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Sind Sie ein Schnell-das-Interesse-Verlierer oder Am-Ball-Bleiber beim Social Networking?

Veröffentlicht: 13. Juli 2012Kategorien: Karriere und Beruf

© alphaspirit - Fotolia.com

Ich erwarte keine unmittelbaren Nutzen meiner Social Media Aktivitäten. Als eine Kollegin mich fragte, wieviel Umsatz mir denn das Twittern und soziale Netzwerken bringe, zuckte ich mit den Schultern. Nicht aus Ratlosigkeit, sondern weil ich glaube, dass es vollkommen sinnlos ist, das zu berechnen. Der gefühlte Nutzen reicht mir. Er wächst auch organisch. Und jeder der versucht, die Gesetze organischen Wachstums, Slow Growings, durch aggressive Marktüberschwemmung zu brechen, kann nur verlieren. Dieses Denken entspricht in keiner Weise den Grundsätzen des Marketings, die ich gelernt und eine Zeitlang sogar gelehrt habe. Aber was ich gelernt habe, ist auch alt und teilweise veraltet. Sogar Themen wie Postionierung sind nicht mehr zeitgemäß, dazu anderer Stelle mehr.

Dass das Am-Ball-Bleiben sich gerade im Internet auszahlt, hat mit dem Trend zu tun, dass immer mehr Menschen intrinischer arbeiten, authentischer sein und beraten werden wollen. Es zählen nicht mehr die großformatigen Anzeigen, teuren Spots und erkauften Zugehörigkeiten: Bei Personenmarken im Internet lässt sich unmittelbar erkennen, wie lange, wie konstant und wie in sich schlüssig sie aktiv sind. Dabei ist völlig gleich, ob sie kleine Unternehmen, Selbstständige oder Angestellte sind.

Für Neueinsteiger in Social Media ist das eine große Hürde: Sie haben ja noch nichts. Neueinsteiger müssen besonders beharrlich sein und sehr viel Geduld mitbringen. Das ist in den Social Media wie bei allen Netzwerken. Wer Instantwirkung und sofortige Belohnung für sein Engagement sucht, wird enttäuscht werden. Das betrifft nicht nur Twitter, Xing und Facebook, sondern alle Netzwerke – ja jegliches Engagement online und offline.

Mir fällt an dieser Stelle das bekannte Experiment aus den 1960 Jahren ein, bei dem Kinder mit einem leckeren Marshmallow allein gelassen wurden. Diejenigen, die nicht an sich halten wollten und die Süssigkeit mampften, waren später im Leben weniger erfolgreich als die, die warteten, um am Ende zwei zu bekommen.

Im Internet spaltet sich die Welt sichtbar in Schnell-das-Interesse-Verlierer (SIVs) und beharrliche Am-Ball-Bleiber (ABB). SIVs haben nach einen Jahr immer noch sieben Xing-Kontakte, bauen eine pompöse Facebook-Fanseite und überschreiten die 3 Fans auch nach zwei Jahren noch nicht.  Bei Twitter dümpeln sie ewig bei wenigen Dutzend, es sei denn sie haben sich schnell mal ein Paket Follower gekauft.

SIVs kommen nie so weit wie sie wollen. Mag sein, dass dabei auch im Weg steht, dass sie in Return-On-Investment-Kategorien denken. Wie viel muss ich twittern, um XX Kunden zu bekommen? SIVs sind allgemein leicht zu beeindrucken von Zahlen. Sie denken noch sehr in traditionellen Marketing-Kategorien und suchen überall nach Messbarkeit. Sie gehen oft erst dann in ein Netzwerk oder pushen die Aktivität, wenn sie akuten Notstand haben, zum Beispiel zu wenig Kunden oder keinen Job (mehr). Entsprechend riesig ist die Erwartungshaltung.

Wie im Marshmallow-Experiment wollen SIVs die sofortige Belohnung. Und sind natürlich enttäuscht, wenn es bei 3 Freunden und 7 Followern bleibt oder die 5.000 gekauften Twitterer nicht den erwarteten Umsatz bringen.

Sie können vom SIV zum ABB werden, aber dafür muss zum Erfolgswillen auch ein wenig intrinsische Motivation, also Spaß an der Sache selbst kommen. Wer die nicht hat, sollte überlegen, die Aufgabe lieber zu delegieren. Aber dann bitte an jemand, der am Ball bleibt.

Foto: Fotolia.com

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Über Svenja Hofert

Svenja Hofert ist vielfache Bestsellerautorin, die sich im deutschsprachigen Raum über mehr als ein Vierteljahrhundert ein hohes Renommee als Vordenkerin für das Thema Zukunft von Arbeit und Führung erworben hat. Ihr Motto "Zukunft der Arbeit mit Sinn und Verstand". Dieses Blog besteht seit 2006 und wird nur noch gelegentlich gepflegt. Folgen Sie der Autorin, indem Sie Ihren kostenlosen Newsletter Weiterdenken  abonnieren. Auf  Linkedin können Sie der Autorin ebenso folgen und erhalten 14tätig die Weiterdenken Essentials.

7 Kommentare

  1. Christoph Burger 13. Juli 2012 at 17:53 - Antworten

    Hallo Frau Hofert,

    sehr schön! Stimme voll zu! Anders formuliert: Wer braucht heute noch Kopien und Abziehbilder, diejenigen, welche keinen Charakter besitzen oder zeigen?!
    Gerade im Netz, wo massig kopiert wird, stellt sich die Frage nach den Originalen.
    Gerade habe ich wieder mal eine Suchtour durchs Netz unternommen und enttäuscht abgeschlossen. Authentische Seiten sind selten – oder anders gesagt: Verzweifelt gesucht! Meistens: Nichts als Kopien.
    (Wohl eine Erklärung, wieso die Leute bei mir hängen bleiben, fast ohne dass ich das groß bewerbe.)
    Aus dem gleichen Grund gehört für mich Ihre Seite im positiven Sinn zur Pflichtlektüre.

    Schöne Grüße,

    Christoph Burger

  2. Bernd Slaghuis 13. Juli 2012 at 20:03 - Antworten

    Hallo Frau Hofert,
    ich erlebe häufig, dass gerade mittelständische Unternehmer denken, dass Social Media für sie unwichtig sei und dies keinen Nutzen stiftet. Sie haben Recht, hier herrschen häufig noch andere Nutzendefinitionen als ökonomische Kenngrößen für Erfolg. Ich kann verstehen, dass ein traditioneller Familienunternehmer (noch) lieber zu seinen Kunden raus fährt als täglich Facebook, XING, Twitter und Co. zeitaufwendig mit immer neuen Inhalten zu bedienen. Vielleicht ist es auch eine Typ-Sache, wie aufgeschlossen wir gegenüber dem Internet und seinen Medien sind. Es gehört eine Portion Kreativität, Neugierde und vor allem Konsequenz und Ausdauer dazu, auf den vielen Kanälen präsent zu sein und aus der Masse hervorzustechen. Wer es sonst gewohnt ist, draußen als “Rampensau” schnell gut anzukommen, gehört im Internet wahrscheinlich eher den SIVs an.

    Viele Grüße – von einem Kennzahlen-liebendem ABB 😉
    Bernd Slaghuis

    • Svenja Hofert 14. Juli 2012 at 17:28 - Antworten

      Hallo Herr Slaghuis, wobei es einige echte “Trompeten” (Rampensäue) gibt, die auch im Internet gnadenlos erfolgreich sind. Ich denke z.B. bloggen spricht tendenziell eher Introvertierte an, insofern sind “I-Typen” (siehe Sylvia Löhken Interview in diesem Blog) beim Am Ball bleiben wohl im Vorteil… Apropos Familienunternehmer und Mittelstand: Die haben einfach noch nicht verstanden, worauf es ankommt. Ich bekomme täglich Anfragen von irgendwelchen Unternehmen, die in meinem Blog wollen. Die stellen sich extrem ungeschickt an, z.B. liefern sie vorgefertigte Texte und wollen Links an bestimmten Stellen. Das ist Marketing-Denken nach Zahlen. Dem Verband der Familienunternehmer habe ich angeboten statt ihrem Standard-Text doch ein individuelles Interview zu machen. Danach war Stille. Die wollen ihren Link für ihr Ranking, weil ihre SEO-Agentur das als strategisch wichtig ansieht…. Das ist Marketing-Denken 1.0 pur. Und ich bin wirklich froh, dass ich mir leisten kann, “nein” zu sagen, weil ich nicht auf die Blog-Vermarktung angewiesen bin 🙂
      LG Svenja Hofert

  3. Gilbert 13. Juli 2012 at 23:54 - Antworten

    “Im Netz, wo massig kopiert wird” – sind das nicht Klischees, die genauso stimmen, wie ihre Gegenteile? Das Netz ist voll von absolut authentischen Seiten. Das ist ja gerade das Großartige – man findet zu jedem noch so abseitigen Interesse jemanden, der es teilt und was tolles damit anstellt. Long Tail. Für mich der große Gewinn an Lebensqualität, seit das Netz in mein Leben getreten ist. Das heißt aber auch, dass man vor allem das findet, was man sucht.

    Das mit dem Marketing sehe ich ähnlich. Obwohl mich die Korrelationen zwischen meinen Aktivitäten und dem Traffic, den ich dann in Analytics sehe schon faszinieren. Gerade da kommt – zusätzlich zur intrinsischen – auch noch eine Zucker-Motivation ins Spiel. Ich kann mich nicht ganz bei entweder SIVs oder ABBs einordnen. Kann ich beides sein?

  4. Christoph Burger 14. Juli 2012 at 16:48 - Antworten

    Hallo Gilbert,

    zur Skepsis, dass im Netz viel kopiert wird:

    1.) Ich wundere mich schon, wo meine Inhalte überall auftauchen.
    2.) Zuweilen verbreiten sich bestimmte Falschmeldungen lawinenartig, eben durch Kopieren. Wegen ihres Nachrichtenwerts. Und dann kommt mal jemand daher und überprüft dat janze und findet heraus, dass da nichts dran ist oder es sich ganz anders verhält wie in den zigfach kopierten Artikeln. (Beispiel: Joachim Gaucks Fehltritte, die kurz vor Beginn seiner Präsidentschaft diskutiert wurden und dann ich glaube von Sascha Lobo u.a. aufgearbeitet).

    Natürlich gibt es authentische Blogs en masse mit privaten Inhalten, die ganz individuell sind. Die werden dann auch nicht kopiert – warum auch?

    Schöne Grüße,

    Christoph Burger

  5. Svenja Hofert 14. Juli 2012 at 17:12 - Antworten

    Hallo Gilbert, man kann ganz sicher beides sein; ich fürchte ich bin auch beides, da SoMe-technisch von meinen aktuellen Zeitplänen und “Surflaune” gesteuert. Aber ich hab mir gaaaanz fest vorgenommen, Struktur in meine Aktivitäten zu bringen. 3 Mal Blog die Woche habe ich mir vor einem Jahr vorgenommen und das schon mal geschafft. Meine Aktivitäten sind auch kurvenartig, mal mehr, mal weniger (typisch P, fürchte ich). Einmal lag ich krank im Bett und hab das Internet mit Likes und Links so überschwemmt, dass Proteste kamen ….;-) Aber meinen Kunden bleue ich immer ein strukturierte vorzugehen – mit der Folge, dass mich viele bei Twitter und FB längst überholt haben. Wie war das mit dem Schuster? LG Svenja

  6. […] hat auch meine Kollegin Svenja Hofert in Ihrem Blog einen spannenden Artikel geschrieben, hier zu […]

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