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Vom Zickenkrieg zum Psychoterror: Wann fängt Mobbing an?

Der Stempel auf dem gelben Zettel schien ein eindeutiges Zeichen zu sein. „Die Krankmeldung kam aus einer psychosomatischen Klinik“, erzählt Agenturchef Thomas. „Ich hatte nicht ernst genommen, was mir meine Kollegin angedeutet hatte: Dass Sabine sich ernsthaft gemobbt fühlt.“ Erst jetzt dämmerte dem Unternehmer, dass seine Beraterin nicht mehr wiederkommen würde. Dabei hatte er doch einfach nur immer wieder gesagt, dass sie sich endlich aufraffen müsse und die Leistung bringen, die man von ihr erwartete! Einige Wochen später: die Kündigung. Im beiliegenden handgeschriebenen Brief: der Mobbing-Vorwurf.
Eine vor kurzem veröffentlichte Studie des „Bündnisses gegen Cybermobbing“ befragte 6.200 Menschen und kam zu dem Ergebnis, das 40 Prozent bereits Opfer von Attacken am Arbeitsplatz oder im Internet waren. Frauen sind anderthalb Mal häufiger betroffen als Männer. Doch was definieren diese Befragten als Mobbing? Ist es Mobbing, wenn der Vorgesetzte ständig kritisiert? Wenn der Auftraggeber auf die Körbchengröße der Auftragnehmerin anspielt?
Eine einheitliche Definition für Mobbing gibt es nicht, am griffigsten scheint mir diese von Hans Leymann: „Negative kommunikative Handlungen (von einer Person oder mehreren Personen) die gegen eine Person (oder mehrere Personen) gerichtet sind und die sehr oft und über einen längeren Zeitraum hinaus vorkommen und damit die Beziehung zwischen Täter und Opfer bestimmen“. Leymann setzt dem eine mindestens einmal wöchentlich erlebte Mobbing-Handlung über mindestens ein halbes Jahr voraus.
Ich denke nicht, dass die Mobbing-Studie diese eher strenge Definition verwendet hat, sondern vermutlich die subjektive Mobbing-Betroffenheit. Und mit der ist es schwierig. Keine Frage, dass es Mobbing ist, wenn Schüler immer vor dem Musikunterricht die Gitarre der Mitschülerin verstecken, woraufhin diese regelmäßig in Tränen ausbricht. Keine Frage, wenn Informationen systematisch und immer wieder vorenthalten werden, um jemanden auszuhungern. Auch Facebook-Gemeinheiten: darüber braucht man nicht reden, das ist klar Mobbing. Aber wenn der Chef, hier Thomas, mit seiner Mitarbeiterin nicht zufrieden ist und das sagt? Wenn er Projekte entzieht, weil er die Termine gefährdet sieht? Dann ist die Sache mehrdeutig. Und die meisten Fälle, die mir begegnet sind, sind genau so: mehrdeutig.
Es gibt Persönlichkeiten, die eher dazu neigen, Mobbingopfer zu werden. In einer Studie mit Erwachsenen war signifikant, dass Mobbing-Betroffene höhere Werte in den Big-Five-Persönlichkeitsdimensionen Neurotizismus und Offenheit für Erfahrungen aufwiesen. Menschen mit höherem Neurotizimus litten auch mehr unter Mobbing, das heißt, sie empfanden es stärker.
Extraversion korreliert leicht negativ mit Mobbing-Opfer-sein. Das heißt „laute“ Menschen können sich einfacher schützen. Ich erlebe manchmal – in der Regel Frauen – in der Beratung, die in solchen Situationen wie erstarrt sind und höllisch darunter leiden, was die Gegenüber gar nicht merken. Viele Frauen können nicht so gut Grenzen ziehen, und schlagfertig ist auch längst nicht jeder. Das heißt, wirksame Anti-Mobbing-Techniken kann nicht jeder anwenden.
Diverse Teams – mehr Mobbing?
Mein subjektiver Eindruck ist, dass Mobbingvorwürfe gegen Teammitglieder in interkulturellen Kontexten, also im Zuge einer immer stärkeren ethnischen und geschlechterbezogenen Diversity im Moment zunehmen. Es bleibt nicht ohne Folgen, dass plötzlich mehr Frauen da sind (wiewohl noch in der Minderheit, und Minderheiten werden eher gemobbt) und andere Nationalitäten in die Teams ziehen. Ich könnte mir vorstellen, dass sogar schon eine stärkere regionale Durchmischung in ländliche Regionen, Mobbing begünstigen kann. Wird doch eher der Außenseiten gemobbt als der Zugehörige.
Kulturell bedingtes unterschiedliches Kommunikationsverhalten ist oft die Wurzel für Missverständnisse, die in einem Mobbingvorwurf münden können. Eine gute Hilfe dabei, sich diese Unterschiede bewusst zu machen, liefert die App Culture GPS, die die Dimensionen des niederländischen Kulturwissenschaftlers Geert Hofsteede aufgreift und grafisch umsetzt.
So kann eine höhere Machtdistanz (Power distance) Mitarbeiter mit entsprechenden kulturellen Hintergrund hindern, klare Schritte gegen Angriffe zu unternehmen. Ein niedriger Individualismus bringt oft die Neigung mit sich, Übergriffe eher zu tolerieren (weil man sich selbst nicht so wichtig nimmt). Diesen Aspekt, mehr Mobbing auch als Folge von steigenden Diversität, hat meines Wissens noch niemand richtig aufgegriffen. So schlimm und schrecklich einzelne Mobbingfälle sind, das viel größere Problem ist aus meiner Sicht die fehlende Bewusstheit für die Unterschiedlichkeit von Menschen.
Was tun?
Als Mensch und als Führungskraft sollten Sie sich bewusst machen, dass die Grenzen bei jedem Menschen anders liegen und dass fantasievolle (Offenheit für neue Erfahrungen), empfindsame und emotionale Menschen (Neurotizismus) etwas anfälliger für Mobbing sind. Hören und sehen Sie genau hin. Fragen Sie, wie Ihr Gegenüber eine Aussage und Handlung empfindet. Sensibilisieren Sie Ihr interkulturelles Gespür. Was Mobbingopfer tun sollten, ist anderswo ausführlich beschrieben. Ich finde, eins dabei wird oft vergessen: Auch die Führungskraft, beteiligt oder scheinbar unbeteiligt, muss für sich sorgen und den Vorwurf Mobbing erst einmal für sich verarbeiten und bewerten.
Über Svenja Hofert

Svenja Hofert ist vielfache Bestsellerautorin, die sich im deutschsprachigen Raum über mehr als ein Vierteljahrhundert ein hohes Renommee als Vordenkerin für das Thema Zukunft von Arbeit und Führung erworben hat. Ihr Motto "Zukunft der Arbeit mit Sinn und Verstand". Dieses Blog besteht seit 2006 und wird nur noch gelegentlich gepflegt. Folgen Sie der Autorin, indem Sie Ihren kostenlosen Newsletter Weiterdenken abonnieren. Auf Linkedin können Sie der Autorin ebenso folgen und erhalten 14tätig die Weiterdenken Essentials.
Ich wurde massiv von meinem Arbeitskollegen gemobbt. Er versteckte regelmäßig meine erforderlichen Auszüge. Ich beschwerte mich bei meinem Gruppenleiter, doch mehr als ihn einmal zur Rede zu stellen kam nicht dabei raus. Ein Jahr lang konnte ich nachts nicht mehr schlafen, bekam Migräne und bekam mit der Zeit Probleme wegen Fehlzeiten vom Abteilungsleiter. Dann wurde ich schwanger. Da es meine erste Schwangerschaft war beschloss ich mit meinem heutigen Ex-Mann zu kündigen. Aus heutiger Sicht war das natürlich unüberlegt, aber damals vor 15 Jahren schien mir das die einzige Möglichkeit. Ich hätte heute als alleinerziehende einen guten Job- auch wenn es erst mal halbtags wäre. Mobbing hat mich dazu gebracht so schnell wie möglich aus dieser Bank auszuscheiden.
Das ist wirklich massiv und leider oft die Folge: Man kündigt – auch weil der Kampf gegen die Windmühlen die ohnehin schon eingeschränkten Kräfte raubt. Schade, dass es solche Gemeinheiten gibt. LG Svenja Hofert
Ich bin vor 1 Jahr in eine neue Firma halbtags als Aushilfe.
Zuerst fragte man mich ob ich Teamfähig sei und die 2 lästerten über die vorgänger das sie es nicht gewesen seien.
Ich sollte mich einarbeiten lassen womit ich kein Problem hatte aber die,die mit einarbeiten sollte.
Hatte Fragen und sie antwortete mir mit einem Schulterzucken oder schauete einfach nur weg.
Sie lästerten über mich bei den anderen Arbeitskollegen, wo ich sie dann zur Rede stellte.Sie leugneten alles.
Sie redeten immer in einem abfälligen Ton mit mir aber nur wenn keiner in der Nähe war.
Bin noch immer in dieser Firma mitlerweile werde ich ignoriert.
Als gestern Material geliefert wurde hatte ich gefragt ob ich helfen kann das 2 mal und keine Reaktion.Ich werde isoliert und das ist es waas einem kaputt macht.Man will arbeiten hat einen Job und andere bestimmen ob du Geld verdienst oder nicht.Einmal habe ich mit bekommen das sie Agst hätten das ich ihr den Job weg nehme…Weil sie wäre ja schon 10 Jahre dort und sie würde keinen Job mehr finden weil sie zu alt wäre….Ich bin selber 40 geworden und bin am überlegen ob ich kündigen soll weil es kann nicht angehen das man auf einer Arbeit weint es sollte Spass machen.