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Berufsbild: Was macht eigentlich ein Karriereberater oder Karrierecoach?

Veröffentlicht: 23. November 2014Kategorien: Mindset und Entwicklung

„Ich arbeite in der HR-Abteilung und interessiere mich für das Berufsbild Karriereberater. Können Sie mir sagen, was ich dazu machen muss?“ In der letzten Zeit bekomme ich immer öfter solche Anfragen. Diesen Text schreibe ich auch, um auf solche Mails einen  Link parat zu haben. Und natürlich für alle, die es aus professioneller Sicht interessiert.

Gibt es überhaupt ein Berufsbild?

MS Office - Karriereberatung zeigt offene Türen und neue Wege

MS Office – Karriereberatung zeigt offene Türen und neue Wege

Bisher hat niemand definiert, was ein Karriereberater macht. Das hat damit zu tun, dass es keine richtige Ausbildung gibt und erst seit kurzem Studiengänge. Hinzu kommt, dass Karriereberater oft selbstständig arbeiten, Karriereberatung also eher ein Geschäftsmodell als ein Beruf ist. Vielfach ist es auch ein Nebengeschäft, beispielsweise von Personalberatern. Viele, so auch ich, sehen Karriereberatung mehr oder weniger auf einer Linie mit der Outplacementberatung. Outplacement ist firmenfinanziert, Karriereberatung bezahlt der Privatmann oder die Privatfrau: Sonst sind die Prozessschritte ähnlich. Die Anlässe des Outplacement sind lediglich etwas eindimensionaler als die einer Karriereberatung. Outplacement hat immer mit Trennung zu tun, Karriereberatung passiert oft schon vor der Trennung und muss diese auch nicht zur Folge haben. Beide sind jedoch ein Schnittstellenprodukt zwischen Coaching und arbeitsmarktbezogener Beratung in beruflichen Veränderungssituationen. Ob Kündigung, Neuorientierung, Weiterbildung, Weiterentwicklung – das alles hat mit Veränderung zu tun. Das gemeinsame Band ist also Veränderung. Ein Thema, dass in Zeiten der Mosaikkarriere und brüchiger werdender Biografien sowie im Zeichen einer Erhöhung des Wertes von Beruf und Karriere natürlich noch mal wichtiger wird.

Einige sehen Karriereberatung als Synonym zur Bewerbungsberatung. In Wahrheit ist Karriereberatung jedoch der Bewerbungsberatung übergeordnet, d.h. Bewerbungsberatung ist ein Teil oder kann ein Teil der Karriereberatung sein.

Die Abgrenzung zum Coaching ist unklar, vor allem die Frage wie groß oder klein der Arbeitsmarktbezug in der Beratung sein darf, muss oder sollte. Einige Berater haben einen primär coachenden Ansatz, in dem Sinn, dass sie es als ihre Aufgabe begreifen, die Motivationen des Klienten, seine Fähigkeiten und die Wirkungen seines Umfelds freizulegen, bevor sie in eine Beratung gehen. Diesen Ansatz halte ich für überlegen schlicht aus dem Wissen heraus, dass es keine Patentlösungen gibt, sondern nur individuelle. Diese Herangehensweise würde ich eher als Karrierecoaching bezeichnen, oder Career Counselling.

Der Karriereberater hat einige Brüder und Schwestern. Etwa den Jobcoach. Dieser macht ähnliches, hat aber eine andere Zielgruppe als der Karriereberater. In der Regel hat diese Vermittlungs- oder Kommunikationshemmnisse. Beispiel: Der Jobcoach bei der auf Autisten spezialisierten Personalberatung Auticon hilft bei der Kommunikation zwischen den autistischen Consultants und dem Unternehmen und seinen Vertretern. Die Tätigkeit des Jobcoachs ist weniger kognitiv-analytisch und mehr auf das sozial-aktivierende Element ausgerichtet. In einer Zwischenstellung bewegen sich Laufbahnberater. Auch diese machen im Grunde dasselbe wie Karriereberater und Jobcoachs, nur dass dieser Begriff eher im öffentlichen Umfeld und der Verwaltung verwendet wird. Die Zielgruppe ist hier wiederum eine etwas andere. Der Inhalt der Tätigkeit aber wiederum ähnlich wie die des Karriereberaters.

Wo arbeiten Karriereberater?

Angestellte Karriereberater gibt es kaum. Die wenigen, die einen festen Vertrag haben, sitzen in Career Services von Universitäten oder sind in größeren Outplacementberatungen tätig. Auch die Berufsberater bei der Arbeitsagentur kann man als Karriereberater ansehen. Mir ist bisher kein angestellter Karriereberater in einem Unternehmen begegnet. Dort ist diese Position am ehesten mit dem Personalentwickler übersetzt.

Welche Voraussetzungen braucht ein Karriereberater?

Wenn ich mir anschaue, wer die oben erwähnten Anfragen stellt, so hat kaum jemand davon die fachlichen Voraussetzungen am Markt als Selbstständige/r zu überleben, da die Berufserfahrung noch zu gering ist. Schauen Sie sich aktive Karriereberater an, so haben diese so gut wie immer einst selbst Karriere gemacht.  Diesen Begriff muss man nicht mehr nur als Aufstieg deuten, aber ganz sicher ist eine berufliche Karriere keine Sache von einem Jahr im Job. Viele der heutigen Karriereberater waren vorher Führungskraft.  Kurzum: Man kann Menschen nicht zu beruflichen Themen beraten, ohne auf eigene Erfahrungen zurückzugreifen. Erst recht kann man keine Karriereberatung anbieten, wenn man selbst noch ein Suchender ist.

Welche Ausbildung oder welches Studium braucht ein Karriereberater?

Einschlägige Studiengänge entstehen erst in jüngerer Zeit. Es gab und gibt viele Wege, jedoch wird ein wie auch immer gelagertes Studium hilfreich sein, alternativ und zielgruppenabhängig eine sehr langjährige und einschlägige Berufserfahrung. Die meisten Karrierecoachs und Karriereberater haben einen Personalerhintergrund, viele sind Psychologen oder Pädagogen. Ich halte das auch für sinnvoll: Man braucht theoretisches Hintergrundwissen, das über eine Coachingausbildung hinausgeht, die letztendlich Handwerkszeug, aber nicht ausreichend Theorie vermittelt. Auch Marketingleute können sich in diesem Geschäft bewähren, da sie ein Händchen für Darstellung und Selbstdarstellung haben – was für einige Beratungsthemen und für die Eigenwerbung wichtig ist. Personaler, die in die Karriereberatung gehen, öffnen sich am leichtesten Türen zu den Firmen. Im Outplacement sind dagegen eher ehemalige Führungskräfte tätig, das können auch Informatiker sein. Doppelqualifikation schadet sicher nicht.

Wie viele Stellen gibt es?

Aktuell finde ich bei Kimeta eine einzige – bei einem Outplacementunternehmen. Das Anforderungsprofil ist beispielhaft: Akademische Ausbildung, mehrjährige Managementerfahrung in Industrie, Handel oder Dienstleistung, methodische Kompetenz in der Führungskräfte-Beratung, fundierte Erfahrung in Personalführung sowie Kenntnisse der Prozesse im modernen Personalmanagement, sehr gute schriftliche und mündliche Ausdrucksfähigkeit, gutes Kontaktnetz, internationale Erfahrung und sehr gute Englischkenntnisse. Weit mehr Jobs als für Karriereberater gibt es für Job-Coachs. Auch hier ist akademische Ausbildung ein Muss, zusätzlich pädagogische Qualifikationen.

Was empfehlen Sie einem jungen Menschen, der in diesen Beruf strebt?

Diejenigen, die sich vorstellen können, ins Jobcoaching einzusteigen, sollten erst einmal Erfahrung in Institutionen sammeln. Dabei kommen als Arbeitgeber Bildungsinstitutionen in Frage, außerdem Hochschulen und die Bundesagentur für Arbeit. Eine weitere Option ist der Einstieg über einen Career Service. Wer dagegen Karriereberater für eine gehobene Klientel werden will – und nur die hat in der Regel das Geld, das man als Akademiker dann auch als Einkommen erwartet -, wird nur punkten können, wenn er oder sie zunächst eine eigene Karriere aufgebaut hat mit allem, was dazu gehört, zum Beispiel Netzwerk und Branchenkenntnis. Ganz wenige Ausnahmen finden sich bei Anbietern, die sich auf berufliche Neuorientierung konzentrieren, ein oft sehr psychologischer Teil-Bereich des Karrierecoachigs, indem eine pädagogische oder psychologische Qualifikation wichtig ist.

Einen Überblick über Weiterbildungen und Ansätze bietet unser Selbstlernkurs “Coach werden”. Erfahren Personalberatern, Karriereberatern, Karrierecoachs, Bewerbungsberatern und Business Coachs bietet unser Kurs „Karriereexperte professional“ unserer Karriereexpertenakademie eine Hilfestellung, um spezifische Karriereberatungs-Tools kennen zu lernen, eigene Vorgehensweisen zu systematisieren und Angebote zielgruppen-und/oder marktgerechter zu gestalten. Einen Erfahrungsbericht finden Sie hier bei Lars Hahn von der LVQ. 

 

 

 

 

 

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Über Svenja Hofert

Svenja Hofert ist vielfache Bestsellerautorin, die sich im deutschsprachigen Raum über mehr als ein Vierteljahrhundert ein hohes Renommee als Vordenkerin für das Thema Zukunft von Arbeit und Führung erworben hat. Ihr Motto "Zukunft der Arbeit mit Sinn und Verstand". Dieses Blog besteht seit 2006 und wird nur noch gelegentlich gepflegt. Folgen Sie der Autorin, indem Sie Ihren kostenlosen Newsletter Weiterdenken  abonnieren. Auf  Linkedin können Sie der Autorin ebenso folgen und erhalten 14tätig die Weiterdenken Essentials.

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