündigt, mein Abi nachgemacht und Wirtschaftswissenschaften mit einem Soziologischen/Psychologischen Schwerpunkt studiert, da ich nicht mutig genug war den kompletten Bruch zu wagen. Nach dem Studium bin ich leider, da ich auf andere (bzw. Glaubenssätze) und nicht auf meinen Bauch gehört habe, im Controlling eines Konzernes geraten. Obwohl ich fachlich gut bin merke ich, dass ich gegen meine Interessen und Werte arbeite und jeden Tag leide. Gott sei Dank, habe ich eine wunderbare Frau die mich unterstütz und kleine wundervolle Tochter. Da ich merke das ich langsam verbittert werde und es sich auch auf meine Beziehung auswirkt, habe ich für mich (mit meiner Frau) beschlossen die Reisleine zu ziehen und zu kündigen und meinem Leben eine neue Richtung zu geben. Auch wenn es riskant ist, aber die Familie und Gesundheit ist wichtiger. Es fehlt mir nicht leicht da ich eine klassische arbeiterfamilien Hintergrund habe. Schuster bleib bei deinen leisten, lieber der Spatz in der Hand…kein Risiko, nicht auffallen…

    Wenn ich Zweifel habe ermutigen mich Blogs von Leuten wie Ihnen, wieder. Und wenn man keine Entscheidungen trifft werden die Entscheidungen für jemanden getroffen! Letztendlich will ich meiner Tochter ein Vorbild sein , dass man sein Leben bis zu einem bestimmten Mass gestallten kann und zu bestimmente Überzeugungen stehen muss.

    Dabei habe ich sehr bescheidene Ziele…Interessanten Job, angemessene Bezahlung, Sinn…Zeit fürs Leben.

    Gruß aus dem bergischen

    • Svenja Hofert 4. Juni 2014 at 11:57 - Antworten

      Lieber M, Grüße ins Bergische, ich habe ein paar Jahre dort gelebt, schöne Gegend, ich liebe diese hügelige Landschaft. Da blüht es bestimmt grade sehr! Ja, nur wenn man Entscheidungen trifft, kann man etwas verändern. Viele Menschen harren aus und warten, ob sich etwas ändern. Es ändert sich nur etwas, wenn man selbst etwas tut. Ich wünsche Ihnen alles Gute, genießen Sie das Leben und Ihre kleine Familie. So oft öffnen sich Türen, wo man sie nie erwartet. herzliche Grüße Svenja Hofert

  4. Bienchen 28. August 2016 at 19:22 - Antworten

    Liebe Frau Hofert,
    bei mir war es so, dass meine Mutter damals den Beruf für mich ausgesucht hat und ich regelrecht gezwungen wurde, in dieses Ausbildungsverhältnis zu gehen. Ich hätte nach Abschluss der mittleren Reife ganz andere Berufe in Aussicht gehabt, die ich gerne gemacht hätte. Ich war damals 16 Jahre alt und habe mich meiner herrschsüchtigen Mutter unterworfen. Auch durfte ich damals nicht aufs Gymnasium gehen, weil meine Mutter einfach keinen Stress haben wollte. Ich wollte von Kind an schon immer Medizin studieren, das jedoch war meiner Mutter egal. PTA, MTA, Physiotherapeut und Arzthelferin wären nach der MR meine bevorzugten Ausbildungsberufe gewesen. Dies ärgert mich bis heute. Habe stattdessen damals im Arbeitsamt eine Ausbildung zur “Fachangestellten für Arbeitsförderung” gemacht und habe damals bereits nach wenigen Wochen gemerkt, dass das nichts für mich ist. Ich wollte abbrechen. Durfte ich nicht. Es hat geheißen, dass das jetzt fertig gemacht wird. Heute bin ich ein ganz anderer Mensch geworden. Habe eine Psychotherapie über 5 Jahre gemacht, mein Selbstbewußtsein (zurück)bekommen und würde mir so etwas nie mehr gefallen lassen. Ich habe mir von da an, auch von meiner Mutter nichts mehr sagen lassen. Von da an hieß ich “Rebell”. Ok. Konnte ich damit leben. Ich war ich und sie war sie. Fertig. ABER: ich habe eben damals 10 Jahre in dem Beruf gearbeitet. Ich war froh um jeden cent, denn ich wollte so schnell wie möglich von zu Hause ausziehen (dreimal dürfen Sie raten – wegen meiner schrecklichen Mutter). Dann habe ich mein erstes Kind bekommen und ich war so froh, dass ich endlich nicht mehr in dieses verdammte Amt fahren muss. Kind 2, Kind 3…folgten. Habe eine herrliche Zeit genossen. Zeitweise 450€ Jobs gehabt, zu mehr reichte die Zeit nicht, da mein Mann sehr viel auf Dienstreisen war und ich nie jemanden für die Kinder hatte. Jetzt nach 17 Jahren “Amtspause” habe ich in TZ wieder in meinem alten Beruf angefangen (17 Jahre Sonderbeurlaubt) und es ist soooo die HÖLLE. Von Mobbing bis Bossing, ich gehe jeden Tag mit Angst in die Arbeit. Die Kunden teilweise unerträglich. Ich habe seither schon 3 Bandscheibenvorfälle gehabt und Kiefervorfall (innerhalb von 3 Jahren). Ich kann und will nicht mehr. Wenn ich an die Arbeit denke, bekomme ich sofort Kreuzschmerzen. Manche sagen zu mir: “Halte durch, zeig es denen, denk an deine Rente”. Andere sagen: “Raus da, sind deine Sargnägel”. Mein Mann sagt: “Ich muss auch ranglotzen, sei nicht so empfindlich, steh deine Frau” Mit dem Unterschied, dass ER das 6-fache verdient und nicht mal den Müll raustragen muss. Damals konnte nicht wechseln, weil ich die Miete bezahlen musste, da mein Mann noch im Studium war und heute bin ich zu alt für einen Wechsel und möchte aber trotzdem mein eigenes Geld haben. Wohnen in einer Kleinstadt und da gibt es kaum Möglichkeiten. Der Witz: ich könnte mich nicht mal arbeitslos melden, Sperrzeit umgehen ect.., weil dann sitze ich auf der anderen Seite des Schreibtisches. Die Peinlichkeit schlechthin. Ich habe Mordgedanken an meine Mutter aber keine Sorge, sie ist schon verstorben. Wenn man in dem Amt gelernt hat, kann man praktisch nix, jedenfalls nichts, was man in anderen Firmen anwenden könnte. Deswegen sind die Mitarbeiter der Agenturen für Arbeit auch alle so angepisst, weil sie alle wissen, dass sie nicht weg können. Wir arbeiten nicht am und für den Kunden sondern ausschließlich für die Statistik. Nichts was ich mache, ergibt einen Sinn. Was kann ich in meinem Fall machen ?

  5. Checcu 9. November 2017 at 20:50 - Antworten

    Liebe Frau Hofert

    Ihr Beitrag gefällt mir sehr und ich kann dem voll und ganz zustimmen. Ich sass einige male bereits im falschen Job und wie sie schreiben es fühlte sich wie ein Fremdkörper an. Als würde es einfach nicht zu einem gehören. Man fühlt sich die ganze Zeit fehl am Platz jede Tätigkeit fühlt sich fremd an. Ich musste auch langsam feststellen, dass das Umfeld keine gute Berufsberater sind. Im Normalfall sagt man ja das mit jemandem über Entscheidungen reden gut tut, doch ich teile diese Meinung heute nicht mehr. Mann muss nur und wirklich nur auf sich selbst hören. Ich war im Verkauf tätig und wollte schon seit längerem Weg, den mit der Zeit konnte ich das bedienen und ständige lächeln nicht mehr ertragen, noch dazu kamen die langen Oeffnungszeiten und das stehen. Also habe ich mir gedacht Büro jedoch mit Kundenkontakt (telefonisch) wäre eine gute Lösung. Ich bekam ein Jobangebot die Firma an und für sich sehr gut, doch nach der Probearbeiten hatte ich schon bereits ein gleichgültiges Gefühl. Bei der Zusage kam dan ein schlechtes Bauchgefühl noch dazu. Ich musste mich sehr schnell entscheiden und so lies ich mich von Freunden und Eltern beraten. Ich liess mich von allen Argumenten überzeigen welche kamen Büro (wird immer hoch angesehen), gute Arbeitszeiten, Jetzt hast du doch die Zusage zieh es durch, super Chance. So entschied ich gegen das Bauchgefühl und für Argumente der heutigen Gesellschaft. Ich ärgere mich heute nur darüber, den der Job fühlt sich für mich richtig ungut an, in meinem Verstand kreisen die ganze Zeit Gedanken wie was mache ich eigendlich da. Für die Zukunft hoffe ich, ich werde mehr Mut haben diesem Bauchgefühl zu folgen. Die Argumente für Bürojobs sind immer gut, doch irgendwie passt das gar nicht zu mir. So fühlt es sich auf jedenfall an. Nun bin ich 25 und weis nicht wie es weitergeht.

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