kohleSind Sie Ihr Geld wert? Wie bestimmt jemand seinen Wert? Warum sind einige Berater sehr teuer und viele Kreative so billig? Vor einiger Zeit sprach ein brandeins-Autor mit mir übers Geld, gerade ist der Titel mit dem Schwerpunktthema erschienen. Es war ein Gespräch wie ein langer Teppich, aus dem nach und nach der goldene Gral entrollt werden soll. Gibt es den? Er ist jedenfalls nicht ganz so leicht zu fassen. Weil Geld so gar nichts Rationales hat.

1. Geld macht doch glücklich

Psychologisch gesehen, macht Geld nur dann zufrieden, wenn man davon mehr hat als seine Bezugsgruppe. Es geht also nicht um das Geld, sondern um den Vergleich.

Das erklärt, warum Absolventen ihre Einstiegsgehälter gern in die Höhe treiben, wenn sie darüber sprechen – und warum jemand unzufrieden wird, wenn er/sie merkt, dass er viel weniger verdient als andere in der gleichen Bildungsstufe und im ähnlichen Alter. Ein Grund, aus dem etwa Kreative oft unzufriedener sind als andere Berufsgruppen, da der Wert ihrer Arbeit am Markt gering ist – es sei denn, er wird „künstlich“ erhöht, etwa durch Nachfrage und das Gesetz der Knappheit.

Geld-Unzufriedenheit kann auch entstehen, wenn man nicht genau weiß, was die anderen verdienen oder vermutet, dass diese „besser“ sind als man selbst. So wird kaum ein Coach seine wahre Auftragslage offen legen. Es wird also in dieser und anderen Branchen viel vermutet und in Studien möglicherweise oft auch viel falsch angegeben. Ganz besonders wichtig fand ich deshalb die ebenfalls in brandeins zitierte Aussage des BDVT-Vorstands, dass eine Orientierung an Verbandsstudien Erfolg verhindern könnten, da diese immer zu hoch lägen. Das ist auch meine Erfahrung.  Die Möglichkeiten am Markt für Coaching und auch Training werden von Einsteigern oft gnadenlos überschätzt.

2.       Geld reguliert den Wert

Sie reparieren PCs für 45 EUR? Coachen für 80 EUR? Vergessen Sie´s jeder wird denken, dass Sie eine Pfeife sind, das aber niemals sagen, weil man Sie ja nett findet. Es werden bestenfalls diejenigen Sie ausprobieren, die ganz genau auf jeden Cent schauen – und das sind eh die schwierigsten Kunden. Sie werden im Bekanntenkreis viele „oh super“ oder „hat mir total geholfen“, auslösen, aber bei wichtigen Themen geht selbst ihr bester Freund zu jemand, der „wichtig“ ist. Das drückt Ihr Selbstbewusstsein und sorgt dafür, dass Sie bleiben, wo Sie sind.  Und denken, dass andere besser sind als Sie.

3.       Geld macht wert-voll

Alle, die mit kleinen Brötchen angefangen haben, kennen das.  Was umsonst zu haben ist, ist nie so gut, wie das, was teuer ist. Diese sündhaft teure „Creme de la mer“ ist ein Beispiel dafür, wie man Leute mit Preisen verarschen kann. Ich habe einen promovierten Chemiker in der Familie und weiß daher: die Inhaltsstoffe sind das Geld nicht entfernt wert.  Das konstruierte Image sorgt dennoch dafür, dass Frauen dieses Fake-Produkt sogar im Abo kaufen. So ist es auch bei Dienstleistungen. Top-Management-Coach oder Executive only for Board Members („kommen Sie  nur zu mir, wenn Sie mehr als 200.000 EUR verdienen“): Da stehen wir stramm und denken: Oh, was muss da drin sein! Wenn dann noch der Marmor poliert ist und die Sekretärin glitzert, kann fast nichts mehr schiefgehen.

Werterhöhend ist neben der Verpackung – und dazu gehören auch Räume und Bedienstete – auch die Kompetenz. Die braucht nicht ganz so viel Glanz und Gloria. Die sitzt ja im Kopf. Hier sind Bücher der ultimative Ausweis, wenn man es nicht zum Nobelpreis schaffen kann, mangels wissenschaftlicher Qualifikation.

4.       Geld bestimmt Wirkung

Allerdings bestimmt Geld auch, wie etwas wirkt. Eine Zeitlang habe ich Seminare gegeben und nur ein oder zwei Leute im Kurs wussten, wer ich war und wie viele Bücher ich geschrieben habe. Ich war eine normale Trainerin, die auch mit normalen Augen betrachtet wurde. Das war und ist ganz anders, wenn Menschen gezielt zu „Frau Hofert“ wollen. Man glaubt mir in der zweiten Situation viel mehr, saugt meinen Rat auf. Mir ist das Bewundert-werden immer etwas suspekt, meine Narzissmus-Werte sind nur moderat. Aber ich lerne langsam, dass mir diese Position – wer viel Geld zahlt, will viel von mir mitnehmen – auch Möglichkeiten gibt.

5.       Geld ist Wertschätzung

Vor einigen Wochen sagte mir jemand einen Termin mit dem Argument ab, die Waschmaschine sei kaputt gegangen und die Reparatur würde mein Honorar auffressen…. Ich habe Outplacementkunden und wiederkehrende Klienten im Business Coaching, mit denen ich im Vergleich zu Privatzahlern einen sehr viel besseren Schnitt mache. Ich müsste die Personengruppe nicht bedienen, die mir sagt „ich habe ein Budget von X, aber ich brauche wirklich Ihre Hilfe“. Ich tue es dennoch; ich habe meinen Urlaub verlegt, mich vorbereitet, mir Gedanken gemacht.

Und dann Waschmaschine, ich war echt sauer. Die kranke Oma, Schwester, Tante, der Freund, der per SMS Schluss gemacht hat: Ich respektiere jede Erfindung, so lange ich nicht genau weiß, dass es eine ist. Instinktiv denke ich, wer solche Ausreden wie die mit der Waschmaschine erfindet, hält mich für blöd, naiv, dumm. Zumal man angeblich einen Flug gebucht hatte und anmerkte, der sei ja stornierbar (einen Tag im voraus). Da weiß ich sofort, dass der Flug nie gebucht worden sein konnte, da er sonst 700 EUR gekostet hätte. …Man darf mich für alles halten, nur für dumm besser nicht. Neulich habe ich in Gitte Härters ganz tollen „statt AGB“ gelesen, was mir bei diesen Dingen durch den Kopf geht: „Ich glaube an das Gute im Menschen, aber naiv bin ich nicht.“

Ich habe ganz selten meine AGB umgesetzt und knallhart eingefordert, was mir in solchen Fällen zusteht: mein Geld. Aber hier ist es dann mal mehr als Geld: ein echter Schadensersatz.

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Über Svenja Hofert

Svenja Hofert ist vielfache Bestsellerautorin, die sich im deutschsprachigen Raum über mehr als ein Vierteljahrhundert ein hohes Renommee als Vordenkerin für das Thema Zukunft von Arbeit und Führung erworben hat. Ihr Motto "Zukunft der Arbeit mit Sinn und Verstand". Dieses Blog besteht seit 2006 und wird nur noch gelegentlich gepflegt. Folgen Sie der Autorin, indem Sie Ihren kostenlosen Newsletter Weiterdenken  abonnieren. Auf  Linkedin können Sie der Autorin ebenso folgen und erhalten 14tätig die Weiterdenken Essentials.

3 Kommentare

  1. Volker 4. Juni 2014 at 10:21 - Antworten

    Danke für die Impulse!
    Es ist eigentlich auch empirisch erwiesen, Geld macht inkrementell glücklich bis ca. 75.000 Jahreseinkommen, danach fällt der Grenznutzen gegen Null aber die gefühlte Bedürftigkeit steigt wohl weiter an. Ich meine wenn Menschen schaffen einen Raum zu schaffen zwischen sich und der Geldhabenwollen Seite dann ist das schon mal ein ganz glücklich machender Schritt.

    • Svenja Hofert 4. Juni 2014 at 11:20 - Antworten

      Danke für die Ergänzung. Ist das netto oder brutto? Mit 4 Kindern oder als Single ;-)? Es gibt auch ein paar andere Forschungen, die besagen, dass Menschen dann glücklich, sind wenn sie mehr verdienen als andere (z.B. Länderspezifisch). Und: Dass Besserverdienende allgemein glücklicher sind. Allerdings ist die Frage, ob es einen Kausalzusammenhang gibt. Dazu kommt demnächst noch was… Danke! LG SH

      • Sascha 5. Juni 2014 at 14:49 - Antworten

        Ein erfrischender Artikel, gerade bei dem schwülen Wetter. 🙂

        Von dem abnehmenden Grenznutzen des Geldes habe ich im Studium auch gehört. Nutzen sollte jedoch nicht eins zu eins mit glücklich sein gleichgesetzt werden, wenngleich es wohl einen Zusammenhang gibt. So kann man zwar auch sagen, dass Besserverdiener grundsätzlich glücklicher sind, aber nur in puncto dessen, dass sie sich keine Sorgen um die Befriedigung ihrer physiologischen und/oder Sicherheitsbedürfnisse machen müssen (Maslow-Pyramide).

        Darüber hinaus können auch Besserverdiener total unglücklich sein, da es ihnen beispielsweise an sozialen Kontakten oder Anerkennung fehlt. (Aber das driftet jetzt ein wenig vom Thema Geld ab.)

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