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Die Kunst des Loslassens: Wie Sie die Dinge locker(er) sehen

Wir sollen Ziele haben! Dinge unbedingt wollen! Und doch ist es gerade das, dieses Unbedingt-wollen-sollen, was uns anspannt, verkrampft, festhält, manchmal sogar in Ehrgeiz erstarren lässt. Klappt das – jetzt, endlich, sofort? Was, wenn nicht? Gedanken kreisen wie Fliegen um den Kopf. In solch einer Situation wird weder das Jobangebot noch der Auftrag kommen. Dann heißt es: Loslassen!
Einmal bekam ich von einer langjährigen, ganz tollen Kundin innerhalb von drei Tagen erst eine angespannte Mail (es muss!), dann eine „ich lasse los“-Mail und schließlich „juchu, der Auftrag ist da“. Ich sende zwischendurch manchmal Interventionen, ein Wort, ein Satz, ein Bild. Manchmal lasse ich mir Übungen einfallen, je nachdem, mit wem ich es zu tun habe, mal mehr mal weniger kreativ.
Unbedingt wollen ermöglicht und verhindert Erfolg zugleich
Aber wie kann das sein? Man will etwas unbedingt und setzt sich vollkommen smarte Ziele, ähnlich eines Richard Bransons, aber anders als bei ihm Sache wird nichts aus den Vorhaben oder scheinbar nichts… Ich bin nicht esoterisch, keine Ahnung wieso solche Dinge passieren. Die meisten Trainer und Berater kennen die Sommerferienpanik, wenn alle Felle davon zu schwimmen scheinen und “kein Schwein ruft mich an, keine Sau interessiert sich für mich” im Kopf surrt. Kenne ich auch. Im Grunde wünsche ich mir nichts sehnlicher als mehr Zeit, aber wenn sie dann da ist, ist es auch nicht gut. Der Verstand ist d´accord, aber das Herz meldet: So aber dann auch wieder nicht.
Aber wie schafft man es loszulassen? Und wo bitte ist die Grenze zwischen gesundem Ehrgeiz und verkrampften Ich-will-aber-auf-jeden-Fall-sonst…. Vielleicht ist das eine Erwachsenen-Ich und das andere trotziges Kind-Ich. Die transaktionsanalytische Unterscheidung hilft schon mal etwas, rational gesehen. Natürlich sollten Sie sich in den Erwachsenen-Ich-Zustand versetzen. Das Kind-Ich mit Hilfe vom Eltern-Ich in den Keller sperren und aus der Mitte Ihrer selbst sagen: „Die werden sich melden, nicht sofort, aber sie werden. Beschäftige dich mich etwas anderem, hab einen Plan B.“ (wenn jemand auf eine Jobzusage warten). Oder: „Es ist normal, bis jemand einen Auftrag zusagt, dauert es eben. Erst recht, wenn du darauf wartest.“
Eine andere Methode liegt darin, die Kunst der Entspannung zu üben. Die hat mein Sohn aus einem LTB (für Lustiges Taschenbuch). Danach legt man sich beinüber einen Sessel, lässt den Kopf runterbaumeln und kreuzt zwei Finger und den großen Zeh über den kleinen. (Während Sie das versuchen, werden Sie eine ganze Menge von all dem Ballast vergessen haben). Alternativ meditieren. Yoga. Oder einfach mal 10 Kilometer laufen und sich die Ohren mit lauter Musik zudröhnen (Vorsicht, Fahrgeräusche!). Alternativ sich von jemand etwas Aufmunterndes sagen lassen, der klug ist oder weise oder einfach nur sehr einfühlsam.
Berechnung führt auf den Holzweg
Vor allem muss man aber wirklich loslassen. Es ist durch nichts Rationales zu erklären, doch Tatsache ist, dass berechnendes Loslassen nichts bringt. Wenn ich also denke „ich lasse los, um X zu erreichen“ oder gar „ich lasse nur los, wenn ich mir sicher bin, es bringt was“ bin ich schon mitten auf dem Holzweg. Es muss anfangen, einem wirklich … nicht unbedingt egal… aber SO wichtig zu sein. Gut, dann klappt dieser Job nicht. Hält mich aber nicht ab davon, weiter zu suchen. „Okay, dann dauert dieser Auftrag… aber ich lasse nicht locker, bis ich ein Ja oder nein habe.“
Ziele setzen ist wichtig und hilfreich. Aber diese unverkrampft zu verfolgen, ist der Schlüssel zum Erfolg.
Über Svenja Hofert

Svenja Hofert ist vielfache Bestsellerautorin, die sich im deutschsprachigen Raum über mehr als ein Vierteljahrhundert ein hohes Renommee als Vordenkerin für das Thema Zukunft von Arbeit und Führung erworben hat. Ihr Motto "Zukunft der Arbeit mit Sinn und Verstand". Dieses Blog besteht seit 2006 und wird nur noch gelegentlich gepflegt. Folgen Sie der Autorin, indem Sie Ihren kostenlosen Newsletter Weiterdenken abonnieren. Auf Linkedin können Sie der Autorin ebenso folgen und erhalten 14tätig die Weiterdenken Essentials.
Sehr schön, liebe Svenja. Wieder ein Artikel, der gerade jetzt wie die Faust aufs Auge passt. (…und ich bin auch nicht esotherisch)
Hab ich gleich an eine tolle Klientin weitergeleitet, mit der ich gerade das spannende Thema am Wickel hatte.
Sonnige Grüße
Sabine
danke allen für Kommentare. Bin etwas spät, da ich unterwegs war … easy going halt…
Passend zum Tag der Arbeit: Schöner Easy-Going-Artikel!
Danke Svenja! Ich werde Deiner Empfehlung folgen. Allerdings mit Laufen und nicht mit der LTB-Variante.
Dir in diesem Sinne auch mal gute Entspannung! 😉
Schöner Artikel, danke dafür!
Eine schöne Möglichkeit, die Kunst des Loslassens zu üben, ist die Gestaltung und Pflege eines Gartens. Denn bei allem Wollen und Planen und Gießen und Düngen wird dort immer wieder deutlich: Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht!
Hallo Frau Hofert,
ein sehr interessanter und “lockerer” Artikel, der mich genau passend wieder wach rüttelt und an was erinnert, dass ich schon verinnerlicht glaubte.
Ich finde es gut, immer wieder wirlich locker zu lassen. Aber nur wenn es echt ist, dann wirkt sich dass auf uns und unsere Austrahlung aus. Wer möchte nicht gerne mit lockeren Menschen zusammenarbeiten? Anders herum, wer möchte schon gerne mit “Bier”-ernsten oder verkrampften Menschen zusammenarbeiten? Und beim Lockersein geht es eben nicht nur um Spässe machen oder ständig Lachen. Ihr letzter Satz trifft es genau.
Besten Dank dafür!
Ich wünsche Ihnen eine schönes Wochenende
Dankeschön!